# taz.de -- Nachruf auf Hannelore Hoger: Eine, die sich nicht klein machte | |
> Die Schauspielerin Hannelore Hoger war autonom und willensstark. Ab 1994 | |
> wurde sie als Ermittlerin „Bella Block“ zur Blaupause für | |
> TV-Krimibeamtinnen | |
Bild: Als Kommissarin „Bella Block“ kennen viele Hannelore Hoger, die im Al… | |
In der Verfilmung von Heinrich Bölls Roman „Die verlorene Ehre der | |
Katharina Blum“ mischt sich [1][Hannelore Hoger] als Trude Blorna schon in | |
ihrer ersten Szene rauchend, in Schlaghose und mit zweifelnder Miene in die | |
Gemengelage ein. Mit tiefer Stimme und authentisch wirkender Unverblümtheit | |
fordert sie ihren Filmehemann auf, die Protagonistin zu unterstützen. | |
Später brüskiert sie den Mann, der kräftig dabei half, Katharina zu einer | |
medial und gesellschaftlich geächteten Frau zu machen. | |
1975, ein Jahr nachdem der Roman erschienen war, adaptierten ihn Volker | |
Schlöndorff und Margarethe von Trotta. Der Film war eine Parabel auf die | |
Menschenverachtung der Boulevardpresse in der bundesrepublikanischen | |
Prä-Deutscher-Herbst-Phase und wartete mit interessanten Frauenfiguren auf. | |
Der verleumdeten Katharina Blum steht die bodenständige Trude Blorna zur | |
Seite, gespielt von Hoger. Die Schauspielerin war damals Mitte 30. | |
Eine selbstverständliche, feministische Solidarität geht im Film von Hoger | |
aus – und eine wohltuende Stacheligkeit. Diese Frau, das ist auf den ersten | |
Blick klar, macht sich nicht klein. Erst recht nicht gegenüber einem Mann. | |
Vor allem Schauspielerinnen wird stets eine gewisse „Gefallsucht“ | |
angedichtet. Jedoch war Hoger, die am letzten Freitag nach langer Krankheit | |
mit 82 Jahren starb, im besten Sinne keine gefällige Person. | |
## Etwas anderes als Schauspielerin wollte sie nie werden | |
Als sie unter der Regie von Schlöndorff und von Trotta spielte, hatte sie | |
bereits mit [2][Peter Zadek] und ihrem späteren langjährigen | |
Lebensgefährten Alexander Kluge für das Kino gearbeitet – etwas anderes als | |
Schauspielerin wollte die in Hamburg geborene Hoger nie werden. | |
Durch ihren Vater, einen Theaterschauspieler, entdeckte sie früh die | |
Möglichkeiten der Reflexion durch Film und Bühne, und stand bereits als | |
19-Jährige nach einer ordentlichen Ausbildung (und ein paar Zusatzstunden | |
beim legendären Lee Strasberg) auf Theaterbühnen. In den 1980ern begann | |
sie, selbst für das Theater zu inszenieren, unter anderem in Wien und | |
Darmstadt. | |
Mit ihrer No-Bullshit-Attitüde war sie anders als viele ihrer | |
Weggefährtinnen, die durch die lookistischen und ageistischen | |
Grundstrukturen des Fernsehens kaum auf Lieblichkeit zu verzichten wagten. | |
Ab 1994 wurde sie in ihrer bekanntesten Rolle als Ermittlerin [3][„Bella | |
Block“] zu einer Blaupause für entschlossene TV-Kriminalbeamtinnen und | |
blieb dieser Rolle mehr als zwanzig Jahre treu. Im Jahr 2004 konnte man sie | |
bei einer Ausstellung über Fernsehkommissarinnen entdecken – die Fotografin | |
Herlinde Koelbl hatte für die Exposition in der Deutschen Kinemathek | |
Schauspielerinnen (und eine echte Beamtin) porträtiert, beziehungsweise | |
„erkennungsdienstlich behandelt“. | |
Die fünfzehn mit Profil- und Frontaufnahmen angereicherten Steckbriefe | |
wurden in einem der Räume zu einem Mosaik der TV-Ästhetik angeordnet – und | |
Hoger war die Einzige, die zugab, über 60 Kilo zu wiegen. Natürlich haben | |
Tatkraft oder Talent nichts mit Gewicht zu tun. Dennoch fühlten sich viele | |
von Hogers Kolleginnen genötigt, den Zusammenhang zu ziehen. | |
## Mehr Wahrheit, weniger Eskapismus | |
Mit dem Schauspieler Norbert Ecker bekam sie die Tochter Nina, ebenfalls | |
Schauspielerin, nach Alexander Kluge hatte sie eine Beziehung mit dem | |
Schriftsteller und Musiker Siegfried Ehrlich, heiraten wollte sie nie: „Die | |
Ehe war mir immer etwas unheimlich“, erklärte sie vor zwei Jahren in einem | |
Interview. Auch belegt ihren Wunsch nach Autonomie. | |
2017 veröffentlichte Hoger eine Autobiografie. Darin beschreibt sie ihr | |
Leben in knappen, hanseatisch-klaren Sätzen. Über einen Ausflug nach Paris | |
als 17-Jährige gemeinsam mit ihrem ersten Freund schreibt sie pragmatisch: | |
„Die Stadt der Liebe, an die wir unbedingt glauben wollten“. Für Hannelore | |
Hoger hatten Film und Theater stets mehr Wahrheit und weniger mit | |
Eskapismus zu tun. | |
27 Dec 2024 | |
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## AUTOREN | |
Jenni Zylka | |
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