| # taz.de -- Erbe der Apartheid: Südafrikas brutaler Bergbau | |
| > Der Gold- und Kohlebergbau mit schwarzen Wanderarbeitern begründete einst | |
| > die weiße Vorherrschaft im südlichen Afrika. Heute profitiert die Mafia. | |
| Bild: Bergmänner in einer Goldmine in Südafrika um 1900 | |
| BERLIN taz | Egoli, Stadt des Goldes – so heißt Johannesburg in der | |
| isiZulu-Sprache des Zulu-Volkes. Die Millionenmetropole und die Hauptstadt | |
| Pretoria bilden Südafrikas wirtschaftliches Herz, entstanden Ende des 19. | |
| Jahrhunderts durch den [1][Gold- und Kohlebergbau], ein Symbol weißer | |
| Vorherrschaft im südlichen Afrika. Die Hälfte allen Goldes, das je auf der | |
| Welt gefördert wurde, stammt nach Angaben der südafrikanischen | |
| Bergbaukammer aus Südafrika – rund 40.000 Tonnen. | |
| Zu Zeiten der Apartheid waren die meisten Bergleute entweder | |
| südafrikanische Zulus oder schwarze Arbeitsmigranten aus den | |
| Nachbarländern. In den 1970er Jahren verdienten 80 Prozent der jungen | |
| Männer [2][Lesothos], 50 Prozent derer aus Botswana und 15 Prozent aus | |
| Mosambik ihren Lebensunterhalt in Südafrikas Minen. Sie lebten rechtlos in | |
| Lagern, erhielten wenig Lohn und ertrugen schlechte Arbeitsbedingungen, im | |
| Apartheidsystem noch schlechter gestellt als die schwarzen Südafrikaner in | |
| den Townships. | |
| Der schwarze südafrikanische Musiker Hugh Masakela hat den Bergleuten aus | |
| dem südlichen Afrika, die nach Südafrika zur Arbeit in den Stollen | |
| zwangsverfrachtet wurden, in seinem Song [3][„Stimela (The Coal Train)“] | |
| mit hypnotischem Dampflokrhythmus ein bleibendes Denkmal gesetzt. | |
| Die Demokratisierung Südafrikas im Jahr 1994 fiel zusammen mit dem | |
| beginnenden Niedergang des Bergbaus. Weiße Multinationale wanderten ab, | |
| schwarze Unternehmer hatten zu wenig Kapital, der Bergbausektor schrumpfte | |
| von über 20 Prozent der Wirtschaftsleistung in den 1970er und 1980er Jahren | |
| auf unter 10 Prozent ab 2008. Von fast 500.000 Arbeitsplätzen im | |
| Goldbergbau 1980 sind heute weniger als 100.000 übrig, insgesamt zählt | |
| Südafrika rund 6.000 aufgegebene Minen. | |
| Hunderttausende arbeitslose Bergleute und Tausende brachliegende Bergwerke | |
| – die Kombination ist perfekt für das Aufblühen der informellen | |
| Mafiawirtschaft, die seit einigen Jahren in Südafrikas Bergbau floriert. | |
| Zama Zama heißen die illegalen Bergleute in Südafrika, nach dem | |
| isiZulu-Wort für „ausprobieren“. Schon 2017 schätzte ein südafrikanischer | |
| Parlamentsbericht den Wert des illegal geförderten und außer Landes | |
| geschmuggelten Goldes auf 21 Milliarden Rand pro Jahr (damals 1,4 | |
| Milliarden Euro) – fast ein Drittel der offiziellen Gesamtproduktion. | |
| ## Schätzung: 36.000 illegale Bergbauarbeiter in Südafrika | |
| Der illegale, oder besser informelle Bergbau wirkt wie eine Rückkehr ins | |
| vorindustrielle Zeitalter: Schürfer mit einfachem Gerät hauen mutmaßlich | |
| rohstoffreiches Gestein aus dem Boden oder waschen mutmaßlich wertvolle | |
| Erde aus, um das Endprodukt an Mittelsmänner zu verkaufen, denen sie meist | |
| in totaler Abhängigkeit verbunden sind – für die Syndikate, die das | |
| organisieren, ein äußerst lukratives Geschäft mit globalen Verbindungen. | |
| In vielen afrikanischen Ländern, von der Demokratischen Republik Kongo bis | |
| Ghana, gibt dies Millionen von Menschen einen Lebensunterhalt, trotz | |
| horrender Umstände und permanenter Unsicherheit. | |
| In Südafrika sind viele „Zama Zama“ illegale Einwanderer aus den | |
| Nachbarländern – manche sind Nachfahren der früheren Bergleute. Aber viele | |
| sind auch einheimische Südafrikaner, die in einem Land mit über 30 Prozent | |
| amtlich ermittelter Arbeitslosigkeit und ohne flächendeckendes soziales | |
| Netz irgendwie ein Auskommen haben müssen. Ihre Zahl in der Provinz | |
| Gauteng, also dem Großraum Johannesburg-Pretoria, wird auf 36.000 | |
| geschätzt. Sie hausen teils mehrere Monate am Stück in tiefen Stollen – was | |
| ihnen zum Verhängnis werden kann, wenn die Behörden ihre Versorgung | |
| abschneiden, so wie es jetzt geschehen ist. | |
| 17 Jan 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Kohleindustrie-in-Suedafrika/!6020858 | |
| [2] /Das-politische-System-Lesothos/!5975167 | |
| [3] https://www.youtube.com/watch?v=y09bhF_KcKI | |
| ## AUTOREN | |
| Dominic Johnson | |
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