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# taz.de -- Regeln zu Kohlenstoffdioxidspeicherung: Für Habecks umstrittenes G…
> Obwohl der Entwurf aus dem grünen Klimaschutzministerium kommt, lehnen
> die Regierungsfraktionen das CCS-Gesetz ab. Ende Januar kommt es zum
> Showdown.
Bild: Befürchtung von Umweltschützern: Die CCS-Technologie hält die Energiew…
Berlin taz | Kommt das neue [1][Gesetz zur Kohlendioxidspeicherung] noch in
dieser Legislatur? Es ist schon lange klar, dass wir auf dem Weg zur
Klimaneutralität diese Technologie brauchen: Bei manchen Industrieprozessen
– etwa in der Zementindustrie – entsteht unausweichlich Kohlendioxid, auf
dem Weg zur Klimaneutralität muss dieses Treibhausgas irgendwo hin.
CCS steht als englische Abkürzung für „Carbon Dioxide Capture and Storage�…
Bezeichnet wird damit die Trennung von Treibhausgasen aus Industrieanlagen
oder Kraftwerksschloten, um [2][das Gas dann zu verflüssigen und
unterirdisch einzuspeichern]. Quasi als Endlager: Die Atmosphäre kann so um
etliche Mengen Treibhausgas entlastet, die Klimaerhitzung abgebremst
werden.
Seit vielen Jahren arbeitet beispielsweise der Weltklimarat IPCC in seinen
Projektionen mit dieser Technologie, der IPCC fordert die
Staatengemeinschaft auf, bis zum Jahr 2100 wenigstens 700 Milliarden Tonnen
CO₂ einzulagern – so viel, wie die Menschheit derzeit in 18 Jahren
produziert. In Deutschland aber ist CCS praktisch verboten. Das
„Kohlendioxid-Speicherungsgesetz“ aus dem Jahr 2012 erlaubt lediglich
Demonstrationsprojekte mit sehr begrenzter Speichermenge und gibt den
Bundesländern die Option, CCS ganz zu verbieten.
Um das zu ändern, hatte sich die Ampel vorgenommen, ein neues Gesetz zu
verabschieden, das diesmal „Kohlendioxid-Speicher- und Transportgesetz“
heißt. Tatsächlich hatte der bündnisgrüne Klimaschutzminister Robert Habeck
im Mai vergangenen Jahres einen Gesetzentwurf vorgelegt, dass neben CCS
auch CCU regelt – „Carbon Capture and Utilization“, also das Abscheiden u…
anschließende industrielle Verwerten von Kohlendioxid. Und es bestimmt,
unter welchen Bedingungen Konzerne künftig Kohlendioxid unterirdisch
speichern können.
## „Kein Neutralitätslabel für das fossile Zeitalter“
Damals sagte Habeck: „Klimapragmatismus, das ist das Gebot der Stunde.“
Trotzdem ist das Gesetz bis heute nicht verabschiedet: Die roten
Parlamentarier der Ampel lehnten es bei der ersten Lesung im Juni genauso
ab wie die grünen. Sicherlich ein weiteres Kuriosum der Amtszeit von Olaf
Scholz (SPD): Ein Gesetz der Regierung findet in den Regierungskoalitionen
keine Mehrheit.
„Wir sehen an diesem Gesetzentwurf elementaren Änderungsbedarf“, sagt Nina
Scheer, Klimaschutz- und energiepolitische Sprecherin der
SPD-Bundestagsfraktion. Einstimmiger Beschluss der SPD sei, dass CCS nur
für unvermeidbare Emissionen aus der Industrie oder der Abfallverbrennung
Anwendung finden soll, „für uns hat die Vermeidung und auch die
Wiederverwertung von Treibhausgasen Vorrang vor dem Verpressen“. Der
Gesetzentwurf aus dem Ministerium von Robert Habeck ermögliche aber
beispielsweise CCS auch bei Gaskraftwerken – und das schließt die SPD aus.
„Wir wollen kein Neutralitätslabel für das fossile Zeitalter“, sagt
Klimapolitikerin Scheer der taz. Würden Gaskraftwerke mit der
CCS-Technologie ausgerüstet, könnte Erdgas in seiner Nutzung tatsächlich
als „klimaneutral“ bezeichnet werden. Das Problem daran: Der Platz,
verflüssigtes Kohlendioxid unterirdisch zu verpressen ist rar, weshalb der
SPD-Beschluss nachvollziehbar ist.
Auch die Bündnisgrünen sehen CCS nur als allerletzte Option: „Für uns geht
es um die – nach aktuellem Stand der Technik – unvermeidbare
Restemissionen“, heißt es aus der Bundestagsfraktion. Allerdings sind sich
die Parlamentarier des Dilemmas bewusst: Ohne ihre Zustimmung fällt eine
der zentralen klima- und industriepolitischen Weichenstellungen des
scheidenden Klimaschutzministers ins Wasser – der doch jetzt ihr grüner
Kanzlerkandidat ist.
## Union würde den Entwurf mittragen
„Lieber Kohlendioxid im Boden als in der Atmosphäre“, warb Robert Habeck
und machte Druck: Die Verabschiedung des Gesetzes sei „die Voraussetzung
für Investitionen in eine CCS/CCU-Infrastruktur. Es ist wichtig, dass diese
Investitionen schnell erfolgen können.“ Der Klimaschutzminister forderte
von den Abgeordneten, „den Industriestandort Deutschland zukunftssicher zu
machen.“
Tatsächlich gibt es einige Industrieprojekte, die ohne das neue CCS-Gesetz
scheitern werden. So will der weltgrößte Baustoffproduzent Holcim aus der
Schweiz in Schleswig-Holstein das erste klimaneutrale Zementwerk errichten.
Es soll 2028 in Betrieb gehen. Ohne Gesetz fällt die Investition aus. Auch
der deutsche Marktführer Heidelberg Cement will solch ein Werk bauen, ab
2029 sollen jährlich rund 700.000 Tonnen Treibhausgas abgeschieden und
dauerhaft eingelagert werden – was ohne Gesetz nicht geht.
Die Union immerhin hat angeboten, den vorliegenden Entwurf mitzutragen.
„Wir führen hierzu auf fachlicher Ebene parteiübergreifende Gespräche“,
erklärte Oliver Grundmann, Berichterstatter der Unionsfraktion für das
Gesetz.
„Tatsächlich möglich wäre eine Verabschiedung noch“, sagt Helmut Kleeban…
einer der Berichterstatter der SPD zum Thema. „Man könnte das Gesetz in der
letzten Januarwoche zum zweiten und dritten Mal lesen – und annehmen.“
Allerdings werde die SPD kein vergiftetes Angebot annehmen: „Unsere oberste
Prämisse ist der fossile Ausstieg. Das bedeutet: kein CCS für Gas oder
Kohle.“
## Kein Thema im Wahlkampf
Absolut kein Thema ist CCS im Wahlkampf – ein weiterer Grund, der es
vernünftig erscheinen lässt, das Gesetz doch noch zu beschließen.
„Wahrnehmung und Wissen zu CCS sind in der Bevölkerung noch sehr gering“,
sagt Katja Witte vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie.
„Es gibt noch keine robuste Wissensbildung: Neue Informationen sorgen bei
den Befragten oft zu neuen Haltungen“, sagt die Co-Leiterin des
Forschungsbereichs Strukturwandel, die seit vielen Jahren die
gesellschaftliche Akzeptanz der CCS-Technologie erforscht. Im Jahr 2022 war
die spontane Zustimmung bei den Umfragen in Nordrhein-Westfalen etwa gleich
groß wie Ablehnung, sagt Witte.
Nina Scheer hat für die SPD jedenfalls klargemacht, dass ihre Partei auch
in die neue Legislatur mit der Position ziehen wird: „Kein CCS für
Gaskraftwerke oder Kohle.“ Es werde sehr gern das Argument vorgetragen,
dass CCS für Gaskraftwerke viel zu teuer sei. „Die
EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen hat CCS aber als
Schwerpunkttechnologie in ihrem Grünen New Deal eingestellt“. Und bei
solchen würden schnell Fördermittel rollen.
15 Jan 2025
## LINKS
[1] /Harte-Kritik-an-Klimaminister/!6013832
[2] /Plan-fuer-Negativ-Emissionen/!6049177
## AUTOREN
Nick Reimer
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
CCS
CO2-Emissionen
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