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# taz.de -- Asyldebatte, Biden, Spendengala: Befeuern, begnadigen, berechnen
> Ein höllisches Regime, UnitedHealthcare und die RAF, Fußball-WM in
> Saudi-Arabien und eine Begnadigung für Trump. Dazu Mathe mit Merz und
> Markus.
Bild: Aufstellung der CSU-Landesliste zur Bundestagswahl am 14.12.2024 in der B…
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: Die komatöse Ampel erhöht das Kindergeld, meistert
ein heikles Bahnprojekt und senkt die Steuern.
taz: Und was wird besser in dieser?
Küppersbusch: Der Satz „War ja nicht alles schlecht damals“.
taz: Während Syrer_innen den Regimesturz Assads feierten, [1][sprechen
manche Deutsche schon von Rückführungen] ins Land. Wie unmenschlich kann
die Asyldebatte noch werden?
Küppersbusch: Noch bizarrer ist der allseitige Jubel über den endlichen
Sturz des Assad-Regimes, das nochmal in höllischster Schwärze rhetorisch
auskoloriert wird: Folter, Mord, Giftgas. Halt das, wohin man gestern noch
Flüchtlinge abschieben wollte.
taz: Luigi Mangione soll den UnitedHealthcare CEO Brian Thompson erschossen
haben. Darf man sich über Mord an fiesen Millionären freuen?
Küppersbusch: Wenn man sich das Leben gründlich versauen möchte, ist das
eine gute Idee. 2001 outete sich hier in der taz der „Göttinger Mescalero“.
Der verwegene „Stadtindianer“ zieh sich selbst militanter
Spießbürgerlichkeit und erzählte, wie er 1977 den RAF-Mord an
Generalbundesanwalt Siegfried Buback kommentierte. Der Weg zu einer
„Gesellschaft ohne Terror und Gewalt“ könne „nicht mit Leichen gepflaste…
werden“. Auch, und jetzt festhalten, wenn er „eine klammheimliche Freude
nicht verhehlen“ könne. Die Wendung explodierte in den „Deutschen Herbst“
und trug entscheidend dazu bei, der Linken die „Gewaltfrage“ produktiv um
die Ohren zu hauen. Die US-Gesellschaft hat nun eine dramatischere
Einladung zum Nachdenken bekommen. Scheint aber gerade keine Zeit zu haben.
taz: In Bayern wurde die [2][Abtreibung per Telemedizin] verboten – also
die Abtreibungspille zu Hause mit Ärzt_in am Telefon einzunehmen. Wird
Bayern nun endgültig zum Texas Deutschlands?
Küppersbusch: Markus Söder richtet seine Politik mehr an den
Lederhosentaliban von Hubert Aiwanger aus als an dem, was gesellschaftlich
Stand der Debatte ist. Das zeigt sich hier wie auch an dem Wettbewerb im
Grüne-doof-finden, den er mit den Freien Wählern ausficht – und mit dem er
Kanzlerkandidat Merz verbeult. Es fällt schwer, sich darüber zu freuen.
taz: Die Fifa vergibt die [3][Fußball-WM 2034 an Saudi-Arabien]. Darf man
die gucken oder sollte man boykottieren?
Küppersbusch: Na und? Saudi-Arabien arbeitet beim Fußball eng mit der Fifa
zusammen, und die boykottiert auch niemand. Der DFB stimmte zu, um „nicht
isoliert“ zu werden – und isoliert so den Norwegischen Fußballverband, der
stur gegen die Vergabe stimmte: Geht doch. Wir können einen Geldpreis
ausloben für Sportreporter: Wer traut sich, bei der WM 2034 zu
kommentieren: „Der Favorit hat aus dem Gegner Hackfleisch gemacht.“ Nennen
wir es die Kashoggi-Challenge. Das lausige Spiel der „Mannschaft“ 22 in
Katar warb bereits fürs Weggucken, war gar nicht schwer. Eine Chance
bleibt: Saudi-Arabien wird bis dahin demokratisch. Jedenfalls eher als die
Fifa.
taz: Nach [4][Söhnchen Hunter begnadigt] Joe Biden an einem Tag 1.500
Amerikaner_innen oder setzt das Strafmaß herab. Ein Rekord. Wem würden Sie
eine Last-Minute-Begnadigung aussprechen?
Küppersbusch: Donald Trump. Nach US-Recht wäre die Annahme einer
Begnadigung ein Schuldeingeständnis, und dann wäre das mal geklärt.
taz: Beim [5][Borkumer Klaasohm-Fest] soll zukünftig auf das Schlagen von
Frauen verzichtet werden. Verlangen Frauen einfach zu viel?
Küppersbusch: Die Prügelstrafe wurde an deutschen Schulen 1973 verboten,
der unterzeichnende damalige Sechstklässler kann das bestätigen. Außer in
Bayern, wo man zehn Jahre länger auf SchülerInnen einschlug. Dazu würde man
den zehn Jahre so beschulten Markus Söder gern hören. Wenn man „hat mir
auch nicht geschadet“ in seinem Fall für ein Argument hielte. So klar, wie
man heute sieht: Das war keine schützenswerte Folklore – so absurd muten
die Debatten von damals inzwischen an. Wer sich nun unterprügelt fühlt,
wendet sich an Stefan Raab.
taz: Bei der „Ein Herz für Kinder“-Gala spendeten Markus Söder und
Christian Lindner je 2.000 Euro, Friedrich Merz sogar 4.000. Welchem dieser
Philanthropen sollte man ein Denkmal erbauen?
Küppersbusch: Merz knüpfte seine milde Gabe an eine höllenkomplizierte
Berechnung längs seiner Wahlumfragewerte, was vor allem aussagt: Ein paar
Tausend Euro sind in seiner Welt eine Größe, mit der man durchaus mal
Spökes macht. Was zu beweisen war. Ist offenbar ein Investigativformat.
taz: Und was macht der RWE?
Küppersbusch: Vor ein paar Wochen habe ich an dieser Stelle geweisssagt,
weissgesagt, oder eben rotweissgesagt: Wenn alle anderen inkompetent sind,
können sie immer noch den Trainer feuern. Erledigt.
Fragen: Valérie Catil
15 Dec 2024
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## AUTOREN
Friedrich Küppersbusch
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Friedrich Küppersbusch
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