# taz.de -- Proteste gegen WM in Saudi-Arabien: Fußball ohne Folter | |
> Vor der DFB-Zentrale in Frankfurt demonstrieren Aktivisten gegen die | |
> Vergabe der Fußball-WM. DFB-Chef Bernd Neuendorf zeigt sich dialogbereit. | |
Bild: Nicht im Namen der Fans: HSV-Anhänger protestieren gegen die Fifa-WM-Pl�… | |
Es war fünf Minuten nach zwölf, als endlich auch die große Banderole vor | |
dem Eingang zur Zentrale des [1][Deutschen Fußball-Bundes] (DFB) gespannt | |
war, nachdem zuvor die Holzpfeiler partout nicht in die Erde wollten. „Kein | |
Fußballfest im Folterstaat 2034“ war zu lesen, davor hatte der Osnabrücker | |
Aktionskünstler Volker-Johannes Trieb mehr als 100 Sandsäcke in | |
Fußballoptik mit dem Aufdruck „Weltgewissen, Du bist ein Fleck der Schande“ | |
auslegen lassen. | |
Sodann spielte der Musiker Wilhelm Schulz aus Melle ein selbst komponiertes | |
Requiem auf seinem Cello. Die Trauermusik lockte sogar Bewohner aus den | |
Häusern im Frankfurter Stadtteil Niederrad, womit die Arbeiterwohlfahrt | |
(AWO) International und das Fanbündnis [2][„Fairness United“] bei ihrer | |
Protestaktion gegen die bevorstehende [3][Vergabe der WM 2034] an | |
Saudi-Arabien nicht gerechnet hatten. | |
„Der DFB stimmt für die WM in Saudi-Arabien, weil er ansonsten seine | |
Isolation im Weltfußball fürchtet. Die Isolation in der geld- und | |
machtgeilen Infantino-Fifa wäre jedoch eine Ehre für den deutschen | |
Fußball“, sagte Michael Scheffler, Vorsitzender des AWO-Bezirksverbandes | |
Westliches Westfalen. Der Wohlfahrtsverband stehe seit nun fast genau 105 | |
Jahren für Werte wie internationale Solidarität, führte Scheffler aus, | |
„unser Einsatz für Menschenrechte macht nicht an den Landesgrenzen halt: | |
Speziell die Arbeitsmigranten sind in Saudi-Arabien fast Leibeigene. | |
Moralisch können wir es nicht verantworten, dorthin ein solches | |
Fußballturnier zu geben.“ | |
Der 70-Jährige las insbesondere dem DFB-Präsidenten Bernd Neuendorf kräftig | |
die Leviten: „Wenn ich beim kleinsten Gegenwind aufgebe, erreiche ich nie | |
etwas. Es würde dem DFB gut zu Gesicht stehen, mal einen Arsch in der Hose | |
zu haben. Die [4][Fifa] arbeitet auch nicht mit Samthandschuhen.“ Neuendorf | |
hatte die deutsche Zustimmung damit begründet, dass sich die breite | |
Zustimmung für den umstrittenen Wüstenstaat beim virtuellen Fifa-Kongress | |
am Mittwoch im Doppelpack mit der WM 2030 nicht verhindern lasse. | |
Aktionskünstler Volker-Johannes Trieb sagte: „Mit dem Demokratieverständnis | |
von Herrn Neuendorf brauchen wir im Februar auch nicht mehr zur | |
Bundestagswahl gehen. Hier wird vorgelebt, dass unsere Stimme eigentlich | |
keinen Wert hat – und wir daher für etwas stimmen, was wir nicht für | |
richtig halten.“ Für ihn sei diese Haltung kaum erträglich, wetterte der | |
58-Jährige: „Herr Neuendorf nimmt in Kauf, dass dort Menschen sterben!“ | |
Auch Sven Kistner von „Fairness United“ äußerte große Furcht, dass | |
Menschenrechte in dem Königreich Saudi-Arabien wie schon im Emirat Katar | |
mit Füßen getreten werden. „Das Kind liegt schon im Brunnen. Trotz allem | |
müssen wir darauf hinweisen, dass wir absolut nicht einverstanden sind, was | |
der DFB und seine Granden machen. Auch Symbolpolitik ist Politik. Wenn | |
nicht einer anfängt aufzustehen, wird nie einer aufstehen.“ | |
Verbandschef Neuendorf, der als Mitglied im Fifa-Council jährlich 250.000 | |
US-Dollar erhält, hatte vergangene Woche argumentiert, eine Ablehnung sei | |
„reine Symbolpolitik“. Fanvertreter wie Kistner glauben nicht, dass | |
Reformen in der Monarchie umgesetzt werden: „Das halten wir für | |
illusorisch. Das waren schon bei der WM in Russland und Katar reine | |
Schutzbehauptungen.“ Eine Vergabe des sportlichen Megaevents an ein Land, | |
das die Menschenrechte massiv verletzt, sei skandalös, hatte die | |
Faninitiative „Fairness United“ in einem offenen Brief formuliert. Es | |
widerspreche allen ethischen Grundsätzen des Sports, einen solchen Staat | |
als Gastgeber auszuwählen. „Die Rechte von Frauen werden missachtet. | |
Homosexualität ist verboten.“ Die Menschenrechtsorganisation Human Rights | |
Watch hatte zuletzt auf [5][Zwangsarbeit, Lohndiebstahl oder Todesfälle] | |
von Arbeitern hingewiesen. | |
Was die am Dienstag in die Mainmetropole gereiste Protestgruppe dem | |
Verbandschef hoch anrechnete: Mediendirektor Steffen Simon kam zu den | |
Demonstranten dem Angebot, dass sich Neuendorf mit drei Aktivisten für | |
einen Austausch am frühen Nachmittag treffen wolle. Sie nahmen an. | |
Neuendorf hatte zuletzt bekundet, er könne trotz aller Bedenken in den | |
Spiegel schauen. | |
10 Dec 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Deutscher-Fussballbund-DFB/!t5008915 | |
[2] /Menschenrechte-bei-der-Fussball-EM/!6013585 | |
[3] /WM-Doppelvergabe-durch-die-Fifa/!6051240 | |
[4] /Fifa/!t5008918 | |
[5] /Menschenrechtsaktivistin-ueber-Fussball-WM/!6055005 | |
## AUTOREN | |
Frank Hellmann | |
## TAGS | |
Fußball und Politik | |
Fifa | |
Saudi-Arabien | |
Fußball-WM | |
Fifa | |
Fußball-WM | |
Fußball-WM | |
Saudi-Arabien | |
Fifa | |
Kolumne Press-Schlag | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Fußball-WM 2034: FIFA für Saudi-Arabien | |
Der Fußballmonopolist FIFA ist ungezügelt und ungebremst. Nicht trotz, | |
sondern wegen der Menschenrechtsverletzungen hat sie Saudi-Arabien | |
ausgewählt. | |
Fußball WM 2030 und 2034: Der Profit bleibt am Ball | |
Saudi-Arabien wird Gastgeberland der Fußball-WM 2034. Fifa-Präsident | |
Infantino spricht von einem „historischen Kompromiss“. Die Fußballverbände | |
geben klein bei. | |
WM 2034 in Saudi-Arabien: Megaevents und autoritäre Peitsche | |
Neue Industriezweige und gesellschaftliche Reformen: Saudi-Arabien erfindet | |
sich gerade neu. Gleichzeitig regiert der Kronprinz Mohammed bin Salman | |
weiter mit harter Hand. | |
Menschenrechtsaktivistin über Fußball-WM: „Katar war ein Dammbruch“ | |
Wie es in Saudi-Arabien um die Menschenrechte bestellt ist und warum | |
Amnesty International dort nicht recherchieren darf. Ein Gespräch mit Lisa | |
Salza. | |
WM-Doppelvergabe durch die Fifa: Die Fußballverweser | |
Wie der Fußballverband Fifa alle Reformbestrebungen mit der | |
WM-Doppelvergabe 2030 und 2034 über den Haufen wirft. Im Fokus: Ausrichter | |
Saudi-Arabien. | |
Zukunft des Fußballs: Die irdischen Fesseln abstreifen! | |
Alles läuft auf eine Weltmeisterschaft in Saudi-Arabien hinaus. Auch der | |
Deutsche Fußball-Bund unterstützt das. Was für eine tolle Sache. |