# taz.de -- Meduza-Auswahl 28. Nov. – 4. Dezember: Wie aus ukrainischen Kinde… | |
> Mindestens 314 Kinder wurden aus der Ostukraine nach Russland | |
> verschleppt, so eine Studie der US-Universität Yale. Meduza hat sich den | |
> Bericht angeschaut. | |
Bild: Protest in Brüssel gegen russische Homophobie | |
Das [1][russisch]- und [2][englischsprachige] Portal Meduza zählt zu den | |
wichtigsten unabhängigen russischen Medien. [3][Im Januar 2023 wurde Meduza | |
in Russland komplett verboten]. Doch Meduza erhebt weiterhin seine Stimme | |
gegen den Krieg – aus dem Exil. Die taz präsentiert seit 1. März 2023 unter | |
taz.de/meduza immer mittwochs in einer wöchentlichen Auswahl, worüber | |
Meduza aktuell berichtet. Das Projekt wird von der [4][taz Panter Stiftung] | |
gefördert. | |
In der Woche vom 28. November bis zum 4. Dezember 2024 berichtete Meduza | |
unter anderem über folgende Themen: | |
Die „Russifizierung“ ukrainischer Kinder | |
Die russischen Behörden führen ein systematisches und großangelegtes | |
Programm zur Deportation von Kindern aus der Ukraine und ihrer weiteren | |
Zwangsadoption und Umerziehung in Russland durch. Diese Operation mit der | |
Absicht, ukrainische Kinder zu „russifizieren“, wurde von Wladimir Putin | |
und seinen Untergebenen persönlich initiiert, [5][wie aus einem neuen | |
Bericht des Humanitarian Research Laboratory an der Yale School of Public | |
Health hervorgeht] (russischer Text). | |
Die Studie wurde in den 20 Monaten seit dem Beginn der russischen Invasion | |
in der Ukraine durchgeführt und soll die bisher umfassendste Darstellung | |
des Ausmaßes der Deportation ukrainischer Kinder sein. Die Autoren der | |
Studie ermittelten die Namen von 314 Kindern, die illegal aus den | |
annektierten Gebieten der Regionen Donezk und Luhansk nach Russland | |
verschleppt und zur Zwangsadoption freigegeben wurden. Insgesamt wurden | |
während des Krieges mehr als 30.000 minderjährige ukrainische Kinder | |
verschleppt. | |
Mindestens 208 der 314 identifizierten Kinder wurden zur Adoption | |
freigegeben oder in die Obhut russischer Staatsbürger gegeben. 67 Kinder | |
sind bereits „eingebürgerte russische Staatsbürger“ – aber die Forscher… | |
Universität Yale gehen davon aus, dass die Zahl der formal eingebürgerten | |
ukrainischen Kinder viel höher ist. | |
## Immer mehr Repression gegen LGBTQ+ | |
Das russische Vorgehen gegen queere Räume wird immer schärfer, die Polizei | |
führt landesweit Razzien in Schwulenclubs und bei LGBTQ+-Veranstaltungen | |
durch. In den frühen Morgenstunden des 30. November führte die Polizei | |
Razzien in drei Moskauer Clubs durch – genau ein Jahr, nachdem der Oberste | |
Gerichtshof Russlands die „LGBT-Bewegung“ als extremistische Organisation | |
eingestuft hatte. Unter dem zunehmenden Druck haben sich queere Lokale | |
umbenannt und ihre Identitäten gegen Patriotismus eingetauscht. BBC News | |
Russian berichtet, wie sich diese Clubs anpassen, um zu überleben – wie die | |
Verfolgung mithilfe russischer Anti-LGBTQ+-Gesetze aussieht. [6][Meduza | |
stellt eine Zusammenfassung der Berichterstattung auf Englisch zur | |
Verfügung.] | |
Das erste Strafverfahren wegen „LGBT-Extremismus“ wurde im März 2024 nach | |
einer Razzia im Pose, einem Club in Orenburg, eröffnet. Die Polizei | |
verhaftete den Besitzer, den künstlerischen Leiter und den Verwalter und | |
beschuldigte sie der „Organisation von Aktivitäten für eine extremistische | |
Organisation“. | |
Michail und Oleg arbeiten in einem Club in einer russischen Großstadt, in | |
dem im Oktober eine Razzia stattfand. „Zeigen Sie uns, wo Sie hier ficken“, | |
forderte ein Beamter, so Michail. Nach der Durchsuchung drangen Filmteams | |
mit Licht und Kameras in den Club ein, um die Razzia zu filmen. „Aber | |
vorher ließen die Polizisten alle Frauen gehen, um den Eindruck zu | |
erwecken, dass nur Männer hier waren“, so Oleg. | |
## Diskriminierung von Roma in Russland | |
Ende Oktober wurden zwei Roma-Jugendliche beschuldigt, einen Taxifahrer in | |
Korkino, einem Dorf in der russischen Region Tscheljabinsk, ermordet zu | |
haben. Gerüchte über den Vorfall verbreiteten sich schnell, und innerhalb | |
weniger Stunden stürmten wütende Einwohner die Häuser ihrer Roma-Nachbarn, | |
wo sie mit der Polizei zusammenstießen. | |
Es ist kein Zufall, dass die Roma in den russischen Medien nur dann erwähnt | |
werden, wenn es Gewalt gibt: Roma werden in Russland systematisch von | |
Institutionen wie Schulen und Arbeitsplätzen ausgeschlossen – eine | |
Tatsache, die sowohl eine Folge als auch eine Triebfeder der weit | |
verbreiteten Feindlichkeiten ist, denen sie häufig ausgesetzt sind. | |
Ähnliche Probleme gibt es in ganz Europa. Diese tief verwurzelte | |
Diskriminierung ließ Tausende von Roma nach der russischen Invasion aus der | |
Ukraine fliehen. [7][Meduza blickt auf die Situation der Roma in | |
verschiedenen europäischen Ländern, beispielsweise in Polen] (englischer | |
Text). | |
Im Sommer 2023 fand Yana Serova, eine Freiwillige der | |
Flüchtlingshilfsorganisation Oxfam, ein Kind. Es lag in einer Grube vor | |
einer Kaserne in Polen, umgeben von Abfällen. Es war etwa zwei oder drei | |
Jahre alt: „Ich dachte, es sei tot“, sagt Serova. Das Kind – das sich als | |
lebendig herausstellte – lebte in einem Flüchtlingslager für Roma, die aus | |
der Ukraine geflohen waren. Einheimische Freiwillige durften das Lager | |
nicht betreten, nicht einmal, um humanitäre Hilfe zu leisten. Serova konnte | |
es nur betreten, weil sie als Freiwillige für die internationale humanitäre | |
Organisation Oxfam arbeitete. | |
## Diskussion über den Krieg in der Ukraine? Sofort Haft | |
Vor einem Jahr diskutierte der ehemalige Moskauer Kommunalabgeordnete | |
Alexej Gorinow mit anderen Häftlingen auf der Krankenstation eines | |
Gefängnisses über den Krieg in der Ukraine. Dieses Gespräch wurde zum | |
Anlass für ein neues Strafverfahren gegen den bereits in Haft Sitzenden. Am | |
29. November befand ein Militärgericht Wladimir Gorinow der „öffentlichen | |
Rechtfertigung des Terrorismus“ für schuldig und verurteilte ihn zu drei | |
Jahren Gefängnis. | |
Zusätzlich zu dem vorherigen Urteil – 2022 war Gorinow wegen „Verbreitung | |
von Fälschungen über die russische Armee“ zu fast sieben Jahren in einer | |
allgemeinen Regimekolonie verurteilt worden – verurteilte der Richter | |
Gorinow zu fünf Jahren Gefängnis und beschloss, ihn in eine strenge | |
Regimekolonie zu verlegen. | |
Journalisten der unabhängigen Journalistengruppe Bereg waren bei der | |
Verkündung des Urteils gegen den politischen Gefangenen dabei. [8][Meduza | |
veröffentlicht diesen Text in seiner Gesamtheit auf Russisch.] | |
In der Kolonie verschlimmerten sich seine chronischen Krankheiten, 2016 war | |
ihm bereits ein Teil seiner Lunge entfernt worden. Gorinow klagte über | |
Feuchtigkeit und Kälte in seiner Zelle sowie über Hunger. Eine | |
Unterstützungsgruppe berichtete, dass der Ex-Abgeordnete unter diesen | |
Bedingungen „nicht einmal sechs Monate“ der ihm zugesprochenen sieben Jahre | |
sitzen würde. | |
Hinweis: Im Textabschnitt zur Diskriminierung der Roma haben wir Details | |
ergänzt. | |
4 Dec 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://meduza.io | |
[2] https://meduza.io/en | |
[3] /Russische-Medien-im-Exil/!5911767 | |
[4] /!v=4269299f-23bb-40f2-a4ea-2b1b1ae40192/ | |
[5] https://meduza.io/feature/2024/12/03/yelskiy-universitet-ustanovil-imena-bo… | |
[6] https://meduza.io/en/feature/2024/12/03/swapping-rainbows-for-war-anthems | |
[7] https://meduza.io/en/feature/2024/12/02/a-crisis-within-a-crisis | |
[8] https://meduza.io/feature/2024/11/29/alekseya-gorinova-osudili-vo-vtoroy-ra… | |
## AUTOREN | |
Tigran Petrosyan | |
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