# taz.de -- Parlamentswahlen in Jordanien: Verbesserte Gesetze – aber Selbstz… | |
> Anfang September wählte Jordanien ein neues Parlament. Wie demokratisch | |
> die Wahl abgelaufen ist, zeigt ein neuer Bericht der | |
> EU-Wahlbeobachtungsmission. | |
Bild: Auszählung der Stimmen in einem Wahllokal im September in Amman | |
Amman taz | Am 10. September waren die Jordanier*innen zu den Urnen | |
gerufen. Gewählt haben sie ein neues Parlament, in einer historisch | |
bedeutsamen Wahl: Denn es war die Erste, an der Parteien nicht nur mit | |
ihren Vertretern in den lokalen Bezirken, sondern auch mit nationalen | |
Kandidatenlisten teilnahmen. Mehr Parteiengewicht, mehr Teilnahme von | |
Jugend und Frauen, mehr Modernität, mehr Demokratie [1][– das war das | |
Ziel.] Wie gut dies gelungen ist, darüber gibt der jüngste Bericht der | |
EU-Wahlbeobachtungsmission Aufschluss. | |
„Es hat eine gewaltige Besserung seit der letzten Wahl stattgefunden, trotz | |
der regionalen Lage“, sagte am Dienstag die Leiterin der | |
Beobachtungsmission, Zeljana Zovko, vor den Journalist*innen, die sich in | |
einem der schicken Konferenzräume des Sheraton Hotels in Amman für die | |
Vorstellung der Ergebnisse versammelt hatten. | |
Der [2][Krieg in Gaza] hatte seine Schatten auf die Wahl geworfen: Die | |
Palästina-Frage stand bei mehreren Parteien ganz oben auf der Agenda. | |
Kritik an den Abkommen zwischen Jordanien und Israel hallte monatelang | |
durch die Straßen, und die Islamische Aktionsfront, der politische Arm der | |
[3][Muslimbrüder in Jordanien], fuhr einen historischen Sieg ein. | |
Trotzdem sei die Parlamentswahl effizient abgelaufen, mit einem geordneten | |
und inklusiven Registrierungsverfahren von Kandidat*innen und | |
Wähler*innen, urteilt jetzt die EU-Mission. Die neuen Gesetze hätten zudem | |
die Teilnahme der Jugend am politischen Leben gestärkt. | |
## Das Cybercrime-Gesetz schränkt ein | |
Gleichzeitig bemängelte EU-Beobachterin Zovko eine gewisse Selbstzensur im | |
politischen Diskurs und der Presse. Vor allem das neue Cybercrime-Gesetz | |
stehe der Redefreiheit im Wege. Bereits seit seiner Verabschiedung Mitte | |
2023 [4][beklagen Menschenrechtsorganisationen und Aktivist*innen, das | |
Gesetz sei so vage formuliert und die Strafen so drakonisch], dass es | |
riskiert, Dissens zu ersticken und gegen Journalist*innen und | |
Kritiker*innen benutzt zu werden. | |
Auch hätten sich die Kampagnen der verschiedenen Kandidat*innen immer | |
noch auf die Person statt auf die politischen Programme fokussiert. „Die | |
Botschaften der Kampagnen waren großenteils allgemein und die | |
Kandidat*innen warben für ihr persönliches Image auf Kosten der | |
politischen Parteiprogramme“, schreibt die Mission in ihrem 85-seitigen | |
Report. | |
Ein Mangel an echter Debatte zwischen den Parteien und über deren | |
Programme, auch in den meisten Medien, der eventuell zu dem geringen | |
Informationsniveau der Wähler*innen beigetragen haben könnte. Ebenso | |
seien die Regeln für die Finanzierung der Kampagnen „weitgehend unbeachtet“ | |
geblieben. | |
Die Mission stellt wie üblich eine Reihe von Empfehlungen für die nächsten | |
Wahlen fest. Unter anderem sollten die Gesetzgeber*innen das | |
Cybercrime-Gesetz revidieren, damit es internationalen | |
Menschenrechtsstandards entspricht, sowie das Strafrecht in Bezug auf die | |
Redefreiheit ändern. Auch sollten Wähler*innen stärker informiert und | |
die Finanzierung der Kampagnen transparenter werden. Menschen mit | |
Behinderungen sollten einen leichteren Zugang zu den Urnen bekommen. Ob und | |
wie die jordanischen Behörden die Empfehlungen umsetzen, bleibt aber | |
letztendlich ihnen überlassen. | |
19 Nov 2024 | |
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## AUTOREN | |
Serena Bilanceri | |
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