| # taz.de -- Umstrittene Reform in Neuseeland: Maori warnen vor Verlust ihrer Re… | |
| > Zehntausende indigene Neuseeländer protestieren in Wellington gegen einen | |
| > Gesetzesentwurf. Er könnte über Jahrzehnte erkämpfte Rechte gefährden. | |
| Bild: Indigene Māori protestieren vor dem Parlament in Wellington | |
| Canberra taz | Nach Polizeiangaben haben am Dienstag mindestens 42.000 | |
| Menschen vor [1][Neuseelands] Parlament in Wellington protestiert, die | |
| Veranstalter sprachen gar von der größten Demo in der Geschichte des | |
| Landes. Einige Teilnehmer trugen traditionelle Kleidung und Waffen, andere | |
| zeigten ihre Tatoos, darunter die typische Gesichtstätowierung, das Ta | |
| Moko. Der Kundgebung war ein neuntägiger Marsch aus allen Regionen des | |
| Landes zur Hauptstadt vorausgegangen. Maori machen rund 20 Prozent von | |
| Neuseelands Bevölkerung von 5,3 Millionen aus. | |
| Die Demonstrierenden protestierten gegen den Versuch der | |
| Mitte-Rechts-Regierung, den Vertrag von Waitangi neu definieren zu wollen. | |
| Sie fürchten bei Annahme eines entsprechenden Gesetzesvorschlags den | |
| Verlust besonderer Rechte, die über Jahrzehnte erkämpft worden seien. Der | |
| Vertrag war 1840 von Vertretern der britischen Krone und etwa 540 | |
| Maori-Häuptlingen im Ort Waitangi auf Neuseelands Nordinsel unterzeichnet | |
| worden. | |
| Der Vertrag, der einer der zentralen Dokumente des Landes ist, sollte die | |
| Land- und Kulturrechte der Maori regeln. Doch war seine Interpretation von | |
| Anfang an umstritten. Denn es gibt zwei Versionen des Dokuments: eine auf | |
| Englisch, eine auf Maori. | |
| Die Fassungen unterscheiden sich in wichtigen Punkten: so treten die Maori | |
| in der englischen Version ihre Souveränität an die Krone ab, während sie in | |
| der Maori-Fassung die Regierungsgewalt an die Krone abgeben und dafür deren | |
| Schutz genießen. | |
| ## Gesetzentwurf blendet soziale Ungleichheiten aus | |
| Übersetzungsfehler und Schwierigkeiten bei der Vermittlung bestimmter | |
| kultureller Konzepte und Tabus haben zu Diskussionen über die Bedeutung und | |
| Anwendung des Vertrages geführt, die bis heute anhalten. | |
| Die Grundsätze des Vertrags von Waitangi wurden jedoch in den letzten 50 | |
| Jahre von Gerichten, einem speziell zu diesem Zweck geschaffenen Tribunal | |
| und von den Regierungen so weiter entwickelt, dass die Beziehungen zwischen | |
| Maori und Behörden heute mehrheitlich geregelt werden können. Bei | |
| politischen Entscheiden werden die Grundsätze „Beteiligung, Partnerschaft, | |
| Schutz und Wiedergutmachung“ angewandt. | |
| Während Maori bis heute unter erheblichen sozialen und wirtschaftlichen | |
| Ungleichheiten leiden, genießen sie eine Reihe von Privilegien, die Pakeha | |
| – so der Name für europäischstämmige Neuseeländer – nicht zustehen. So | |
| haben Maori speziell für sie reservierte Sitze im Parlament. | |
| Von entscheidender wirtschaftlicher Bedeutung ist die Rückgabe von Land- | |
| und Seegebieten. Nach oftmals Jahrzehnte langem Streit vor den Gerichten | |
| kontrollieren heute einige Maori-Clans große Landflächen und | |
| Fischereirechte. Einige Maori-Gruppen sind in der Fischerei und dem | |
| Tourismus tätig. Sie betreiben erfolgreiche Unternehmen, in denen junge | |
| Maori ausgebildet werden. | |
| ## Koalitionspartner stützen Gesetz nur bis zur 1. Lesung | |
| Die rechtsliberale Act-Partei, die [2][Teil der konservativen | |
| Regierungskoalition von Premierminister Christopher Luxon ist], will diese | |
| Grundsätze neu formulieren. Auf diese Weise sollten alle Neuseeländer | |
| „eingeschlossen werden“, so Act-Parteichef David Seymour. Denn der Status | |
| Quo räume gewissen Menschen „aufgrund ihrer Geburt“ unterschiedliche Rechte | |
| ein. | |
| Viele Maori-Führer dagegen fürchten, dass Änderungen auf eine Konfiszierung | |
| der vertraglichen Rechte hinauslaufen und die nicht-indigene | |
| Bevölkerungsmehrheit bevorzugt. Obwohl die Debatte um den Gesetzesentwurf | |
| die Gemüter auf beiden Seiten erhitzt, kann sich Seymour keine große | |
| Hoffnung auf Verabschiedung des Gesetzentwurfes machen. | |
| Sowohl die führende Regierungspartei National unter Luxon als auch die | |
| zweite Juniorpartei in der Koalition, die populistische NZ First, haben | |
| ausgeschlossen, die Vorlage über die erste Lesung im Parlament hinaus zu | |
| unterstützen. Premierminister Luxon nannte den Gesetzentwurf „spalterisch“. | |
| 19 Nov 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Neuseeland/!t5011393 | |
| [2] /Neue-Regierung-in-Neuseeland/!5976442 | |
| ## AUTOREN | |
| Urs Wälterlin | |
| ## TAGS | |
| Neuseeland | |
| Maori | |
| Social-Auswahl | |
| Neuseeland | |
| Kolumne Die Wahrheit | |
| Maori | |
| Schwerpunkt Klimawandel | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Konservative Kehrtwende in Neuseeland: Māori verlieren die meisten garantierte… | |
| Bei einer Volksabstimmung wendet sich die Mehrheit der betroffenen | |
| Gemeinden gegen feste Quoten für Vertreter der Indigenen. | |
| Die Wahrheit: Verhunzte Kunst | |
| Neues aus Neuseeland: Die aoetereanische Welt der wunderschönen Bilder | |
| wurde letztens empfindlich gestört. Aber Achtung: erfolgreicher | |
| Kiwi-Protest! | |
| Neue Maori-Königin: Junge Führungskraft | |
| Nga Wai hono i te po Paki ist neues Oberhaupt der Maori. Die 27-Jährige | |
| gilt als Hoffnung für die von Überalterung betroffene Ureinwohnergruppe. | |
| Neuseelands Wende in der Klimapolitik: Rinder-Rülpser bleiben steuerfrei | |
| Neuseeland galt lange als Vorreiter beim Umweltschutz. Mit der Streichung | |
| der Methan-Steuer macht die neue Regierung nun Schluss damit. |