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# taz.de -- Vermeintliches Pogrom nach Fußballspiel: Mediale Zerrbilder in Ams…
> Bei den Ausschreitungen haben Medien und Politik vorschnell einseitige
> Deutungen übernommen. Auch israelische Hooligans haben Grenzen
> überschritten.
Bild: In der Innenstadt von Amsterdam zünden israelische Maccabi-Tel Aviv-Anh�…
Langsam lichtet sich der Nebel um das angebliche Pogrom von Amsterdam.
Immer klarer wird, dass viele Medien einseitig berichtet,
Falschbehauptungen verbreitet und damit ein Zerrbild gezeichnet haben.
Vergangenen Freitag tauchten in den sozialen Medien verstörende Bilder aus
Amsterdam auf. Handyvideo-Aufnahmen zeigten verängstigte junge Männer, die
von Männern mit arabischem Akzent bedroht, drangsaliert und misshandelt
wurden. Junge Täter auf Mopeds hätten israelische Fans in der Nacht
verfolgt, geschlagen und getreten, berichtete die Polizei später.
Israels Regierung dramatisierte die Übergriffe sofort. Staatspräsident
Isaac Herzog sprach von einem „Pogrom“, und Premierminister Benjamin
Netanjahu kündigte an, Sonderflüge in die Niederlande zu schicken, um seine
Landsleute auszufliegen. Israelische Stellen verbreiteten Gerüchte über
angebliche Vermisste, und pro-israelische Influencer schlossen sich dieser
Panikmache an. Inzwischen liegt ein [1][Bericht der Stadt Amsterdam], der
Justiz und der Polizei vor, der die Ereignisse rund um das Fußballspiel
minutiös beschreibt. Demnach wurden 62 Menschen verhaftet, darunter 10
Israelis. 5 Menschen wurden für einige Stunden im Krankenhaus behandelt, 20
bis 30 leicht verletzt. Für ein Pogrom ist das eine eher glimpfliche
Bilanz.
Nichts rechtfertigt die Gewalt gegen israelische Fußballfans. Und die
verstörenden Bilder und Berichte über antisemitische „Hetzjagden“
beunruhigen nicht nur Jüdinnen und Juden. [2][Doch das kriminelle Verhalten
israelischer Hooligans deswegen als „übliche Fanscharmützel“ abzutun], ist
falsch. Bereits vor dem Spiel hatten sie in der Innenstadt Menschen
angegriffen. Hunderte sangen freudig, dass es „keine Schulen und keine
Kinder in Gaza mehr“ gebe oder grölten „Fuck the Arabs!“, doch das blieb
ungestraft.
Im Stadion störten sie – wohl aus Unmut über Spaniens linke Regierung –
eine Schweigeminute für die Opfer der Flutkatastrophe von Valencia. Nach
dem Spiel bewaffneten sie sich mit Eisenstangen und Latten, warfen Steine
auf Taxis und wurden deshalb [3][von der Polizei eingekesselt]. Doch kein
Politiker hat ihre Gewalt verurteilt. Von der einseitigen Panikmache
profitieren rechte Kräfte.
## Mit dem Finger auf Muslime
Für Israels in Teilen rechtsradikale Regierung war es eine willkommene
Gelegenheit, sich als Beschützer ihrer Bürger zu inszenieren und zu
suggerieren, nur sie allein könne für die Sicherheit von Juden in aller
Welt sorgen. Die in Teilen ebenfalls rechtsradikale Regierung der
Niederlande nutzt es nun, um erneut [4][mit dem Finger auf Muslime und
Migranten zu zeigen] und mehr Härte zu verlangen.
Wie schnell Politik und Medien eine völlig einseitige Erzählung übernahmen,
lässt für die kommenden Jahre mit Donald Trump in den USA nichts Gutes
erwarten. Denn Aufgabe von Journalisten ist nicht nur, empörte Aussagen von
Politikern wiederzugeben. Sondern Behauptungen und Fakten sorgfältig zu
überprüfen. Darin haben sie versagt. Ihre Fehler sollten sie selbstkritisch
aufarbeiten.
16 Nov 2024
## LINKS
[1] https://www.amsterdam.nl/nieuws/nieuwsoverzicht/raadsbrief/
[2] /Angriffe-auf-israelische-Fans/!6045259
[3] https://www.youtube.com/watch?v=ySHIOYyJ95A
[4] /Ausschreitungen-in-Amsterdam/!6045450
## AUTOREN
Daniel Bax
## TAGS
Antisemitismus
Amsterdam
Schwerpunkt Rassismus
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Kolumne Über den Ball und die Welt
Schwerpunkt Fußball-EM 2024
Fußball
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