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# taz.de -- Hass auf Hausschuhe: Kommt aus den Puschen
> Das Schlimmste am Herbst? Pantoffeln, Puschen, Schlapfen. Über
> Hausschuhjünger*innen, die es sich zu gemütlich machen – auf dem Sofa und
> im Leben.
Bild: Es ist wieder HH-Zeit – Hausschuh-Horror!
Hilfe, es ist Herbst. Da fallen nicht nur die Blätter, sondern auch die
ästhetischen Ansprüche. Statt nackter Füße müssen wir jetzt also Hausschuhe
ertragen. Böse Zungen nennen diese Zeit daher auch HH-Zeit –
Hausschuh-Horror! Mit den plüschigen, uneleganten Tretern verpufft jede
Anziehungskraft, Sex sowieso. Auch ein halbwegs ernsthaftes Gespräch mit
einer Person in Hausschuhen grenzt an ein Ding der Unmöglichkeit. Wie soll
das auch gehen, wenn das Gegenüber aussieht wie ein überdimensionaler
Marshmallow, Bibo aus der Sesamstraße oder ein Billy-Regal ohne Bücher?
Pantoffeln, Patschen, Schlapfen, Schlurren: Allein die vielen
katastrophalen Begriffe, mit denen der Mensch seine Fußnester umschreibt,
zeigen, dass er die elterliche Kuschelhöhle am liebsten nie verlassen
hätte. Oder warum sonst gibt es Rutschesocken für Erwachsene?! Am
schlimmsten aber ist das Wort „Puschen“. Puuuuuschen. Wer so etwas sagt,
der guckt auch „Dschungelcamp“ und freut sich, wenn „Last Christmas“ von
Wham! im Radio läuft.
Jemand, der seine Füße beim ersten pissigen Herbstlaub einkuschelt, ist
jemand, der sich jedes Q-Tip einzeln von einem anonymen Hartschuhträger in
den vierten Stock wuchten lässt. Jemand, der es sich sehr gemütlich macht.
Zu gemütlich. Denn sein Zuhause ist sein Reich und seine Herrlichkeit,
Amen.
Während Hausschuhjünger*innen früher aber zumindest so viel Anstand
besessen haben, sich höchstens bis zum eigenen Briefkasten vorzuwagen, tun
manche jetzt so, als wäre die ganze Welt ihr Wohnzimmer. Schuld daran sind
Heidi Klum und Steve Jobs. Die haben nicht nur unser Bild von Frauenkörpern
und Laptops versaut. Sie haben auch Birkenstocks in die Öffentlichkeit
gezerrt und der deutschen Biolatsche damit den Weg bis in den „Barbie“-Film
bereitet.
Schwierig sind auch sogenannte UGG-Boots. Diese Zwitter aus Hausschuh und
Mammuthaxe zieren vornehmlich die Füße von Momfluencerinnen. Und denken Sie
an Crocs! Sie wissen schon, die löchrigen Schuhboote, mit denen man erst
schwimmen und dann die Bude putzen kann. Letztere haben uns allerdings
geschmacklich auch schon den ganzen Sommer verhunzt.
In Fashionkreisen gehören „Ugly Shoes“ zu den neuen It-Schuhen. Manche
sehen darin eine zusätzliche Variante des Mottos „Komfort über Style“. Was
mit ersten Flirtversuchen zwischen Haute Couture und Jogginghose begann,
wurde durch den Coronalockdown richtig groß. Expert*innen zufolge soll
der Ugly-Shoe-Trend seinen Träger*innen – neben dem erwartbaren Plus an
Bequemlichkeit – auch zu einer tiefenentspannten Aura verhelfen.
Gegen diese Behauptung spricht jedoch, dass momentan eigentlich alle auf
Alarmstufe Rot sind. Sei es auf Social Media oder neulich in der Schlange
vor einem Museum, wo ein charmanter Vordrängelversuch meinerseits fast
einen Ugly-Shoes-tragenden Lynchmob provoziert hätte. Ja, wenn der
Hausschuhmensch nicht gerade das Flow-Magazin liest oder Vulven aus Ton
töpfert, ist er im Grunde genommen ein fragiler Geist.
Kleiner Nachtrag: Sorry, dass ich mich in diesem Text so anhöre wie ein
älterer Stilpapst mit schlechter Laune. Mir fehlte vermutlich etwas Vitamin
D.
Noch einer: Eine Kollegin bat mich, offen zu legen, dass ich ja selber
manchmal Birkis oder Crocs trage. Erwischt! Aber ich sage ja auch nicht,
dass ich mich in dieser Angelegenheit nicht am meisten über mich selbst
aufrege.Bye.
3 Nov 2024
## AUTOREN
Anna Fastabend
## TAGS
Herbst
Winter
Mode
Mode
Kolumne Geschmackssache
Kolumne Habibitus
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