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# taz.de -- 80. „Tatort“ mit Lena Odenthal: Frauen ganz oben, ganz unten un…
> Viele Themen werden in diesen Ludwigshafener Jubiläumstatort reingepackt
> – und die Frage nach Anstand und Moral? Wird wenigstens mal gestellt!
Bild: Viel los in diesem „Tatort“
Wie die Zeit vergeht! Schon der 80. „Tatort“ mit Kommissarin [1][Lena
Odenthal] (gewohnt stabil: Ulrike Folkerts) aus dem gar nicht so
friedlichen Ludwigshafen.
Dieses Mal wird der Juraprofessor Jasper Unel (Mohamed Achour) im Büro
seiner gut situierten, undurchsichtigen Anwalts-Gattin Patricia Prinz
(gekonnt vielschichtig verkörpert von [2][Sandra Borgmann]) erschossen.
Aufgelöst und sichtlich neben der Spur setzt die Juristin einen Notruf ab,
der zuerst Odenthal erreicht. Die Kommissarin muss aber schnell
feststellen, dass sich der oder die Täter*in durch ein Fenster abgesetzt
hat und gerät kurzzeitig selbst in Erklärungsnot vor den später
eintreffenden Streifenpolizisten, die sie nicht sofort als
Polizeiangehörige identifizieren können.
Schon am nächsten Morgen hat sich die Anwältin wieder gefangen und
verkündet mit Pokerface bei ihrer Vernehmung durch Odenthal und deren
Kollegin Johanna Stern ([3][Lisa Bitter]), dass sie nur eingeschränkt bei
den Ermittlungen helfen möchte. Die Liste ihrer Klient*innen bleibt
tabu. Das hindert Stern aber nicht, ein Foto des aufgeschlagenen
Terminkalenders von Prinz zu machen.
Und so stellt sich heraus: Es sollte an diesem Tag einen
Arbeitsgerichtsprozess gegen Piet Sievert (Matthias Lier), den Betreiber
eines Callcenters geben. Marie Polat (Emma Nova), eine junge, aufgrund von
Schwarzfahren vorbestrafte Frau, die im Sorgerechtsstreit mit ihrem
gewalttätigen und alkoholabhängigen Exfreund steht, klagt gegen eine von
Sievert erlassene fristlose Kündigung. Denn ohne Job sind ihre Chancen,
ihren Sohn Luca auf Dauer zu sich nehmen zu können, sehr gering. Ein kurzer
Besuch beim Callcenter-Chef streut in Odenthal erste Zweifel, denn ganz so
ein Gutmensch und Empath, wie er versucht darzustellen, ist der
vermeintliche Retter von Frauen aus prekären Situationen dann doch nicht.
## Schmierig bis in die letzte Pore
Damit auch bloß keine Langeweile aufkommt, gibt es noch weitere
Handlungsstränge, die die Ermittlungen immer wieder durchkreuzen. Zum einen
gibt es wirklich unterhaltsame Bewerber*innengespräche auf eine
ausgeschriebene Stelle als Assistenz der Kommissarinnen Odenthal und Stern,
die von einem Fachkräftemangel auf allen Ebenen zeugen und noch mal sehr
deutlich machen, dass eine gute Work-Life-Balance (mit Betonung auf „Life“)
mittlerweile fast das Wichtigste ist.
Nicht minder spannend sind die Szenen, in denen Odenthal sich dann auch
noch gegenüber dem absolut unsympathischen internen LKA-Ermittler Kurt
Breising (schmierig bis in die letzte Pore: Bernd Hölscher) stellen muss,
da sie im Laufe des Falles ihre Dienstwaffe benutzen musste. Ein spannender
Kontrast zu den Bewerbungsgesprächen, denn hier liegt der Fokus eindeutig
auf Machterhalt mit allen Mitteln.
Es werden also viele Themen in diesen „Tatort“ verpackt. Gelungen ist dabei
vor allem die Darstellung von Frauen, die sich am unteren Rand der
Gesellschaft abrackern müssen. Einmal drin in dieser Spirale, ist es
schwer, wieder herauszukommen und sich Recht zu verschaffen. Im heftigen
Gegensatz dazu steht die privilegierte und eiskalt im Sinne ihrer
Mandant*innen agierende Anwältin Prinz, die nicht davor zurückscheut,
die Gegenseite auf ekelhafte Weise zu diskreditieren.
Und so stellt Lena Odenthal ganz zu Recht die auch im aktuellen
Zeitgeschehen oft sehr passende Frage: „Was ist eigentlich mit Anstand und
Moral?“
27 Oct 2024
## LINKS
[1] /Neuer-Ludwigshafen-Tatort/!5981292
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[3] /Ludwigshafen-Tatort-Gold/!5954830
## AUTOREN
Almuth Müller
## TAGS
Wochenendkrimi
Frauenfeindlichkeit
Klassismus
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Frauenfeindlichkeit
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