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# taz.de -- Rundum-Grün in Kreuzberg: Nein, wir sind hier nicht in Tokyo
> Die Grünen wollen die Ausnahme-Ampelschaltung am Checkpoint Charlie
> schützen – und bemühen einen fragwürdigen Vergleich.
Bild: Radfahrende kommen sich hier gerne mal mit dem Fußverkehr in die Quere, …
Schwarz-Rot hat’s gegeben, Schwarz-Rot will’s wieder nehmen: Die sogenannte
„Rundum-Grün-Kreuzung“ am Checkpoint Charlie, im Jahr 2000 unter dem
Diepgen-Senat als Verkehrsversuch eingeführt und mehr aus Bräsigkeit als
aus verkehrstechnischen Erwägungen beibehalten, soll bald wieder zur
stinknormalen Kreuzung werden, auf der die FußgängerInnen parallel zum
Auto- und Radverkehr „Grün“ haben. [1][Das hat die CDU-geführte
Mobilitätsverwaltung schon im vergangenen Jahr angekündigt.]
Die Grünen finden das gar nicht gut. VertreterInnen des Abgeordnetenhauses
und der Bezirksverwaltung von Friedrichshain-Kreuzberg wollen kommende
Woche vor Ort für die endgültige Verstetigung der in Berlin einzigartigen
Regelung trommeln. Das Kreuzberger Rundum-Grün sei der berühmten Tokyoter
Shibuya-Kreuzung nachempfunden und ein „Highlight für Tourist*innen“. Um
dieses noch heller strahlen zu lassen, fordern sie, „als Zeichen für ein
weltoffenes Berlin die Zebrastreifen in Pride-Farben umzusetzen“.
Abgesehen davon, dass es auf deutschen Kreuzungen mit Ampelschaltung keine
Zebrastreifen gibt – gemeint sind wohl die gestrichelten Linien der
sogenannten Fußgängerfurten –, gehört der Verweis auf Japan zu den im
Wortsinn weltfremden Berliner Selbstüberschätzungen. Wer das nördliche
Kreuzberg für Shibuya hält, hält auch die Friedrichstraße für die Fifth
Avenue und den Gendarmenmarkt für die Piazza Navona. Dass den TouristInnen
in ihren rumpeligen Cabrio-Doppeldeckern zuverlässig die Einzigartigkeit
des Rundum-Grüns eingebläut wird, ändert daran gar nichts.
Die eigentlichen Fragen sind: Macht die Sonderregelung die Kreuzung
sicherer? Und macht sie sie effizienter oder komfortabler? Letzteres glaubt
die Verkehrsverwaltung ausschließen zu können, wie auch aus der [2][Antwort
auf eine Grünen-Anfrage im vergangenen Jahr] hervorgeht. Sie argumentiert,
durchaus zu Recht, dass durch die drei getrennten Ampelphasen nicht nur die
Autos, sondern auch die zu Fuß Gehenden länger warten müssen. Die stauten
sich dadurch auch auf der Mittelinsel am U-Bahn-Ausgang und querten dann
gerne mal bei Rot. Viele kapierten noch nicht einmal, dass hier eine von
der Norm abweichende Regel gilt.
## Ein bisschen sicherer
Dass FußgängerInnen die Kreuzung ohne motorisierte Abbieger sicherer queren
können, muss die Verwaltung allerdings auch einräumen. Sie verweist dafür
darauf, dass das nicht für Radfahrende gilt, zumal die sich beim
„indirekten Linksabbiegen“ (man rollt erst geradeaus und biegt gegenüber
ab, sobald die querende Richtung Grün hat) teilweise mit den zu Fuß
Gehenden ins Gehege kommen.
Die nackten Zahlen sagen: Seit Beginn des Verkehrsversuchs ist die
Häufigkeit von Unfällen gesunken, wenn auch nicht dramatisch – abgesehen
von den verkehrlich entspannteren Pandemiejahren. Reicht das als Argument,
um das Rundum-Grün unter Denkmalschutz zu stellen? Wahrscheinlich ja. Viel
mehr ist aber nicht dran. Wenn es Dinge gibt, die Berlin zur Weltstadt
machen, gehört eine popelige Ampelschaltung sicher nicht dazu.
28 Oct 2024
## LINKS
[1] /Kreuzung-am-Checkpoint-Charlie/!5943765
[2] https://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/19/SchrAnfr/S19-15…
## AUTOREN
Claudius Prößer
## TAGS
Manja Schreiner
Ute Bonde
Mobilitätswende
Verkehrspolitik
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