# taz.de -- Wenn Nebelhörner tuten: Gefühlter Sieg | |
> In der Fußball-Bundesliga der Männer bringt Werder Bremen beim 2:2 gegen | |
> Meister Leverkusen dessen Kombinationsmaschine ins Stocken. | |
Bild: Kann mit seiner Mannschaft zufrieden sein: Werder-Trainer Ole Werner | |
Bremen taz | Das Bild auf dem Rasen erinnerte nach dem Schlusspfiff mehr an | |
einen 120-minütigen Pokalfight als an ein normales Bundesligaspiel. Nahezu | |
alle Spieler sackten erschöpft zu Boden, fix und fertig von diesem | |
intensiven Spiel, in dem beide Mannschaften bis zur 96. Minute jede | |
Möglichkeit genutzt hatten, den Ball vor das Tor des Gegners zu treiben. | |
Nachdem sie sich mühsam erhoben hatten, verschwanden die [1][Leverkusener] | |
enttäuscht in der Kabine. Bis zur 90. Minute hatten sie die erhofften drei | |
Auswärtspunkte in der Hand gehalten und mussten dann erneut die Erfahrung | |
machen, dass ihnen das Siegen schwerer fällt als in der Vorsaison, in der | |
sie ohne Niederlage bis zur Meisterschaft durchmarschiert waren. | |
Die Bremer machten sich derweil auf eine Stadionrunde, in der sie gefeiert | |
wurden, als hätten sie gerade einen Titel errungen. Selten hat ein | |
Unentschieden in diesem Stadion mehr Emotionen freigesetzt. Und das nicht | |
nur, weil im vierten Anlauf endlich die ersten Heimtore fielen, die das in | |
dieser Saison bislang stumm gebliebene Nebelhorn in Gang setzen, mit dem | |
hier jedes Werder-Tor gemeldet wird. | |
## Offener Kampf | |
Vor knapp einem Jahr waren die Bremer Zuschauer sogar nach einem 0:3 gegen | |
Leverkusen noch einigermaßen beseelt nach Hause gegangen – in dem sicheren | |
Gefühl, den künftigen deutschen Meister und schönsten Fußball der Liga | |
gesehen zu haben. Jetzt sahen sie mit Stolz, dass ihre Mannschaft dem | |
Doublesieger mittlerweile einen offenen Kampf liefern und eine Halbzeit | |
lang sogar den Ton angeben kann. | |
Dabei hinderten die Grün-Weißen die Leverkusener Kombinationsmaschine oft | |
schon weit in deren Spielfeld-Hälfte am vollen Aufdrehen. Im Gegenzug | |
gelangen ihnen vor allem in der ersten Halbzeit zahlreiche klug aufgebaute | |
Angriffe, die zum Torabschluss führten. Sie ließen sich auch nicht dadurch | |
entmutigen, dass aus ihren Chancen zunächst nichts heraussprang, während | |
der Gegner seine erste Chance zum 1:0 durch Victor Boniface nutze. | |
Selbst als Felix Agu nach dem zwischenzeitlichen Ausgleich durch einen | |
Kopfballtreffer von Marvin Ducksch den Ball in der 78. Minute aus kurzer | |
Entfernung ins eigene Tor schoss, ließ die Überzeugung in die eigene Stärke | |
nicht nach. „Wir waren griffig und gallig. Wir hatten extrem viele | |
Torchancen und haben verdient den Punkt geholt“, sagte Kapitän Marco Friedl | |
nach dem Spiel. „Wir wollen den nächsten Schritt gehen und uns | |
weiterentwickeln, das sagen wir als Team immer wieder.“ | |
„Entwicklung“ ist ein Schlüsselwort der bisherigen [2][Amtszeit von Trainer | |
Ole Werner]. In dieser hat er Werder zum einzigen Bundesliga-Absteiger der | |
letzten sieben Jahre gemacht, der sich wieder in der ersten Liga etablieren | |
konnte. Der HSV, Schalke 04, Hertha BSC, 1. FC Köln, Hannover 96, 1. FC | |
Nürnberg, Fortuna Düsseldorf und andere stecken immer noch in der 2. Liga | |
fest. | |
## Aus der 2. Liga | |
Als Werner den Club Ende November 2021 auf Platz zehn der 2. Liga übernahm, | |
standen bereits neun Spieler im Kader, die jetzt noch eine wichtige Rolle | |
spielen. Während andere Absteiger ihren Kader in den letzten drei Jahren | |
teilweise mehrfach durcheinandergewirbelt haben, setzt Werder auf | |
Kontinuität. In den ersten beiden Saisons nach dem Wiederaufstieg standen | |
die Plätze 13 und neun zu Buche, aktuell rangiert das Team auf Platz acht. | |
Junge Spieler wie Marco Friedl, Felix Agu und Romano Schmid haben sich | |
unter Werner stark verbessert, die erfahrenen Kräfte mindestens ihr Niveau | |
gehalten. Torwart Michael Zetterer machte Trainer Werner zum Stammspieler | |
und Marvin Ducksch, dessen Bundesliga-Tauglichkeit anfangs angezweifelt | |
wurde, hat es unter ihm in die Nationalelf geschafft. | |
## Von hinten heraus | |
Mit den Zugängen Senne Lynen und Jens Stage ist mehr Stabilität in der | |
Mittelfeldzentrale dazugekommen. Das Zusammenspiel hat Werner von hinten | |
heraus entwickelt. Erst wurde die Abwehr stabilisiert und dann der | |
Kombinationsfluss nach vorne verfeinert. Lange Bälle auf einen Zielspieler | |
gibt es seit dem Abgang von Niclas Füllkrug vor eineinhalb Jahren kaum noch | |
zu sehen. Die jungen Offensivkräfte Justin Njinmah, Derrick Köhn, Marco | |
Grüll und Keke Topp sollen künftig für noch mehr Tempo und | |
Abschlussqualität sorgen. | |
Parallel zur spielerischen Weiterentwicklung veränderte sich die Chemie in | |
der Kabine. „Als wir abgestiegen sind und auch später im ersten Jahr | |
Bundesliga war es noch nicht so homogen wie jetzt“, sagte Romano Schmid vor | |
Kurzem auf dem Werder Bremen-Onlineportal Deichstube. „Inzwischen kann man | |
alles offen ansprechen, niemand ist gleich sauer.“ Besonders Schmid selbst | |
profitiert von der neuen Atmosphäre – er wird immer mehr zum Dreh- und | |
Angelpunkt des Bremer Spiels. Gegen Leverkusen krönte er seine Leistung mit | |
dem Ausgleich in der 90. Minute durch einen herrlichen Schuss in den | |
Winkel. | |
Die letzten Absteiger vor Werder, die es wieder nach oben schafften, hießen | |
VFB Stuttgart und SC Freiburg. So weit wie diese ist Werder in seiner | |
Entwicklung noch nicht. Die Bremer haben sich aber auf ihre Spur gesetzt. | |
28 Oct 2024 | |
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## AUTOREN | |
Ralf Lorenzen | |
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