# taz.de -- Kritik am Antidiskriminierungsgesetz: Beauftragte sieht mehr Reform… | |
> Die EU hatte in Deutschland besseren Schutz vor Diskriminierung des | |
> Geschlechts angemahnt. Nun regiert die Regierung – nicht genug, sagt | |
> Ferda Ataman. | |
Bild: Fordert mehr Mut für eine Reform: Antidiskriminierungsbeauftragte Ferda … | |
Berlin dpa | Die Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, | |
Ferda Ataman, [1][kritisiert eine geplante Erweiterung des Allgemeinen | |
Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) als unzureichend.] Die Bundesregierung | |
schaffe es nicht, ein klares Zeichen für den Schutz vor Diskriminierung zu | |
setzen, sagte Ataman der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. | |
Stattdessen wolle das Kabinett an diesem Mittwoch eine winzige Änderung am | |
Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz beschließen, um ein | |
Vertragsverletzungsverfahren der EU zu umgehen, so Ataman. „Das ist mutlos. | |
Die geplante Anpassung macht das Antidiskriminierungsrecht unnötig | |
kompliziert und dürfte nur wenigen Menschen helfen.“ | |
## Besserer Schutz vor Diskriminierung wegen des Geschlechts | |
Konkret geht es um das im AGG festgeschriebene Diskriminierungsverbot. Dort | |
soll nun ausdrücklich festgehalten werden, dass eine Benachteiligung wegen | |
des Geschlechts unzulässig ist bei Gütern und Dienstleistungen, die der | |
Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, inklusive Wohnraum. | |
Bislang bezieht sich dieses Verbot „aus Gründen der Rasse oder wegen der | |
ethnischen Herkunft, wegen des Geschlechts, der Religion, einer | |
Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität“ nur auf | |
privatrechtliche Versicherungen und sogenannte Massengeschäfte. | |
Massengeschäfte sind nach dem AGG Geschäfte, die in der Regel ohne Ansehen | |
der Person zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen | |
geschlossen werden. Das können zum Beispiel Telefontarife sein oder | |
Einkäufe im Supermarkt. Da Mietverträge bei Vermietern mit nicht mehr als | |
50 Wohnungen normalerweise nicht als Massengeschäfte gelten, greift hier | |
bisher kein besonderer Schutz. | |
## Brüssel verlangte Änderungen | |
Die Beschränkung des Diskriminierungsverbots auf Massengeschäfte hat die | |
Brüsseler EU-Kommission bemängelt und 2015 ein Verfahren wegen Verletzung | |
der EU-Verträge gegen Deutschland eingeleitet – allerdings nur bei | |
Diskriminierung wegen des Geschlechts. Und nur in diesem Bereich will die | |
Bundesregierung das AGG nun anpassen, womit sie auch Transpersonen besser | |
schützen will. | |
Ataman erklärte, es sei sinnvoll, die Rechte von Frauen zu stärken, die | |
beim Zugang zu Dienstleistungen und Gütern benachteiligt würden. „Es ist | |
aber fragwürdig, warum die Verbesserung nur für Diskriminierungen aufgrund | |
des Geschlechts gelten soll. So müsste ein Vermieter, der sich sexistisch | |
verhält, Konsequenzen fürchten – nicht aber derjenige, der sagt „Keine | |
Vermietung an Juden“ oder „Muslime“.“ Die Reform dürfe in dieser Form … | |
vom Bundestag verabschiedet werden. | |
Ataman forderte die von SPD, Grünen und FDP im Koalitionsvertrag | |
vereinbarte Reform des AGG ein. „Das deutsche Antidiskriminierungsrecht ist | |
im internationalen Vergleich sehr schwach. Konkret braucht es längere | |
Meldefristen im AGG, bessere Möglichkeiten, sich gegen Diskriminierung zu | |
wehren und ein Verbot von Diskriminierung durch Ämter, Behörden und die | |
Polizei. Nichts davon ist aktuell vorgesehen.“ | |
9 Oct 2024 | |
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[1] /Brandbrief-fuer-Diskriminierungsschutz/!5992527 | |
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