| # taz.de -- Arbeitsbedingungen in Kitas: Quo vadis, Berliner Kita? | |
| > Die Situation in den landeseigenen Kitas ist seit einem Streikverbot | |
| > unverändert (schlecht). Wie soll es nun weitergehen? | |
| Bild: Im Kita-Alltag ist es selten so leer – es sei denn die Einrichtung muss… | |
| Berlin taz | Selbst an den kinderlosen Berliner:innen dürfte das Thema | |
| in den letzten Wochen nicht vorbeigegangen sein: Die landeseigenen Kitas | |
| stecken in der Krise. Doch darüber, wie groß die Krise ist und wie sie | |
| gelöst werden kann, gibt es weiterhin Uneinigkeit. Die pädagogischen | |
| Fachkräfte und die Gewerkschaft Verdi sprechen bei einer Pressekonferenz am | |
| Donnerstag von „institutioneller Kindeswohlgefährdung“. Wiederholt | |
| verweisen sie darauf, dass die Leidtragenden der [1][katastrophalen | |
| Arbeitsbedingungen] vor allem die Kita-Kinder seien. | |
| Für Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) sind diese Zustände | |
| eher Einzelfälle und kein „Flächenbrand“, wie sie bereits im September | |
| betonte. Seitdem beklagen beide Seiten die mangelnde Gesprächsbereitschaft | |
| des jeweils anderen. | |
| Die Stimmung zwischen der Gewerkschaft und dem Bildungssenat sei | |
| „freundlich, aber hart in der Sache“, sagte Verdi-Landesbezirksleiterin | |
| Andrea Kühnemann bei ihrer Pressekonferenz. Verdi habe die | |
| Bildungssenatorin am Montag zu einem runden Tisch eingeladen, eine Antwort | |
| sei in den nächsten Tagen zu erwarten. Für die Senatsverwaltung stellt sich | |
| die Situation etwas anders dar. Sie selbst, und nicht etwa Verdi, hätten | |
| eine Einladung ausgesprochen und würden diese auch zeitnah versenden, | |
| lautete die Antwort auf eine taz-Anfrage. | |
| Für Verdi ist in jedem Fall eine Voraussetzung für die Gespräche, dass auch | |
| pädagogische Fachkräfte mit am Tisch sitzen. Denn die Erzieher:innen in | |
| den rund 280 landeseigenen Kitas vermissen vom Senat ernsthaftes Interesse | |
| an ihren Problemen, dabei hatten sie sogar eine kollektive | |
| Gefährdungsanzeige an die Politik geschrieben. | |
| Punktuelles Problem? | |
| Kita-Leiterin Birgit Onischke verwies bei der Pressekonferenz am Donnerstag | |
| auf hohe Burn-Out-Quoten infolge der inakzeptablen Betreuungssituation. | |
| „Das ist teilweise eine Fachkraft mit zehn bis 15 Kindern über drei | |
| allein“, sagte sie. Dass der Senat von punktuellen Problemen spricht, kann | |
| Onischke nicht nachvollziehen. | |
| Erst vergangene Woche hatte Günther-Wünsch den Kitaentwicklungsbericht 2024 | |
| vorgestellt. Mit insgesamt 197.300 Kitaplätzen gäbe es so viel Kapazitäten | |
| wie noch nie zuvor. Gleichzeitig sei die Zahl der Fachkräfte in den Kitas | |
| in den letzten fünf Jahren auf über 36.000 angestiegen. Damit ginge aus dem | |
| Bericht ein Betreuungsschlüssel von etwa eins zu fünf hervor. Für Verdi ist | |
| diese Rechnung fehlerhaft – sie berücksichtige weder Urlaube noch | |
| Krankheiten, Verwaltungstätigkeiten und Fortbildungen. | |
| ## Überlastung an der Tagesordnung | |
| Die Senatsverwaltung bestreitet das: Sie berücksichtigten diese Faktoren | |
| „selbstverständlich bei der Personalplanung“. Nun, Verdis Vorwurf an dieses | |
| Vorgehen lässt sich in etwa so zusammenfassen: Der Senat schaue nur in | |
| seine Excel-Tabellen und vernachlässige dabei die Berichte aus dem | |
| tatsächlichen Kita-Alltag. „Woher kommen diese Zahlen?“, wundert sich auch | |
| Kita-Leiterin Birgit Onischke. Und: „Wir erleben täglich etwas anderes.“ | |
| Überlastung sei an der Tagesordnung, kaum jemand könne mehr in Vollzeit in | |
| der Kita arbeiten. Die Belastung schlage sich auch im hohen Krankenstand | |
| nieder. Tatsächlich sind Berliner Erzieher:innen mit 35,7 Tagen im Jahr | |
| deutlich häufiger krank als der Durchschnitt, wie eine Studie der | |
| Bertelsmann-Stiftung kürzlich ergab. | |
| Weil sich diese Missstände in der Vergangenheit nicht änderten und keine | |
| konstruktiven Verhandlungen zwischen Senat und Verdi zustande kamen, | |
| wollten die Erzieher:innen Mitte Oktober [2][unbefristet streiken.] | |
| Doch das Landesarbeitsgericht untersagte diesen Streik in zweiter Instanz | |
| und ließ keine Revision zu. Der zuständige Richter argumentierte sein | |
| Urteil mit der Friedenspflicht, die bei Verhandlungen gegeben sei. Doch wie | |
| ist es derzeit um den Frieden rund um die Berliner Kitas bestellt? | |
| ## Gespräche statt Streik | |
| Unbefristete Warnstreiks seien momentan kein Thema mehr, sagte | |
| Bezirksleiterin Andrea Kühnemann am Donnerstag. Den Schritt zu wagen, sei | |
| trotz Niederlage vor dem Landesarbeitsgericht richtig gewesen. Schließlich | |
| hätten sich bei einer Urabstimmung fast 92 Prozent der Stimmberechtigten | |
| dafür ausgesprochen. „Was bliebt uns übrig, wenn sich die Arbeitgeberseite | |
| sich nicht bewegt?“, sagte Kühnemann. | |
| Bei einem runden Tisch wolle man nun erst einmal nicht über einen | |
| Tarifvertrag sprechen, sondern zunächst gemeinsame Daten und Fakten | |
| schaffen. Ziel sei es dann, eine sogenannte Mindestpersonalausstattung | |
| festzulegen. Diese Maßnahme sei ein erster Schritt, um den Missstand zu | |
| dokumentieren. Im zweiten Schritt sollen dann Gegenmaßnahmen gegen die | |
| Unterbesetzung festgelegt werden, hieß es von Verdi. | |
| Laut Senatsverwaltung seien auch sie bereit, „Maßnahmen zu entwickeln, die | |
| umsetzbar sind.“ Wie diese konkret aussehen sollen, könnte ein runder Tisch | |
| zeigen – sofern er denn zustande kommt. Bei der Verdi lautete die Botschaft | |
| am Donnerstag zumindest deutlich: „Liebe Politik, liebe Senatsverwaltung: | |
| Kommt ins Gespräch mit uns!“ | |
| 25 Oct 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Katharina Wulff | |
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