# taz.de -- Ramstein-Gipfel verschoben: Vom Winde verweht | |
> US-Präsident Biden sagt die Ukraine-Konferenz wegen des drohenden | |
> Hurrikans ab. Für den ukrainischen Präsidenten hätte es eine historische | |
> Woche werden sollen. | |
Bild: Eine Anwohnerin während eines russischen Drohnenangriffs in der Stadt Ch… | |
Berlin taz | Für den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sollte es | |
eigentlich eine „historische Woche“ werden. Eine Woche, in der er sich bei | |
den Verbündeten im Kampf gegen den Aggressor Russland eine Extraportion | |
Unterstützung für sein Land im Krieg abholen wollte. Allen voran beim | |
Präsidenten der wichtigsten Nato-Streitmacht: US-Präsident Joe Biden. | |
[1][Doch dann kam „Milton“], der Hurrikan – und die „historische Woche�… | |
verschwand in den Wehen des Sturms. | |
Biden muss als Krisenmanager in der Heimat sein, Lösungen für die Folgen | |
eines Sturms finden, durch den Tausende Menschen ihr Zuhause verlieren | |
werden, es Verletzte, vermutlich auch Tote geben wird. Ohnehin Pflicht für | |
einen Staatenlenker, in Wahlkampfzeiten kann auch nur der Hauch eines | |
Gefühls, dass die Bevölkerung im Stich gelassen wird, für herbe Verluste | |
sorgen, und schlimmstenfalls [2][Kamala Harris] den Sieg gegen | |
Herausforderer Donald Trump kosten. | |
Also sagte Biden am Dienstag seinen für Ende der Woche geplanten | |
Staatsbesuch in Deutschland ab. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier | |
hätte den US-Präsidenten am Freitag zum Staatsbankett getroffen, dann hätte | |
dieser unter vier Augen mit Bundeskanzler Olaf Scholz gesprochen. Am | |
Mittwoch wurde dann bekannt, dass auch alle anderen politischen Formate mit | |
dem US-Präsidenten nicht stattfinden werden. Dazu gehört ein Vierertreffen | |
mit Scholz, dem britischen Premier Keir Starmer und dem französischen | |
Präsidenten Emmanuel Macron in Berlin. | |
Zu besprechen gebe es viel: Die Beständigkeit einer transatlantischen | |
Freundschaft mit einer drohenden Amtszeit eines unberechenbaren Präsidenten | |
Donald Trump. Oder der Krieg im Nahen Osten, der droht zum Flächenbrand zu | |
werden. Die größte Aufmerksamkeit sollte aber der Krieg in der Ukraine | |
gegen Russland bekommen. | |
Selenskyj braucht Geld und Waffen | |
Das große Finale wäre eine hochkarätige Sicherheitsheitskonferenz in | |
Ramstein am Samstag gewesen. Die sogenannte Kontaktgruppe aus rund 50 | |
verbündeten Staaten trifft sich regelmäßig auf der US-Airbase in | |
Rheinland-Pfalz. Allerdings kommen zu dem Treffen hochrangige Militärs oder | |
Verteidigungsminister:innen, also Sicherheitsexpert:innen. | |
Dieses Mal sollte das Familienfoto eine besonders starke Symbolik bekommen | |
– mit Biden, Scholz, Starmer, Macron, dem kanadischen Premier Justin | |
Trudeau, der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, mit dem | |
polnischen Präsidenten Andrzej Duda. | |
Letztere wären übrigens gerne auch beim Vierertreffen in Berlin dabei | |
gewesen und zeigten sich entsprechend verschnupft im Vorfeld. Man würde | |
sich ja wenige Stunden später in Ramstein sehen, hieß es aus Berlin um | |
Reibungen vorzubeugen. Mittendrin im Reigen der Staats- und Regierungschef | |
der ukrainische Präsident Selenskyj, der sich Bidens Abschiedsgeschenk | |
abholen wollte. Nach dem Motto: Das ist alles, was ich für dich noch tun | |
kann. Selenskyj braucht Geld für den Wiederaufbau seines Landes, braucht | |
Waffen und Kriegsgerät, um die Front zu halten, und er muss sich auf | |
Partner verlassen, die ihn [3][bei seinem „Siegesplan“] unterstützen. | |
Bislang kennt diesen nur Biden, in Ramstein sollten alle von diesem Plan | |
erfahren. | |
Auch für den ukrainischen Präsidenten ist die US-Wahl im November [4][ein | |
kniffliges Datum], das über weitere Hilfen für ihn und sein Land | |
entscheidet – und vor allem darüber, wie ein Frieden zwischen Russland und | |
der Ukraine aussehen könnte. Der Weg dorthin ist gespickt mit | |
unterschiedlichsten Interpretationen mit viel Spielraum. Unter einer | |
US-Administration Trump wird der Druck auf Selenskyj wohl steigen, dass die | |
Ukraine von Russland besetztes Territorium abgibt. Im Gegenzug würde es | |
vermutlich Sicherheitsvereinbarungen geben. | |
Die Bundesregierung betont, dass sie einen gerechten und dauerhaften | |
Frieden für die Ukraine will. „Friedhofsruhe“ oder einen „Diktatfrieden�… | |
wolle man nicht, und schon gar nichts werde ohne die Ukraine entschieden. | |
Man hält an den Formaten fest, die in Kopenhagen oder im Sommer auf dem | |
Bürgenstock in der Schweiz vereinbart wurden. Vertreter:innen des | |
Globalen Süden sollen ihren Einfluss gelten machen, Gespräche für einen | |
echten Frieden schließen Russland und China ein. Insgesamt braucht es eine | |
diplomatische Lösung und dafür eine Verhandlungsbasis auf Augenhöhe. | |
Während im Sommer in der Schweiz noch vollmundig von einer zweiten | |
„Ukraine-Friedenskonferenz“ im November dieses Jahres gesprochen wurde, | |
scheint der Anspruch, noch 2024 zusammenzukommen, vom Tisch zu sein. | |
Ramstein an diesem Samstag hätte hohe Symbolkraft gehabt, vermutlich wäre | |
für Selenskyj ein weiteres Waffenpaket herausgesprungen, viel öffentlicher | |
Zuspruch, ein Zeichen der Geschlossenheit gegenüber Russland. Jetzt will | |
der ukrainische Präsident zumindest am Freitag nach Berlin reisen. | |
Gleichzeitig waren keine großen Schritte in Richtung Nato-Beitritt der | |
Ukraine eingeplant, weitere Sicherheitsgarantien oder gar die Zusage der | |
Verbündeten, westliche Langstreckenwaffen auf russischem Territorium | |
einzusetzen. Im Wettlauf der Krisen, sei es der Krieg in Nahost oder | |
Naturkatastrophen wie der Hurrikan, hat die Ukraine dieses Mal den Kürzeren | |
gezogen. | |
9 Oct 2024 | |
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## AUTOREN | |
Tanja Tricarico | |
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