# taz.de -- Kampagne für legale Abtreibungen: Bündnis will die Ampel treiben | |
> Mit der Kampagne „Abtreibung legalisieren – jetzt!“ will ein Bündnis | |
> Druck machen: Die Bundesregierung soll den Strafrechtsparagrafen 218 | |
> streichen. | |
Bild: Weg damit: Protest im September 2023 in Berlin | |
Berlin taz | „Schwangerschaftsabbrüche im Strafrecht zu regeln, führt nur | |
dazu, dass sie unsicher sind“, sagte die Juristin Valentina Chiofalo am | |
Montag beim Start der Kampagne „Abtreibungen legalisieren – jetzt!“ in | |
Berlin. Das Bündnis, das die Kampagne entwickelt hat, setzt sich aus | |
feministischen und gesundheitspolitischen Initiativen wie „Doctors for | |
Choice“ und „Women on Web“ zusammen. Sie alle fordern die Streichung des | |
[1][Abtreibungsparagrafen 218]. | |
Die Bundesregierung hatte eine Kommission aus Expert*innen beauftragt, | |
sich mit der Frage der Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüche | |
auseinanderzusetzen. [2][Im April legte die Kommission ihren Bericht vor]. | |
„Danach kam vor allem erst mal nichts“, sagte Leonie Weber, | |
Mitorganisatorin der Kampagne. Weber kündigte an, dass in den nächsten | |
Monaten bundesweit verschiedene Aktionen geplant seien, um auf das Problem | |
aufmerksam zu machen. Zum Abschluss der zwölfwöchigen Kampagne sind Anfang | |
Dezember Demonstrationen in Berlin und Karlsruhe vorgesehen. | |
Martina Zilezinski arbeitet bei der Schwangerschaftsberatungsstelle | |
Balance. „Wir haben 2023 ungefähr 850 Schwangerschaftskonfliktberatungen | |
gemacht“, so Zilezinski. Von diesen Frauen sei mehr als die Hälfte fest zu | |
einem Abbruch entschlossen gewesen. „Wir würden uns wünschen, dass es statt | |
einer Beratungspflicht ein Beratungsangebot gibt.“ Bislang müssen Frauen, | |
die abtreiben wollen, ein Beratungsgespräch wahrnehmen und eine dreitägige | |
Bedenkzeit verstreichen lassen, bevor eine Abtreibung durchgeführt werden | |
kann. | |
Mandy Mangler ist Chefärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe. Sie sagte | |
auf der Pressekonferenz, dass „sowohl die Patientinnen als auch die | |
behandelnden Ärzt*innen Stigmatisierung erfahren“. | |
## Medizinische Leistung, nicht Straftat | |
Sie verstehe, wieso viele Ärzt*innen keine Schwangerschaftsabbrüche | |
anbieten: „Wer will schon einen Teil seiner Arbeit im Strafgesetzbuch | |
zwischen Mord und Totschlag finden“, sagte die Ärztin der taz. In der | |
Konsequenz sei es in vielen Regionen schwierig, einen Ort zu finden, an dem | |
[3][Schwangerschaftsabbrüche] durchgeführt werden. Sie wünsche sich, dass | |
Abbrüche nicht als Straftat, sondern als medizinische Leistung angesehen | |
werden. | |
Das Bündnis fordert zudem, dass Abtreibungen künftig von den Krankenkassen | |
bezahlt werden. Bislang werden die Kosten nur dann übernommen, wenn die | |
Frau sozial bedürftig ist. | |
Jascha Anders hat die Kampagne mitorganisiert. Sie selbst sei vor ein paar | |
Jahren ungewollt schwanger geworden. Sie habe sich entschieden, ihr Kind zu | |
behalten, betont aber: „Das war eine sehr prägende Erfahrung.“ Sie habe | |
sich mit dem Prozess, den Schwangere durchlaufen müssen, wenn sie abtreiben | |
wollen, auseinandergesetzt: „Diesen Weg soll niemand gehen müssen“, sagte | |
Anders der taz. | |
Grüne und SPD begrüßen die zivilgesellschaftliche Initiative. Die | |
stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Maria Klein-Schmeink, | |
sagte, dass [4][laut Umfragen ein Großteil] der Menschen in Deutschland für | |
eine Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen sei. Die Frage sei nun, | |
wie man für die Legalisierung im Bundestag Mehrheiten finde. Vergangene | |
Woche hatten die Grünen in einem Fraktionsbeschluss festgehalten, die | |
Empfehlungen der Sachverständigenkommission umsetzen zu wollen. In dem | |
Beschluss heißt es: „Wir wollen das Selbstbestimmungsrecht von Frauen | |
stärken und setzen uns für eine differenzierte Regelung des | |
Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafgesetzbuches ein.“ | |
Die frauenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Leni Breymaier, sagte der | |
taz, SPD und Grüne seien klar, aber „die FDP will beim Thema | |
Schwangerschaftsabbrüche nicht“. Sie blockiert die Legalisierung bislang. | |
Auch die Union sehe keinen Änderungsbedarf, lobe den angeblichen | |
gesellschaftlichen Kompromiss in der Frage bei jeder sich bietenden | |
Gelegenheit und verkenne dabei völlig die unterirdische Versorgungslage der | |
Betroffenen in Deutschland, so Breymaier. „Wir brauchen jetzt eine | |
fraktionsübergreifende Initiative zum Thema. Denn ich kann nicht erkennen, | |
dass durch Zuwarten irgendetwas besser wird“, so Breymaier. | |
16 Sep 2024 | |
## LINKS | |
[1] /SPD-Vorstoss-zu-Schwangerschaftsabbruechen/!6019917 | |
[2] /Abtreibungen-in-Deutschland/!6001744 | |
[3] /Schwangerschaftsabbrueche-in-Deutschland/!6000620 | |
[4] /Umfrage-zu-Abtreibungen-in-Deutschland/!6004352 | |
## AUTOREN | |
Marie Sophie Hübner | |
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