# taz.de -- Artschool-Band What Are People For?: Kriminelle halten auch Nickerc… | |
> Die Münchner Artschoolband What Are People For? besticht mit ihrem Faible | |
> für eingängige Refrains und wilde Experimente. Nun kommt eine neue | |
> Single. | |
Bild: Baggern was weg: What Are People For? aus München kreuzen Artschool mit … | |
„Someday we will all be rich/I promise“, bald sind wir alle reich. Dieses | |
Versprechen machen What Are People For? im neuen Song „criminals r | |
snoozing“. Wer das Quartett What Are People For? kennt, hört daraus | |
beißende Ironie und Kritik an den bestehenden kapitalistischen | |
Verhältnissen. „Criminals r snoozing“ ist einer der ersten neuen Songs, die | |
die Vier aus München seit ihrem 2022 veröffentlichtem [1][Debütalbum „What | |
Are People For?“] herausbringen. | |
Gewachsen aus der Zusammenarbeit der Performancekünstlerin und Musikerin | |
Anna McCarthy und der Keyboarderin Manuela Rzytki, ist What Are People For? | |
die extravaganteste Spoken-Word-Postwave-Band der bayrischen | |
Landeshauptstadt. Gemeinsam mit Sängerin Paulina Nolte und [2][Schlagzeuger | |
Tom Wu] gestalten sie einen Sound mit viel Groove und Punkattitüde. Er | |
bricht die großen Fragen der Menschheit auf griffige Musik herunter. | |
Ihre spröden Songtexte liefern zwar keine Antworten, doch fühlt man sich | |
zumindest etwas weniger allein, wenn What Are People For? darin menschliche | |
Ängste schmerzlich akkurat, aber humorvoll entlarven. Die Band beschreibt | |
ihren Stil selbst als „Lovechild“ aus [3][der Provohaltung der britischen | |
Industrialband Throbbing Gristle] und dem scheinbar naiven Rap der New | |
Yorker Band Tom Tom Club, einem Seitenprojekt der Talking Heads. | |
## Bad Banks und Böse Jungs | |
Mit „Criminals r snoozing“ üben WAPF auch Kritik an „Bad banks/Bad boys/… | |
money“. Man muss sie sich dabei vorstellen, wie sie lethargisch auf dem | |
Bett liegen und Konsumgut im Netz bestellen, das sie nicht brauchen. Nach | |
den selbstironischen Zeilen folgt ein sanfter Refrain, der in mehrstimmiger | |
Harmonie den Titel des Songs wiederholt – bewusst langsam, dem rasenden | |
Tempo des Kapitalismus entgegen. | |
„Illusions“ schlägt einen anderen Ton an. Was zunächst als leises | |
Gitarrenriff beginnt, wird zur rauchigen Neuinterpretation des | |
gleichnamigen Cypress Hill Songs von 1996. „Some people can fuck off and go | |
to hell“, rappen WAPF über die Melodie und überraschen dann mit der | |
spanischen Übersetzung einiger Verse. „Si me cruzas a mi/Yo te mato“ zu | |
Deutsch etwa: Komm mir nicht in die Quere/Sonst wars das für dich. | |
Die Zeilen ergänzen den englischen Refrain um rauen Rap, der in seiner | |
melodischen Intonation beinahe die Gewalt der Songtexte verbirgt. Für | |
„Illusions“ holten WAPF [4][die Acher-Brüder Markus und Micha ins Boot, die | |
als The Notwist und Gründer des Alien Transistor Labels] bekannt sind. In | |
ihren Händen wird der Cypress-Hill-Klassiker zur Rapballade und drückt die | |
Widersprüchlichkeit aus, sich missverstanden zu fühlen, aber gleichzeitig | |
Leute von sich zu weisen. | |
Im Vergleich zum tanzbar-psychedelisch anmutendem Debütalbum wohnt | |
„Criminals/Illusions“ ungeahnte Schwere inne. Statt mit dystopischer Disko | |
zum Tanzen zu verleiten, regen Musik und Texte zum nachdenklichen Mitnicken | |
an. Sie lassen Raum für eine Auseinandersetzung mit den Worten. | |
Beim Pop-Kultur-Festival in Berlin kommende Woche werden What Are People | |
For? garantiert beides ermöglichen: Tanzen und Nachdenken. Dazu die | |
exzentrische Bühnenpräsenz mit Anna McCarthys Bienenkorbhut und Sixties | |
Nostalgie. Es ist zu erwarten, dass der Abend sowohl seltsam als auch | |
wundervoll wird. | |
27 Aug 2024 | |
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## AUTOREN | |
Ilo Toerkell | |
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