# taz.de -- Bilanz nach „Rainbow Gathering“ im Harz: Kacke statt Liebe | |
> Die Behörden sind nach dem illegalen Hippie-Camp sauer. Und üben ein | |
> bisschen Selbstkritik dafür, dass sie die Arbeit der Presse behindert | |
> haben. | |
Bild: Friedlich aber illegal: eine Teilnehmerin des Zeltlagers „Rainbow Gathe… | |
Göttingen taz | Das „Rainbow Gathering 2024“, das diesjährige Jahrestreff… | |
von Freaks und Hippies aus mehreren Dutzend Ländern, geht zu Ende. Während | |
die meisten der rund 1.500 Teilnehmenden nach dem rund drei Wochen | |
dauernden Camp im [1][Harz] abgereist sind und am Mittwoch nur noch eine | |
Nachhut mit Müllsammeln und dem Zuschütten von Feuerstellen beschäftigt | |
war, haben die Behörden ihr Vorgehen gegen das Biwak bilanziert – und dabei | |
auch etwas Selbstkritik geübt. | |
[2][Mitte August] hatte die „Rainbow Family“ in einem | |
Landschaftsschutzgebiet zwischen Bad Grund und Buntenbock Zelte | |
aufgestellt, Hängematten aufgespannt, eine Küche aufgebaut und Feuerstellen | |
angelegt. Illegal, wie die Landkreise Göttingen und Goslar, auf deren | |
Gebiet das Camp lag, betonten. In dem Schutzgebiet seien „wildes Campen“ | |
und offenes Feuer verboten. Die Vollmondnacht vom 19. auf den 20. August | |
wollten die Rainbow-Leute an einem großen „Ritualfeuer“ feiern. Außerdem, | |
so die Kreisverwaltungen, hätten die Camper mit der Blockade von Rettungs- | |
und Fluchtwegen massiv und wiederholt gegen weitere rechtliche Bestimmungen | |
verstoßen. | |
Am 13. August verfügten die Behörden deshalb ein Betretungs- und | |
Aufenthaltsverbot für das rund 200 Hektar große Gelände. Zu mehreren | |
Einsätzen rückten teils Hunderte Polizisti:innen, Feuerwehrleute und andere | |
Dienste aus. Dabei seien „70 Zelte respektive zeltähnliche Gegenstände | |
konfisziert, 97 Fahrzeuge abgeschleppt, mehrere Feuer gelöscht und | |
unzählige Ansprachen und Durchsagen gemacht“ worden, berichteten am | |
Mittwoch Goslars Oberkreisdirektor Alexander Saipa und Göttingens | |
Kreisrätin Marlies Dornieden. | |
Von Erfolg gekrönt waren die Ansagen aus Behördensicht aber nicht. „Was wir | |
hier über fast den gesamten August erleben mussten, stimmt mich | |
ausgesprochen ärgerlich“, sagte Saipa. Die Rainbow-Family habe „mit einer | |
unnachahmlichen Renitenz gegen die gesetzlichen Regelungen sowie Verbote | |
und Aufforderungen der Behörden verstoßen und sich ausgesprochen flegelhaft | |
und fahrlässig verhalten“. | |
In dem Waldgebiet sei „massiv viel Müll verursacht, tonnenweise Notdurft in | |
der Natur hinterlassen und durch illegale Feuerstellen eine mitunter nicht | |
zu kontrollierende Gefahr für Leib und Leben produziert“ worden. Saipa | |
bezweifelt, „dass wir uns auf die angekündigten Aufräumaktionen im | |
Nachgang wirklich verlassen können“. | |
Eine Auflösung des Zeltlagers war für die Landkreise gleichwohl keine | |
Option. Bei staatlichen Handlungen müsse stets der Grundsatz der | |
Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben, hieß es. Eine Räumung sei auch mit | |
Blick auf die Größe des Areals unrealistisch gewesen. Eine solche Fläche | |
lasse sich auch nicht vollständig abriegeln, „um ein erneutes Eindringen zu | |
verhindern“. Zahlreiche Rainbows müssten in den nächsten Wochen aber mit | |
Post aus Goslar und Göttingen rechnen. Insgesamt haben die Behörden 110 | |
Bußgeldverfahren eingeleitet. | |
Die Berichterstattung über das Camp war namentlich vom Kreis Göttingen | |
erheblich erschwert worden. Er hatte in seiner Allgemeinverfügung ein | |
Betretungsverbot auch für Journalisten ausgesprochen. Ein Reporter | |
berichtete, die Leiterin der Kreis-Pressestelle habe ihm vor Ort das | |
Betreten des Gebietes untersagt – und ihn stattdessen zu Polizisten | |
geführt, die seine Personalien aufnahmen. | |
Der Kreis wies Fotograf:innen auch darauf hin, dass Aufnahmen aus der | |
Sperrzone illegal seien. Im Falle einer Veröffentlichung wurde ihnen ein | |
Ordnungswidrigkeitsverfahren und ein Bußgeld von 5.000 Euro angedroht. | |
Stattdessen wurden den Medien Fotos angeboten, die ein Fotograf im Auftrag | |
der Behörden gemacht hatte. | |
Der Deutsche Journalisten-Verband ([3][DJV]) in Niedersachsen übte scharfe | |
Kritik an dem Vorgehen. „Bei allem Verständnis für Sicherheit und | |
Naturschutz darf die Berichterstattung bei polizeilichen Maßnahmen nicht | |
komplett unterbunden werden“, sagte Landesgeschäftsführerin Christiane | |
Eickmann. | |
Saipa und Dornieden erklärten, sie hätten die Situation „im Hinblick auf | |
die Arbeit der Pressevertretungen falsch eingeschätzt“. Beiden | |
Kreisverwaltungen sei „viel daran gelegen, die Öffentlichkeit gemäß ihrer | |
gesetzlichen Verpflichtung transparent und umfassend mit Informationen | |
sowie weiteren Medieninhalten zu versorgen“. | |
6 Sep 2024 | |
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## AUTOREN | |
Reimar Paul | |
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