# taz.de -- +++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Raketenangriff auf Golanhöhen | |
> Ein Geschoss iranischer Bauart reißt am Samstagabend mindestens zwölf | |
> Menschen in den Tod. Israel antwortet in der Nacht mit neuen Angriffen. | |
Bild: Auf einem Fußballplatz in Majdal Shams, einem drusischen Dorf in den von… | |
## Raketenangriff auf Golanhöhen beschwört Kriegsgefahr herauf | |
Ein Raketenangriff auf den israelisch besetzten Golanhöhen mit zwölf Toten | |
droht Israel und die libanesische Schiiten-Miliz Hisbollah an den Rand | |
eines offenen Kriegs zu bringen. Israel macht die Hisbollah für den Angriff | |
verantwortlich und griff nach Angaben seines Militärs noch in der Nacht | |
eine Reihe von Terrorzielen der Miliz im Libanon an. Unter den Zielen | |
hätten sich auch Waffenlager sowie terroristische Infrastruktur befunden, | |
teilte das israelische Militär bei Telegram mit. Dazu veröffentlichte es | |
Videoaufnahmen, die die Angriffe zeigen sollen. Die Angaben ließen sich | |
nicht unabhängig prüfen. | |
Zuvor waren am Abend bei einem Raketenangriff in der Ortschaft Madschd | |
al-Schams auf den Golanhöhen mindestens zwölf Menschen im Alter von 10 bis | |
20 Jahren, die meisten von ihnen Kinder und Jugendliche, ums Leben | |
gekommen. Eine Rakete iranischer Bauart schlug dort auf einem belebten | |
Fußballplatz ein. Die Hisbollah teilte in einer Erklärung mit, man habe mit | |
dem Angriff nichts zu tun. | |
Der Vorfall löste international Angst vor einer Eskalation der Gewalt in | |
der Region aus. UN-Vertreter riefen beide Parteien nachdrücklich zu | |
„größtmöglicher Zurückhaltung“ auf. Auch die USA und die EU verurteilten | |
den Angriff. (dpa) | |
## Netanjahu droht mit Vergeltung | |
Israels Präsident Izchak Herzog zeigte sich entsetzt über den Angriff auf | |
den Golanhöhen. „Die Terroristen der Hisbollah haben heute Kinder brutal | |
angegriffen und ermordet, deren einziges Verbrechen darin bestand, Fußball | |
zu spielen“, schrieb er auf X. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu drohte | |
umgehend mit Vergeltung. „Die Hisbollah wird einen hohen Preis dafür | |
bezahlen, einen Preis, den sie bislang noch nicht bezahlt hat“, sagte | |
Netanjahu nach Angaben seines Büros. | |
Der Regierungschef wollte am Sonntag nach seiner Rückkehr aus den USA das | |
Sicherheitskabinett einberufen, hieß es weiter. Netanjahu hatte in den USA | |
eine Rede vor dem Kongress gehalten und US-Präsident Joe Biden, | |
Vizepräsidentin Kamala Harris und Ex-Präsident und Präsidentschaftskandidat | |
Donald Trump getroffen. Seine Abreise aus Washington zog er um mehrere | |
Stunden vor. | |
Die Hisbollah wies die Vorwürfe, Madschd al-Schams angegriffen zu haben, | |
kategorisch zurück. Der israelische Armeesprecher Daniel Hagari bezeichnete | |
dies als eine „Lüge“. Bei dem Geschoss habe es sich um eine iranische | |
Rakete vom Typ Falak-1 gehandelt, die nur die Hisbollah verwende. Das | |
hätten forensische Untersuchungen ergeben. Die Schiiten-Miliz wird vom Iran | |
unterstützt und teilt dessen israelfeindliche Haltung. „Die Hisbollah | |
steckt hinter dieser Katastrophe und muss die Konsequenzen tragen“, sagte | |
Hagari. (dpa) | |
## Expertin hält Fehlschuss für möglich | |
Die israelische Militärexpertin Sarit Zehavi verwies darauf, dass die | |
Schiiten-Miliz zuvor Angriffe auf eine israelische Militärbasis auf dem | |
Berg Hermon für sich reklamiert habe. „Es ist sehr leicht, die Basis auf | |
dem Berg Hermon mit ungenauen Raketen, wie etwa der Falak, zu verfehlen“, | |
meinte sie. Madschd al-Schams liege unmittelbar darunter. | |
Die Hisbollah richtet sich indes nach eigenen Angaben auf einen | |
möglicherweise schweren Angriff Israels ein. „Wir sind seit Monaten in | |
Bereitschaft und halten Ausschau nach jeglichem Angriff des Feindes“, | |
erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Kreisen der Miliz. „Dies ist nichts | |
Neues, wir sind in ständiger Bereitschaft.“ Jetzt erwarte man einen | |
möglicherweise „harten Angriff“, hieß es den Kreisen zufolge. | |
In der US-Regierung nähre der Raketenangriff Befürchtungen, dass ein | |
offener Krieg zwischen Israel und der Hisbollah ausbrechen könnte, schrieb | |
der gut vernetzte israelische Journalist Barak Ravid im US-Portal „Axios“. | |
„Was heute geschehen ist, könnte der Auslöser werden von dem, was wir seit | |
zehn Monaten befürchten und zu verhindern versuchen“, zitierte Ravid einen | |
US-Regierungsbeamten. Die USA sind Israels wichtigster Verbündeter. | |
Amerikanische und französische Diplomaten bemühen sich seit Monaten um eine | |
Entspannung des Konflikts zwischen Israel und der Schiiten-Miliz. | |
„Wir fordern die Parteien nachdrücklich auf, größtmögliche Zurückhaltung… | |
üben und die anhaltenden heftigen Feuergefechte zu beenden“, hieß es in | |
einer gemeinsamen Mitteilung des Chefs der UN-Friedenstruppe im Libanon, | |
Aroldo Lázaro, und der Sonderkoordinatorin für das Land, Jeanine | |
Hennis-Plasschaert. Die Kämpfe „könnten einen größeren Flächenbrand | |
entfachen, der die gesamte Region in eine unvorstellbare Katastrophe | |
stürzen würde“, warnten die beiden UN-Vertreter. (dpa) | |
## USA stehen „eisern“ und „unerschütterlich“ zu Israel | |
Ein Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates der USA verurteilte den | |
Raketenangriff und versicherte in einer Mitteilung: „Unsere Unterstützung | |
für Israels Sicherheit gegen alle vom Iran unterstützten Terrorgruppen, | |
einschließlich der libanesischen Hisbollah, ist eisern und | |
unerschütterlich.“ Der deutsche Botschafter in Israel, Steffen Seibert, | |
sprach auf X von einem „schmerzhaften Abend“ und forderte: „Diese | |
mörderischen Angriffe müssen aufhören.“ Der EU-Außenbeauftragte Josep | |
Borrell zeigte sich über den Angriff schockiert. „Wir rufen alle Seiten zu | |
äußerster Zurückhaltung und zur Vermeidung jeglicher weiterer Eskalation | |
auf“, teilte er auf X mit. | |
Der Raketenangriff traf einen Ort, in dem vor allem arabischsprachige | |
Drusen leben. Die Religionsgemeinschaft ist im 11. Jahrhundert aus dem | |
schiitischen Islam hervorgegangen und siedelt heute vor allem in Syrien, | |
dem Libanon, Israel und Jordanien. In den jeweiligen Ländern legen ihre | |
Angehörigen Wert auf inneren Zusammenhalt und Loyalität zum jeweiligen | |
Staat. In Israel dienen viele Drusen freiwillig in der Armee. | |
Seit Beginn des Gaza-Kriegs im vergangenen Oktober liefern sich die | |
Hisbollah und Israels Armee nahezu täglich Gefechte. Der Raketenangriff auf | |
den Golanhöhen folgte auf einen israelischen Angriff im Dorf Kfar Kila nahe | |
der libanesisch-israelischen Grenze, bei dem nach Angaben der Hisbollah | |
vier ihrer Mitglieder getötet wurden. Die vom Iran unterstützte Miliz | |
handelt aus Solidarität mit der Hamas, die auch im Libanon aktiv ist. (dpa) | |
## Gespräche über Waffenruhe im Gaza-Krieg in Rom | |
Die indirekten Gespräche über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg und eine | |
Geiselfreilassung sollten unterdessen am Sonntag in Rom weitergehen. Die | |
Hoffnungen auf Fortschritte bei den Gesprächen, bei denen die USA, Katar | |
und Ägypten vermitteln, halten sich in Grenzen. Zuletzt hatte Netanjahu | |
zusätzliche Bedingungen für einen Deal formuliert, die für die Hamas | |
inakzeptabel sein dürften. | |
Auslöser des Gaza-Kriegs war das beispiellose Massaker mit 1.200 Toten, das | |
die Islamisten der Hamas zusammen mit anderen Gruppen aus dem Gazastreifen | |
am 7. Oktober des Vorjahres im Süden Israels begangen hatten. Bei einem | |
israelischen Luftangriff auf ein Schulgebäude in Deir al-Balah wurden am | |
Samstag nach palästinensischen Angaben mindestens 30 Menschen getötet. Das | |
israelische Militär erklärte, dort eine Kommandozentrale der Hamas | |
angegriffen zu haben. (dpa) | |
## Israels Armee bereitet Reaktion gegen Hisbollah vor | |
Nach Raketenbeschuss aus dem Libanon auf die von Israel annektierten | |
Golanhöhen mit zwölf Toten hat das israelische Militär eine gegen die | |
libanesische Hisbollah-Miliz gerichtete „Reaktion“ angekündigt. „Wir wer… | |
uns auf eine Reaktion gegen die Hisbollah vorbereiten, wir werden unsere | |
Auswertungen abschließen und wir werden handeln“, gab Militärsprecher | |
Daniel Hagari am Samstag an. Er sprach von dem Beschuss als „tödlichstem | |
Angriff gegen israelische Zivilisten seit dem 7. Oktober“. | |
Nach israelischen Angaben waren am Samstag mehrere Orte auf den Golanhöhen | |
von aus dem Libanon abgefeuerten Raketen getroffen worden. Bei einem | |
direkten Treffer des Ortes Madschdal Schams wurden laut dem israelischen | |
Rettungsdienst Magen David Adom mindestens zehn Menschen getötet. 19 | |
weitere Menschen seien verletzt worden. | |
Die israelische Armee erklärte, die vom Iran unterstützte Hisbollah-Miliz | |
im Libanon stecke hinter dem Raketenbeschuss. Die Hisbollah wies dies indes | |
zurück. „Der Islamische Widerstand hat keine Verbindung zu diesem Vorfall“, | |
gab die Hisbollah in Bezug auf ihren militärischen Flügel an. | |
Die libanesische Regierung verurteilte am Samstag „alle Akte der Gewalt und | |
Aggression gegen Zivilisten“. „Zivilisten anzugreifen ist ein eklatanter | |
Verstoß gegen das Völkerrecht und widerspricht den Grundsätzen der | |
Menschlichkeit“, hieß es. | |
Die israelische Armee erklärte, dass Hubschrauber, Krankenwagen und mobile | |
Intensivstationen vor Ort in Madschdal Schams im Einsatz seien. Wie ein | |
Korrespondent der Nachrichtenagentur AFP beobachtete, brachten Sanitäter | |
Verletzte auf Tragen fort von der Einschlagsstelle der Rakete zur | |
Behandlung. (afp) | |
## Hisbollah rechnet mit möglichem „harten Angriff“ Israels | |
Nach dem tödlichen Raketenangriff auf den von Israel besetzten Golanhöhen | |
wartet die libanesische Hisbollah auf einen möglicherweise schweren Angriff | |
Israels. „Wir sind seit Monaten in Bereitschaft und halten Ausschau nach | |
jeglichem Angriff des Feindes“, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus | |
Kreisen der Hisbollah. „Dies ist nichts Neues, wir sind in ständiger | |
Bereitschaft.“ Jetzt erwarte man einen möglicherweise „harten Angriff“, | |
hieß es den Kreisen zufolge. | |
Libanesische Medien berichteten, die Miliz habe in Erwartung eines | |
möglichen israelischen Angriffs rund 100 ihrer Posten in Vororten südlich | |
der Hauptstadt Beirut geräumt. In diesen Gegenden ist die Hisbollah | |
besonders aktiv. Hier könnte Israels Armee auch angreifen, sollte sie einen | |
besonders schweren und erschütternden Gegenangriff landen wollen. | |
Neben dem fast täglichen Beschuss im Grenzgebiet und tiefer im | |
Landesinneren hat Israels Armee in den vergangenen Monaten auch mehrfach | |
gezielt Hisbollah-Kommandeure getötet. In einem südlichen Stadtteil Beiruts | |
wurde bei einem mutmaßlich israelischen Drohnenangriff im Januar zudem der | |
zweithöchste Anführer der islamistischen Hamas im Ausland, Saleh al-Aruri, | |
getötet. (dpa) | |
## Schwere Kämpfe bereits in den vergangenen Monaten | |
Schon in vergangenen Monaten lieferten sich die Hisbollah und Israels Armee | |
die schwersten Kämpfe seit dem zweiten Libanon-Krieg 2006. Eine weitere | |
Ausweitung der Kämpfe zu einem umfassenden Krieg hätte unabsehbare Folgen | |
für die Region, bei der auch die proiranischen Milizen im Irak, in Syrien | |
und im Jemen ihre Angriffe auf Israel und dessen wichtigsten Verbündeten | |
USA ausweiten dürften. | |
Die Hisbollah verfügt über ein Arsenal von rund 150.000 Raketen und Drohnen | |
und gilt als noch schlagkräftiger als die Hamas, gegen die Israel im | |
Gazastreifen kämpft. Im Kriegsfall könnte die Hisbollah täglich Tausende | |
Raketen in Richtung Israel abfeuern. Eine Art Raketenhagel könnte Israels | |
Raketenabwehr überfordern. Einigen Schätzungen zufolge soll die Hisbollah | |
über 40.000 bis 50.000 Kämpfer stark sein. Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah | |
hat ihre Zahl dagegen mit 100.000 angegeben. (dpa) | |
## Netanjahu nach Raketenangriff: „Hisbollah wird hohen Preis zahlen“ | |
Nach dem Raketenangriff mit mindestens zwölf Toten auf die von Israel | |
besetzten Golanhöhen hat der israelische Ministerpräsident Benjamin | |
Netanjahu mit schweren Konsequenzen gedroht. Der Regierungschef habe in | |
einem Telefonat mit dem geistlichen Führer der Drusen angekündigt, dass der | |
Angriff auf das von der Religionsgemeinschaft bewohnte Dorf Madschd | |
al-Schams nicht ohne Folgen bleiben werde, berichtete die Zeitung „The | |
Times of Israel“ unter Berufung auf Netanjahus Büro. „Premierminister | |
Netanjahu machte deutlich, dass Israel den mörderischen Angriff nicht | |
einfach so durchgehen lassen wird und dass die Hisbollah dafür einen hohen | |
Preis zahlen wird, den sie bisher noch nicht gezahlt hat“, wurde das Büro | |
des Regierungschefs zitiert. (dpa) | |
28 Jul 2024 | |
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