| # taz.de -- Instagram in der Türkei gesperrt: Zensur, Zensur | |
| > Die Türkei hat den Zugang zu Instagram blockiert. Möglicherweise hat das | |
| > mit Beileidsbekundungen für den getöteten Hamas-Chef Haniyeh zu tun. | |
| Bild: Wirft Instagram Zensur vor: Präsident Recep Tayyip Erdoğan | |
| Wer in der Türkei unterwegs ist, merkt schnell, dass es sinnvoll ist, einen | |
| Instagram-Account zu haben. Neue Bekanntschaften fragen danach, es ist der | |
| übliche Weg sich miteinander zu verbinden. Obschon X mit knapp 20 Millionen | |
| Nutzer*innen zur zentralen Plattform der politischen Debatte geworden | |
| ist, ist Instagram mit 50 Millionen Accounts der weitaus populärere Kanal | |
| in einem Land von 85 Millionen Einwohnern. | |
| Social Media füllt eine Lücke, weil die traditionellen Medien massiv durch | |
| die autokratisch regierende AKP gegängelt werden. Viele Medien werden von | |
| der Partei kontrolliert, kritische Journalist*innen müssen damit | |
| rechnen, mit Strafverfahren überzogen und zu Haftstrafen verurteilt zu | |
| werden. | |
| Am Freitagmorgen hat die türkische Kommunikationsbehörde ohne Begründung | |
| Instagram abgeschaltet. Zwei Tage zuvor hatte der Sprecher von Präsident | |
| Recep Tayyip Erdoğan die Plattform angegriffen: Instagram betreibe Zensur. | |
| Sie blockiere Posts, in denen Hamas-Politbürochef Ismael Haniyeh betrauert | |
| werde. | |
| Dessen Tod hatte der Präsident zuvor als „zionistische Barbarei“ gegeißelt | |
| und mit militärischem Eingreifen in den Konflikt gedroht. Neben dem | |
| zentralen Eingang zur Metro auf dem Istanbuler Taksimplatz war nach dem 7. | |
| Oktober zügig eine große Videowand installiert worden, auf der in einer | |
| kitschig verbrämten Diashow der Tod von Frauen und Kindern in Gaza gezeigt | |
| wird. | |
| ## Wenig Protest gegen Gazakrieg | |
| Man könnte auf die Idee kommen, dass die politische Repression und die | |
| desolate Lage der Wirtschaft mit antizionistischer Rhetorik übertüncht | |
| werden sollen. Das hat bis jetzt aber kaum verfangen. In der Türkei gab es | |
| nur wenig Protest gegen den Krieg in Gaza. Demonstrationen gegen Israel | |
| mussten von der Regierung orchestriert werden. | |
| Das Abschalten von Instagram hat laut Beobachtern möglicherweise einen | |
| anderen Hintergrund. Die Regierung hat ein Gesetz verabschiedet, | |
| [1][welches das massenhafte Einschläfern streunender Hunde zur Folge haben | |
| könnte.] Dies stößt selbst in Teilen des religiös-konservativen Milieus auf | |
| heftige Kritik. Die Regierung befürchte womöglich, so die Überlegung, das | |
| Hundegesetz könnte ihr neues Gezi werden und Instagram zum Kanal, auf dem | |
| sich der Unmut Bahn bricht. | |
| Andere halten diese Theorie für weit hergeholt und vermuten, es gehe wohl | |
| nur darum, Instagrams Mutterkonzern Meta zu zeigen, wer Herr im Haus ist. | |
| Meta gilt – anders als X – generell als kooperativ. Mit der Entscheidung, | |
| Haniyeh-Kondolenz-Posts zu blockieren, habe der Konzern nun aber die | |
| Regierung verärgert. Die Zensur trifft viele türkische User*innen | |
| allerdings nicht: Millionen nutzen VPN-Software auf ihren Telefonen. | |
| 3 Aug 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Gesetz-fuer-Toetung-von-Strassenhunden/!6024036 | |
| ## AUTOREN | |
| Ulrich Gutmair | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Türkei | |
| Zensur | |
| Türkei | |
| Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
| Biennale | |
| Ekrem İmamoğlu | |
| Wahlen in der Türkei 2023 | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Regisseur über türkische Macht im Kosovo: „Gott liefert man nicht aus“ | |
| Der lange Arm der Türkei in Kosovo: Davon erzählt Jeton Nezirajs | |
| Theaterstück „Six against Turkey“ und dessen Absetzung in der Stadt | |
| Prizren. | |
| Pro-Hamas-Proteste in der Türkei: „Tod den Zionisten“ | |
| Auf Geheiß des türkischen Präsidenten Erdoğan feiern in der Türkei | |
| Zehntausende den getöteten Hamas-Chef Ismail Haniyeh und protestieren gegen | |
| Israel. | |
| Kunstbiennale Mardin in der Türkei: Exotisches Spektakel, wenig Kontext | |
| Die Kunstbiennale in der 3.000 Jahre alten südostanatolischen Stadt Mardin | |
| hat ihre kritischen Anfänge hinter sich gelassen. Es ist die 6. Ausgabe. | |
| Die Kulturpolitik von Ekrem İmamoğlu: Es boomt die Kunst am Bosporus | |
| Istanbuls kürzlich im Amt bestätigter Oberbürgermeister Ekrem İmamoğlu von | |
| der oppositionellen CHP tritt gegen eine Islamisierung an – mit Kultur. | |
| Drei Kunstmachende über Kultur in Türkei: „Auf einem schmalen Grat“ | |
| Wie frei ist die türkische Kunstszene noch nach zwanzig Jahren Erdoğan? Ein | |
| Gespräch mit Silvina Der Meguerditchian, Pinar Öğrenci und Viron Erol Vert. |