# taz.de -- Authentisch sein und Geld verdienen: Stand by Your Gram | |
> Eine original unterdrückte Hausfrau hatte ihrem Mann zu dienen, zu | |
> huldigen und sich ihm unterzuordnen. Das bleibt den Teenis heute immerhin | |
> erspart. | |
Bild: Na, stell dir mal vor, Mama, jemand mit Macht stellt die Apps ab | |
Mama, was ist eine Tradwife?“, fragt die Teenager-Tochter im Café und | |
stochert in ihrem Cupcake. | |
Die Mutter setzt ihre Sonnenbrille auf, räuspert sich und sagt: | |
„Na, das ist eine [1][KI]-generierte Frau, die nur bei Instagram und Tiktok | |
existiert.“ | |
„Nee, Mama, das kann nicht sein, weil die große Schwester von einer aus | |
meiner Klasse macht das jetzt nämlich hauptberuflich und die existiert in | |
echt.“ | |
„Guck mal, Nola, eine authentische Tradwife hätte gar keinen Beruf, also | |
hab ich doch irgendwie recht.“ | |
„Was bedeutet authentisch genau?“ | |
„Echt de luxe.“ | |
„So wie Klopapier?“ | |
„Genau, Realität in mehreren Lagen.“ | |
„Und eine voll echte Tradwife arbeitet wirklich gar nix?!“ | |
„Genau, eine original unterdrückte Hausfrau hatte ihrem Mann zu dienen, zu | |
huldigen und sich ihm unterzuordnen.“ | |
„Warum musste die das machen?“ | |
„Weil sie kein eigenes Geld verdient hat, deshalb musste sie zusehen, dass | |
er sie nicht verlässt, damit sie überlebt.“ | |
„Auch wenn der Mann voll hässlich war und Mundgeruch hatte?“ | |
„Ja, dann auch.“ | |
„Und wenn der voll dumm und langweilig war?“ | |
„Dann auch.“ | |
„Und warum sind die Frauen dann nicht lieber gleich tot umgefallen, anstatt | |
solchen Losern zu dienen und die anbeten zu müssen?“ | |
„Gute Frage, na ja, sie mussten die Kinder versorgen und den Untergang des | |
Patriarchats vorbereiten.“ | |
„Und ist das jetzt erledigt?“ | |
„Nein, mein Schatz, aber jetzt kannst du immerhin schon selbst entscheiden, | |
ob du deine [2][Achselhaare], einen promiskuitiven Lebensstil gut findest, | |
’ne Karriere anstreben, Juristin, Journalistin, einfach nur schön bis zum | |
Umfallen oder beides oder schmal- oder mehrgewichtige Influencerin sein | |
willst.“ | |
„Ich find alle [3][Influencerinnen sind irgendwie Opfer].“ | |
Die Mutter zündet sich eine Kippe an und fragt: | |
„Inwiefern?“ | |
„Na, stell dir mal vor, Mama, jemand mit Macht stellt die Apps ab. Ist ja | |
nur so ein kleines buntes Ding da auf dem Bildschirm zum Antippen, aber du | |
bist von den Daten abgeschnitten, voll abhängig, was es dir durchgehen | |
lässt, den Algorithmen, ob es überhaupt weiter existiert oder dich | |
existieren lässt.“ | |
Die Mutter sagt: | |
„Aber das gilt dann auch für die Influencer.“ | |
„Ja, für alle, die da drin feststecken, die sind alle am Arsch bei einem | |
Netzcrash wegen Cyberkrieg oder wenn Instagram oder Tiktok einfach mal so | |
alle Regeln ändern, weil die was davon haben, denen sind die echten Leute | |
doch egal! Mama, die haben keine Rechte an nix.“ | |
„Und was glaubst du, warum machen die Leute das, wenn das mit so großer | |
Abhängigkeit und Unsicherheit verknüpft ist?“ | |
„Geld.“ | |
„Genau, und für Geld rühren einige Frauen eben auch weiter stramm lächelnd | |
im patriarchalen Pudding.“ | |
„Mama?“ | |
„Ja.“ | |
„Versuchst du manchmal, Papa zu glücklich zu machen?“ | |
„Ach, der wäre ja noch mies drauf, wenn ich im Bikini drei Torten am Tag | |
backen würde. Papa aufheitern ist wie Pudding an die Wand nageln.“ | |
„Und welche Männer machen Frauen, die nackt Torten backen, echt glücklich?�… | |
„Na intellektuelle Leichtgewichte, einfache Männer.“ | |
„Was ist ein einfacher Mann?“ | |
„Na, einer, der nur eine Lage im Kopf hat.“ | |
4 Aug 2024 | |
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## AUTOREN | |
Jasmin Ramadan | |
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