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# taz.de -- Meduza-Auswahl 16. – 22. Januar 2025: Abgeschoben ins Gefängnis
> Ein junger oppositioneller Russe stellt einen Asylantrag in den USA. Er
> wird abgewiesen – und deportiert in ein Land, das ihn sofort wieder
> festnimmt.
Bild: Russlands Präsident Putin und Alexander Lukaschenko, Präsident von Bela…
Das [1][russisch]- und [2][englischsprachige] Portal Meduza zählt zu den
wichtigsten unabhängigen russischen Medien. [3][Im Januar 2023 wurde Meduza
in Russland komplett verboten]. Doch Meduza erhebt weiterhin seine Stimme
gegen den Krieg – aus dem Exil. Die taz präsentiert seit 1. März 2023 unter
taz.de/meduza immer mittwochs in einer wöchentlichen Auswahl, worüber
Meduza aktuell berichtet. Das Projekt wird von der [4][taz Panter Stiftung]
gefördert.
In der Zeit vom 16. bis 22. Januar 2025 berichtete Meduza unter anderem
über folgende Themen:
## Belarus bereitet sich auf die Wahl(manipulation) vor
Am 26. Januar findet in Belarus die Präsidentschaftswahl statt: Die erste
seit August 2020, als das Land die größten Proteste gegen Diktator
Alexander Lukaschenko – und das härteste Vorgehen gegen Oppositionelle – in
der modernen Geschichte erlebte. In den vergangenen viereinhalb Jahren
wurden Zehntausende von Belarus:innen verhaftet, verhört, geschlagen,
mit Geldstrafen belegt und verurteilt, aus ihren Jobs gedrängt.
Hunderttausende flohen außerdem aus dem Land. Lukaschenko ergreift alle
möglichen Maßnahmen, um eine Wiederholung der Geschehnisse von 2020 zu
verhindern. [5][Meduza berichtet über die Lage in Belarus vor der Wahl
(englischer Text).]
BELPOL, eine Vereinigung ehemaliger belarussischer Sicherheitsbeamter,
behauptet, dass fast alle – 97 Prozent – der Leiter der Wahlkommissionen
zuvor in Wahlmanipulationen verwickelt waren. Zum ersten Mal, so BELPOL,
werden die Wahlen ohne unabhängige Beobachter oder Kandidaten der
demokratischen Opposition stattfinden. Außerdem wird es keine Wahllokale im
Ausland geben; die im Ausland lebenden Belarus:innen wurden
aufgefordert, zur Stimmabgabe ins Land zurückzukehren.
Das Fotografieren oder Filmen von Stimmzetteln wurde verboten – eine
offensichtliche Reaktion auf die Wahlen von 2020, bei denen zahlreiche
Fotos von Stimmzetteln als Beweis für weit verbreiteten Betrug dienten.
„In einer Gesellschaft, in der die Unterdrückung seit vier Jahren
unvermindert anhält, ist jede Form von Protest – auch der friedliche –
derzeit unmöglich. Aber die Belarussen haben das Bedürfnis, an diesem Tag
irgendetwas zu unternehmen. Es ist klar, dass die Stimmen nicht ausgezählt
werden und dass es keine ehrlichen Beobachter geben wird. Aber wir wissen
auch, dass es in Belarus üblich ist, die Menschen zu den Wahllokalen zu
treiben, um den Eindruck einer Massenbeteiligung zu erwecken. Deshalb
fordern wir diejenigen, die gezwungen sind, an dieser Scheinwahl
teilzunehmen, auf, gegen alle Kandidaten zu stimmen“, sagte die
belarussische Oppositionsführerin im Exil, Swiatlana Tsichanouskaja.
## Nawalny-Anwälte verurteilt
Am Freitag hat ein Gericht in der russischen Region Wladimir drei ehemalige
Anwälte von Alexej Nawalny wegen Beteiligung an der „extremistischen
Organisation“ des verstorbenen Oppositionsführers verurteilt. Vadim Kobzev
wurde zu fünf Jahren und sechs Monaten Gefängnis verurteilt, Alexey Liptser
zu fünf Jahren und Igor Sergunin zu drei Jahren und sechs Monaten. Im
Frühjahr 2024 hatte Sergunin das ihm Vorgeworfene gestanden und begonnen,
mit den Ermittlern zu kooperieren. Meduza fragte mehrere Anwälte, die
Russland verlassen haben, [6][was das Urteil vom Freitag für die Zukunft
ihres Berufsstandes in der Heimat bedeutet (englischer Text).]
So erzählt Olga Mikhailova, eine Juristin, die ihre Heimat bereits
verlassen hatte: „Leben, Zukunft, Familien – alles ist zerstört.“ Und: �…
ganze Situation, in der wir uns befinden, ist völlig verrückt. Und trotz
meiner langjährigen Tätigkeit als Juristin und meiner Lebenserfahrung hatte
ich bis heute Morgen immer noch auf eine Art Wunder gehofft. Und wieder
einmal ist es nicht geschehen“. Was mit Nawalnys Anwälten geschehen ist,
macht auch den im Ausland lebenden Kollegen Evgeny Smirnov wütend: „Im
heutigen Russland geht es bei Gerichtsverfahren eher um Zeremonien als um
Rechtsstaatlichkeit, bei der Prozesse und Verfahren an erster Stelle
stehen. Man braucht immer noch Anwälte – nicht um den Angeklagten zu
verteidigen, sondern um eine formale Rolle vor Gericht zu spielen“.
## Eine Milliarde Rubel für den Krieg
Ein russischer Mann hat eine Milliarde Rubel im Lotto gewonnen – und wurde
sofort aufgefordert, das Geld für den Krieg zu spenden. Meduza erklärt,
[7][wie dieses systematische Geschäft funktioniert (russischer Text)].
Am 1. Januar gab „Stoloto“, der Hauptverteiler der russischen Lotterien die
Ergebnisse der Neujahrsziehung bekannt. Den Supergewinn machte ein Russe
gewonnen, der ein Los online gekauft und eine in der Region Sachalin
registrierte Telefonnummer angegeben hatte. Nach Steuern wird er 781
Millionen Rubel erhalten. Das entspricht 5.620 Durchschnittsgehältern in
der Region.
Seit 2014 kann nur noch der Staat Veranstalter von Lotterien sein. Die
Kette sieht so aus: Das Finanzministerium und das Sportministerium
beschließen, eine Lotterie zu veranstalten. Sie schließen einen Vertrag mit
dem Betreiber und genehmigen die Bedingungen der Lotterie. Die wichtigste
Regel: Der Staat gewinnt immer. Laut Gesetz beträgt der maximale Gewinn für
jede Ziehung 50 bis 70 Prozent des zuvor eingegangenen Geldes. „Stoloto“
sagt ganz offen: „Die Lotterie ist kein Geschäft, sondern eine Möglichkeit,
die Ausgaben des Staates zu finanzieren“.
Dieses Geld kann nicht nach Belieben ausgegeben werden. Da die Lotterie
ursprünglich zur Unterstützung einer bestimmten Sportart gedacht war,
flossen die Gelder an den jeweiligen Verband oder werden für den Bau von
Sportanlagen verwendet.
Die Einnahmen des Staates funktionieren so: Die Lotterie-Betreiber leiten
immer einen Teil der Einnahmen direkt an die Behörden weiter. Bis 2025
waren das etwa 10 Prozent, die nach der Auszahlung der Gewinne übrig
blieben. Im neuen Jahr hat sich das System geändert: Die Abzüge wurden
erhöht und sollen schrittweise bis 2028 steigen. So erhalten die Behörden
zum Beispiel im Jahr 2023 3,5 Milliarden Rubel, Ende 2025 sollen es bereits
3,8 Milliarden Rubel sein.
## Wie die USA einen russischen Dissidenten zurück in Putins Fänge
schickten
Im Mai 2023 traf der russische Aktivist Evgeny Mashinin in den USA ein.
Dort wollte er Asyl beantragen, nachdem er in seiner Heimat mehrfach
verhaftet worden war, weil er an pro-demokratischen und
Anti-Kriegs-Kundgebungen teilgenommen hatte. Er schien einen soliden Fall
zu haben: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte ihm sogar
Tausende von Euro als Entschädigung für seine Inhaftierung zugesprochen.
[8][Der mit seinem Fall befasste US-Richter lehnte seinen Antrag jedoch ab]
– und ordnete seine Abschiebung zurück nach Russland an, wo er bald darauf
erneut verhaftet wurde (englischer Text).
Mashinin sagt, dass er ins Visier der Behörden, weil er an Kundgebungen des
verstorbenen Oppositionspolitikers Alexej Nawalny, an Protesten gegen die
Folter von Gefangenen und an Demonstrationen gegen den Krieg in der Ukraine
teilgenommen hatte. Im Juni 2023 wies der Europäische Gerichtshof für
Menschenrechte (EGMR) Russland an, Mashinin 5.000 Euro (5.175 US-Dollar)
als Entschädigung für zwei seiner Festnahmen während Nawalnys Kundgebungen
zu zahlen.
Aus öffentlich zugänglichen Quellen geht hervor: Zuvor hatte die
US-Regierung keine politischen Aktivisten abgeschoben, die vor Verfolgung
in Russland Asyl suchten. In den Jahren 2022 und 2023 gab es dann auf
einmal solche Fälle von Abschiebungen. Sie betrafen etwa Personen, die sich
weigerten, am Krieg gegen die Ukraine teilzunehmen – obwohl das Weiße Haus
erklärt hatte, dass es Russen, die Asyl beantragen, um der Mobilisierung zu
entgehen, unterstützen wolle.
22 Jan 2025
## LINKS
[1] https://meduza.io
[2] https://meduza.io/en
[3] /Russische-Medien-im-Exil/!5911767
[4] /!v=4269299f-23bb-40f2-a4ea-2b1b1ae40192/
[5] https://meduza.io/en/feature/2025/01/21/the-regime-s-revenge
[6] https://meduza.io/en/feature/2025/01/18/navalny-s-death-wasn-t-enough
[7] https://meduza.io/feature/2025/01/14/rossiyanin-vyigral-v-lotereyu-milliard…
[8] https://meduza.io/en/feature/2025/01/21/you-ll-be-imprisoned-but-you-won-t-…
## AUTOREN
Tigran Petrosyan
## TAGS
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