| # taz.de -- Linkspartei nach der Wahlschlappe: Rettung dringend gesucht | |
| > Bei einer Krisensitzung nach der Europawahl machen die Vorsitzenden der | |
| > Linken deutlich: Sie kleben nicht an ihren Stühlen. | |
| Bild: Wer steht, kann auch nicht am Stuhl kleben: Janine Wissler und Martin Sch… | |
| Berlin dpa | Bei der Linken bahnt sich ein Führungswechsel im Herbst an. | |
| Die Parteivorsitzenden Martin Schirdewan und Janine Wissler hätten sehr | |
| deutlich gemacht, dass sie nicht an ihren Stühlen klebten, hieß es am | |
| Sonntag nach einer Krisensitzung des Bundesvorstands mit den | |
| Landesvorsitzenden der Partei. Eine Arbeitsgruppe solle einen Fahrplan für | |
| eine inhaltliche, strategische und personelle Aufstellung mit Blick auf den | |
| Bundesparteitag im Oktober in Halle erarbeiten. Wichtig sei ein geordneter | |
| Prozess, hieß es aus Parteikreisen. | |
| Die Linke hatte bei der [1][Europawahl Anfang Juni nur noch 2,7 Prozent der | |
| Stimmen erhalten] – etwa halb so viele wie fünf Jahre zuvor. „Das Ergebnis | |
| der Europawahl war für die Linke ein schwerer Schlag“, heißt es in einem | |
| Beschluss nach der Sitzung zur Aufarbeitung der Wahlschlappe am Wochenende. | |
| „Zusammenfassend müssen wir feststellen: Unsere Wahlstrategie ist nicht | |
| aufgegangen.“ | |
| Schon bei der Bundestagswahl 2021 und den folgenden Landtagswahlen hatte | |
| die Linke sehr schwach abgeschnitten. Seit langem gibt es Kritik am | |
| Bundesvorstand, auch aus der Bundestagsfraktion. In den vergangenen Tagen | |
| forderten die früheren Fraktionschefs Gregor Gysi und Dietmar Bartsch eine | |
| „strukturelle, politische und personelle Erneuerung“. Sachsen-Anhalts | |
| Fraktionschefin Eva von Angern drängte Wissler und Schirdewan, beim | |
| Parteitag nicht mehr anzutreten. | |
| ## Positionen drangen nicht durch | |
| Die beiden führen die Partei seit 2022 gemeinsam. Zuvor amtierte Wissler | |
| ein gutes Jahr [2][mit Susanne Hennig-Wellsow, die im April 2022 | |
| zurücktrat]. Schirdewan hatte zuletzt schon angedeutet, dass er über einen | |
| Rückzug im Herbst nachdenke. Bei der Sitzung am Wochenende habe es | |
| selbstkritische Töne der Parteivorsitzenden und der Landesvorstände | |
| gegeben, dass programmatische Klärungsprozesse liegengeblieben seien, hieß | |
| es. | |
| Das Beschlusspapier schlüsselt die Schwachpunkte auf: Die Linke habe sich | |
| bemüht, soziale Gerechtigkeit „zentral zu stellen“ sowie | |
| Klimagerechtigkeit, Frieden, Flucht und Kritik an der Aufrüstungspolitik zu | |
| thematisieren. Doch hätten Außenpolitik und Migration die mediale Debatte | |
| bestimmt. Vertreterinnen und Vertreter der Linken seien nicht | |
| durchgedrungen. | |
| Die Linke hatte nach jahrelangem Richtungsstreit im Oktober 2023 [3][mit | |
| Sahra Wagenknecht eine ihrer bekanntesten Politikerinnen verloren]. Sie | |
| gründete ihre eigene Partei, das Bündnis Sahra Wagenknecht, und erreichte | |
| bei der Europawahl aus dem Stand 6,2 Prozent. | |
| Rund 430.000 BSW-Stimmen kamen von der Linken, wie diese in ihrem Beschluss | |
| festhält. 86 Prozent der BSW-Wähler fänden es gut, dass die neue Partei | |
| sich gleichzeitig für mehr Soziales und weniger Zuwanderung einsetze. Das | |
| BSW habe „rechte Stimmungen in der Bevölkerung aufgreifen“ können und sei | |
| somit „Teil der generellen gesellschaftlichen Rechtsentwicklung“. | |
| ## Von Linken lernen | |
| In Zukunft solle die Linke „deutlicher formulieren, wie eine humane | |
| Migrationspolitik als Alternative zur Abschottungspolitik“ aussehe. Auch in | |
| der Friedenspolitik müsse die Partei wahrnehmbarer werden. Die Linke müsse | |
| soziale Gerechtigkeit als Kernthema weiter stärken und ihre Forderungen | |
| zuspitzen. | |
| Als erste Schritte nimmt sich die Partei vor, die Veränderungen ihrer | |
| Wählerschaft genauer zu untersuchen, von erfolgreicheren linken Parteien in | |
| Europa zu lernen und sich besser mit linken Bewegungen und Verbänden in | |
| Deutschland zu vernetzen. Über den Sommer soll eine „Gesprächsoffensive“ | |
| starten. | |
| Die Kritik von Bartsch und Gysi spielten die Teilnehmer des Krisentreffens | |
| an diese zurück. Es sei nicht gut angekommen, dass Bartsch und seine | |
| Anhänger in der Öffentlichkeit eine Personaldebatte angefeuert hätten, hieß | |
| es aus Parteikreisen. | |
| [4][Bartsch hatte lange versucht, die Abspaltung von Wagenknecht zu | |
| verhindern] und so den Fraktionsstatus der Linken im Bundestag zu sichern. | |
| Im Beschluss vom Sonntag heißt es, deshalb seien viele Fragen nicht | |
| entschieden worden. „Im Ergebnis erschienen wir vielen potenziellen | |
| Wähler*innen als profillos oder mit unklarem Profil.“ | |
| 7 Jul 2024 | |
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