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# taz.de -- 90. Geburtstag von Giorgio Armani: Der Stil ist immer noch tadellos
> Giorgio Armani wird 90 Jahre alt. Seine Mode zeichnet sich durch
> gleichmäßig-normative „Schönheit“ aus. Aufhören will der Italiener ni…
Bild: Fit auch dank Workout: Georgio Armani
Neunzig ist kein Alter. Jedenfalls nicht für ihn: Vor knapp zwei Wochen
kuschelte der Designer Giorgio Armani sich bei seiner
Armani-Privé-Herbstshow in Paris noch – braungebrannt und die blitzweißen
Zähne bleckend – an Promigast [1][Cate Blanchett], beide in schickem
Understatement-Schwarz. Giorgio Armani, der am 11. Juli sein zehntes
Lebensjahrzehnt beginnt, ist weit entfernt von der üblichen
Abdankstimmung, die die Leiter von Modeimperien normalerweise nach ein
paar Jahrzehnten Stressarbeit mehr oder weniger freiwillig befällt.
Ob Armani angesichts seines anhaltenden vestimentär-finanziellen Erfolgs
nicht aufhören will oder nicht kann, wäre zu diskutieren. Es mag sein, dass
er seinen Style einfach noch nicht ausreichend verbreitet sieht. Das
gemeinsam mit seinem Lebens- und Geschäftspartner [2][Sergio Galeotti] 1975
gegründete Label wird weiterhin von ihm persönlich geführt und steht
weiterhin für mondäne Entwürfe in zurückhaltender Coolness. Der mit Gucci
und Pucci, später mit [3][Versace] und Dolce & Gabbana für außergewöhnliche
Designs und farbenfrohe Muster bekannten italienischen Mode fügte Armani in
den 70ern eine neue, moderne Note hinzu, die auch weniger Modemutige tragen
konnten. Armanis Stil bedeutet handwerkliche Kunst und tadelloser Stil,
ohne zu provozieren.
Dabei steht der Mut Armani – in gewisser Hinsicht: Seine eigene
Homosexualität versteckte der bis ins Detail organisierte, fleißige
Ex-Medizinstudent nie, postulierte sie aber auch nicht übermäßig. Der
ausgebildete Schaufensterdekorateur und Einkäufer aus einer
armenischstämmigen Familie stand für Lässigkeit in der Gendertypologie:
Frauen steckte er schon früh in Anzüge, die ihre Kurven betonten und
trotzdem locker saßen.
1980 verwandelte er den Schwarm aller Frauen und Schwulen Richard Gere in
Paul Schraders Film „Ein Mann für gewisse Stunden“ in den perfekten
„American Gigolo“ – und ließ Gere seinen makellosen Rumpf unter einem
hellen, fließenden Jackett im offenen Armani-Hemd entblößen.
Klassisch eben, genau wie seine oft schwarz-weißen Fotostrecken: Bei Armani
findet sich viel gleichmäßig-normativer „Schönheit“, dargeboten von Mode…
mit leicht geöffnetem Mund und eingeöltem Waschbrettbauch. Körperpolitisch
revolutionär ist er selten. Dass er 2010 in einer Kampagne für „Armani
Exchange“ gleichgeschlechtliche Models in Umarmungen zeigte, ist schon fast
das stärkste Statement diesbezüglich aus seinem Haus.
Geschäftlich ist er ebenso straight: Nach dem HIV-Tod seines Partners im
Jahre 1985 hatte er Paleottis strategische und bürokratische Aufgaben
übernommen und es geschafft, die Traditionsmarke sicher durch die 90er und
00er Jahre zu hieven. Über Zweitlinien bringt er schon lange Jeans,
Unterwäsche, Sonnenbrillen und Parfums auf den Markt – ihm geht es nicht um
Exklusivität.
Um Luxus allerdings schon, egal in welchem politischen Umfeld: Armani
entwirft Luxusresidenzen in den chinesischen Metropolen Chengdu und Peking
und eröffnete nach eigenen Entwürfen eingerichtete Luxushotels in Dubai.
Finanziell ist das lukrativ: 2022 machte Armanis (im Gegensatz zur
Konkurrenz) unabhängiges Modeimperium einen Umsatz von 2,35 Milliarden
Euro, Forbes schätzt das Privatvermögen des Italieners auf rund 11
Milliarden Euro. Dass Armani im April dieses Jahres erstmals öffentlich
über die Zukunft seines Unternehmens nach seiner Ablösung nachdachte,
scheint einen gewissen beginnenden Realitycheck anzudeuten. Gefeiert wird
heute trotzdem. Aber vermutlich erst nach dem täglichen Workout.
11 Jul 2024
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## AUTOREN
Jenni Zylka
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