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# taz.de -- Bundeszentrale für politische Bildung: Vor den Rechten eingeknickt
> Die Bundeszentrale für politische Bildung veröffentlichte ein Video zur
> WM 2006 als Faktor beim Rechtsruck. Nach rechtem Shitstorm wurde es
> gelöscht.
Bild: War die Schland-Begeisterung Ausweis oder Mit-Auslöser eines Rechtsrucks…
„Sind Poldi, Klinsi und Co schuld am Rechtsruck in Deutschland? Steile
These. Aber da könnte doch was dran sein.“ So leitete Susanne Siegert,
bekannte Bildungsinfluencerin gegen Rechtsextremismus, ein nicht ganz
zweiminütiges Video ein. Im Schnelldurchlauf werden Bilder aus dem Zweiten
Weltkrieg, von Kennedys Berlin-Rede und vom Mauerfall zusammengeschnitten.
Dann folgt ein Schnitt und wir sehen Szenen aus dem gemeinhin als deutsches
Sommermärchen gefeierten deutschen Fußball-Patriotismus während der WM
2006. Am Schluss des Videos wird der Politikwissenschaftler und
Antisemitismusforscher Clemens Heni mit seiner These zitiert, dass [1][der
deutsche Fußball-Patriotismus den Rechtsruck in Deutschland befördert
habe].
Das Video sollte in der Reihe „Politik raus aus den Stadien“ – wobei das
Wort „raus“ durchgestrichen ist – auf der Homepage der [2][Bundeszentrale
für politische Bildung (BpB)] stehen, war aber nach kurzer Zeit wieder
gelöscht. „Die Veröffentlichung war ein Fehler. Das Video entspricht
inhaltlich und in der Umsetzung nicht den Qualitätsansprüchen der
Bundeszentrale für politische Bildung“, erklärte der Pressesssprecher der
BpB, Daniel Kraft,gegenüber der taz.
Vorausgegangen war eine Kampagne rechter Medien. „Wie ein Politologe das
Sommermärchen 2016 in Nationalismus umdeutet“, titelte das [3][ultrarechte
Onlinemagazin Nius], wo der Ex-Bild-Chefredakteur Julian Reichelt zwischen
dem rechten Rand der Union und der AfD agiert und Stimmung macht gegen
Migrant*innen, sexuelle Minderheiten und Linke. Die Wochenzeitung Junge
Freiheit, Sprachrohr der Neuen Rechten, und auch die konservative Welt
stimmten in die Kampagne gegen das Video ein und stellten sogar infrage, ob
die BpB noch weiter mit öffentlichen Mitteln unterstützt werden solle.
## Rechter Shitstorm
Nach diesen Veröffentlichungen war neben Heni auch Susanne Siegert einem
rechten Shitstorm ausgesetzt. Sie betont gegenüber der taz, dass sie nicht
für das Video verantwortlich sei, sondern als Hostin für die gesamte
Videoreihe aufgetreten sei.
Für eine Distanzierung sieht sie allerdings keinen Grund. „Ich stehe nach
wie vor zu dem Inhalt und auch der Machart des Sommermärchen-Videos.“
Provokante rhetorische Einstiegsfragen seien auf Social-Media-Plattformen
absoluter Usus. „Zudem stützt sich das Video auf wissenschaftliche Quellen,
die klar benannt wurden“, betont Siegert.
Tatsächlich [4][gab es einige Untersuchungen], die einen Zusammenhang
zwischen dem Fußball-Patriotismus und der Abwertung von Minderheiten in
Deutschland herstellten. So beschäftigten sich der Bielefelder Soziologe
Wilhelm Heitmeyer und sein Forscher*innenteam im Jahr 2006 in zwei
Aufsätzen in Band 5 der im Suhrkamp-Verlag erscheinenden Langzeitstudie
„Deutsche Zustände“ kritisch mit dem Fußballtaumel. Ähnlich kritisch ist
das Fazit der Sozialpsychologin Dagmar Schediwy, die in ihrer Studie „Ganz
entspannt in Schwarz-Rot-Gold“ den Party-Patriotismus aus
sozialpsychologischer Perspektive untersuchte.
Clemens Heni bezeichnet es „als Zeichen des allgemeinen Rechtsrucks, dass
die BpB das Video löscht, wenn Rechte eine Kampagne beginnen“. Das
Bundesinnenministerium, das die Fachaufsicht über das BpB ausübt, wollte
sich nicht zur Frage äußern, ob die Löschung ein Einknicken vor den Rechten
sei. „Produkte und Bildungsmaßnahmen werden von der BpB entsprechend ihres
originären Auftrages eigenständig konzipiert und durchgeführt“, heißt es …
einer Stellungnahme der Pressstelle des BMI. Julian Reichelt und andere
rechte Kampagnenmacher*innen feiern indessen die Löschung des Videos
als ihren Erfolg.
9 Jul 2024
## LINKS
[1] /Rassismus-und-die-EM-2024/!6014076
[2] /Bundeszentrale-fuer-politische-Bildung/!t5016490
[3] /Rechtes-Medienportal-Nius/!5945019
[4] /Die-Maer-vom-guten-Deutschland/!5246551
## AUTOREN
Peter Nowak
## TAGS
Schwerpunkt Fußball-EM 2024
Sommermärchen
Neue Rechte
Bundeszentrale für politische Bildung
Patriotismus
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