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# taz.de -- Genital-Symbolik im Fußball: Eier, Eier, bitte keine Eier mehr!
> Der Griff ans eigene Gemächt ist eine typische Geste im Männerfußball.
> Englands Jude Bellingham hat so einen der schönsten Momente der EM
> zerstört.
Bild: Die Eierei im Männerfußball soll auch lustig sein. Haha!
Was für ein Tor! Ein schöneres wird bei dieser Europameisterschaft
vielleicht nicht mehr fallen. Und wie wichtig dieser wunderbare
Fallrückzieher war, der [1][ein mieses Team aus England] im Achtelfinale
gegen die Slowakei in die Verlängerung gerettet hat. Der letztlich
Grundlage war für den 2:1-Erfolg der bestbezahlten Nichtfußballer des
Turniers. Wie schön hätte man einen solchen Treffer feiern können – mit
einem Strahlen im Gesicht, mit Tränen der Freude in den Augen, mit
Umarmungen so tief und innig, wie nur die wahre Liebe zum Fußballsport sein
kann.
Doch was macht Jude Bellingham, jener hochbegabte englische Kicker, der zu
jener wunderbaren entscheidenden Flugeinlage angesetzt hatte? Schneidet ein
finsteres Gesicht voller Wut, als hätte man ihn drei Jahre bei Wasser und
Brot gehalten, schleckt sich die Finger ab und deutet mit der Hand unten am
Mannsbildergemächt an, was er für dicke Eier hat. Muss das sein?
Ausgerechnet der Spieler, der für den bis dahin ästhetisch schönsten Moment
der EM gesorgt hat, zeigt, welch primitive Machokultur im Profifußball der
Männer bis heute herrscht. Man wünschte sich, die Zeiten wären vorbei, in
denen Männer ihre Leistungen mit der Größe ihrer Genitalien beschreiben. Da
tut es auch nichts zur Sache, dass Bellingham, nachdem er für seine Geste
kritisiert worden war, auf TwiX behauptet hat, sie sei an Freunde auf der
Tribüne gerichtet gewesen und habe nichts mit einer Verhöhnung des Gegners
zu tun. Die Eierei im Männerfußball nervt einfach.
„Eier, Eier, wir brauchen Eier!“, brüllte [2][Oliver Kahn] einst nach einer
Niederlage des FC Bayern, für den er seinerzeit noch im Tor stand, ins
Mikrofon und ging damit in die deutsche Fußballhistorie ein. Ganz so, als
hätte er etwas halbwegs Intelligentes gesagt. Die Fußballversteher vom
Magazin 11 Freunde haben gar ein ganzes Buch mit mehr oder weniger unnützem
Fußballwissen unter diesem Titel herausgegeben. Lustig soll das wohl sein.
## Oh, Mann! Geht’s noch peinlicher?
Vorne drauf ist ein Bild, auf dem zu sehen ist, wie der wegen seiner
spielerischen und trinkerischen Fähigkeiten so beliebte englische Ex-Kicker
Paul Gascoigne von einem Gegenspieler in die Hoden gekniffen wird. Witzig
soll man das finden. Freunde eines solchen niederen Genitalhumors gibt es
übrigens auch bei den Kuratoren des von der Bundesregierung alimentierten
Kulturprogramms zu dieser EM. Die haben Postkarten mit ebenjenem
Eierkneifermotiv in den Kneipen der Ausrichterstädte auslegen lassen. Haha!
Nein, Jude Bellingham ist gewiss nicht der Einzige, der sich beim Jubeln an
den Schritt fasst, um der Welt zu zeigen, welch mächtiges Gemächt ihm da
zwischen den Beinen baumelt. Diego Simeone, der Trainer von Atlético
Madrid, hat 2019 sogar vorgemacht, dass man auch als Trainer seinen Hoden
stolz zur Schau tragen kann. Mit beiden Händen fasste er sich an den
Schritt, nachdem sein Team ein Champions-League-Spiel gegen Juventus Turin
gewonnen hatte. Später erklärte er sich und meinte, dass es eben Eier
brauche, die Mannschaft so aufzustellen, wie er es getan hatte, und fügte
an: „Wir haben Eier, richtig dicke Eier!“ Oh, Mann! Geht’s noch peinliche…
Aber sicher. [3][Cristiano Ronaldo] hat es vorgemacht. Der traf beim
Rückspiel gegen Atlético und fasste sich, es konnte ja nicht anders kommen,
an die Eier. Er hatte sich offenbar provoziert gefühlt. Was für ein armer
Wicht! Die Welt müsste lachen über ein solch armseliges Verhalten. Hat sie
aber nicht. Nicht wenige haben Ronaldo für seine Parade im Eierkrieg mit
dem gegnerischen Trainer sogar gefeiert. Der Männerfußball ist eben immer
noch ein Spiel aus der Machohölle. Dabei könnte er so schön sein. Jude
Bellinghams Tor hat’s gezeigt.
2 Jul 2024
## LINKS
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## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
## TAGS
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Toxische Männlichkeit
England
Fußball
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