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# taz.de -- Studie zur Waldbrandgefahr: Der Norden ist besonders betroffen
> Waldbrände sind heute häufiger und intensiver als vor 20 Jahren. Die
> Tourismusregionen in Südeuropa bereiten sich auf den Waldbrandsommer vor.
Bild: Feuerwehrmann kämpft bei Athen gegen den Waldbrand
Paris/Rom/Madrid afp/dpa | Die Häufigkeit und die Intensität extremer
Waldbrände haben sich einer Studie zufolge in den vergangenen 20 Jahren
weltweit mehr als verdoppelt. Diese Entwicklung sei auf die vom Menschen
verursachte globale Erwärmung zurückzuführen, hieß es in der am Montag in
der Fachzeitschrift Nature Ecology & Evolution veröffentlichten
Untersuchung.
Mithilfe von Satellitendaten untersuchten die Forscher zwischen 2003 und
2023 fast 3.000 besonders große Waldbrände. Dabei stellten sie fest, dass
sich ihre Häufigkeit in diesem Zeitraum um das 2,2-fache erhöht hat. Auch
die Intensität der 20 extremsten Brände pro Jahr habe sich mehr als
verdoppelt, hieß es in der Studie weiter. Diese Entwicklung scheine sich
„zu beschleunigen“. Die größte Intensität und Häufigkeit von Waldbränd…
war laut der Studie in den Jahren 2017 bis 2023 zu verzeichnen.
Im vergangenen Jahr waren die Auswirkungen demnach am größten. [1][Die
Nadelwälder im Westen der USA und die borealen Wälder in Alaska],
Nordkanada und Russland waren laut der Studie am stärksten betroffen. Die
Wissenschaftler weisen in ihre Studie auf einen „Rückkopplungseffekt“
aufgrund der Waldbrände hin, da durch den Verlust von Bäumen das von ihnen
aus der Atmosphäre gespeicherte CO2 wieder freigesetzt wird. Sie plädieren
für eine Klima-Anpassung, etwa durch eine bessere Waldbewirtschaftung.
In den Urlaubsregionen Südeuropas versucht man mit unterschiedlichen
Mitteln, mit den Waldbränden umzugehen. Nach mehreren Dürrejahren hat es in
Spanien und Portugal zuletzt wieder mehr geregnet. Ob die hohe
Waldbrandgefahr dadurch sinkt, ist aber noch unklar. Denn bodennahe
Vegetation wächst dank des Regens schneller und kann später in den
trockenen Sommermonaten als eine Art Brandbeschleuniger wirken. Den Winter
über waren Waldarbeiter damit beschäftigt, totes Gehölz aus den Wäldern zu
holen. Generelle Zugangsverbote zu Wäldern gibt es in beiden Ländern nicht.
## Berufssoldaten sollen löschen helfen
Spanien verfügt über etwa 42 000 Feuerwehrleute und im Notfall über
Zehntausende weitere Helfer. Die Brandbekämpfung ist Sache der Regionen.
Das Umweltministerium in Madrid hält zudem zehn Brigaden zu je 60
Spezialisten bereit, die jederzeit mit Hubschraubern an Brennpunkte im
ganzen Land verlegt werden können.
Hinzu kommt die militärische Nothilfeeinheit UME mit 4000 Berufssoldaten.
Spanien verfügt über 31 Flugzeuge und 31 Hubschrauber zur Brandbekämpfung
und eine moderne Flotte geländegängiger Feuerwehrautos. Oft helfen auch
Bauern, die mit schwerem Gerät Schneisen als Brandbarrieren in die
Vegetation schlagen. In Portugal stehen mehr 30 000 Berufsfeuerwehrleute
und Helfer bereit.
In Frankreich ist erneut eine landesweite Kampagne angelaufen, um Brände zu
verhindern. Mit dem Klimawandel habe die Gefahr von Bränden in der Natur
zugenommen und betreffe inzwischen praktisch die gesamte Landesfläche,
teilte das Innenministerium mit. 2023 gab es eineinhalbmal so viele
Waldbrände wie im langjährigen Mittel. Der erste größere Vegetationsbrand
dieses Jahres tobte bereits.
Die Kampagne setzt auf Prävention: Ein spezieller Wald-Wetterbericht warnt
vor den Gefahren von Bränden, außerdem sind Forstbeamte verstärkt zur
Überwachung in den Wäldern unterwegs. Drohnen sind im Einsatz, um Brände
schneller zu entdecken. Für das Anpassen der Wälder an den Klimawandel gibt
es Finanzhilfen, etwa für das Anpflanzen bestimmter Baumsorten. Binnen zehn
Jahren soll eine Milliarde neuer Bäume angepflanzt werden, um die Wälder zu
stärken.
## Frankreich will schneller löschen
Ausgebaut wurden auch die Mittel des Zivilschutzes und der Feuerwehr. Die
Zahl der Löschflugzeuge und Hubschrauber stieg im vergangenen Jahr von 38
auf 47 und die Zahl der Feuerwehrkolonnen wurde von 44 auf 51 erhöht, das
sind immerhin 500 Feuerwehrleute zusätzlich. Der Anspruch ist, in
gefährdeten Regionen binnen zehn Minuten nach der Meldung eines Feuers mit
dem Löscheinsatz zu beginnen.
Allein im Sommer 2023 sind in Italien nach Angaben der Umweltbehörde Ispra
mehr als 75 000 Hektar Wald verbrannt. Besonders betroffen sind die
Regionen im Süden des Landes wie Kalabrien, Apulien oder die großen Inseln
Sizilien und Sardinien. Die Ausbreitung der Brände wird in den
Sommermonaten begünstigt durch Hitzewellen mit Trockenheit und den für das
Gebiet üblichen Schirokko-Wind. Oft ist jedoch auch Brandstiftung der Grund
für die Brände.
Der italienische Zivilschutz und die Feuerwehr starten jährlich vor dem
Sommer Kampagnen, um die Bevölkerung für die Waldbrandgefahr zu
sensibilisieren. In diesem Jahr haben die Behörden nach den Erfahrungen der
vergangenen Jahre aufgerüstet: Neue Löschflugzeuge und -hubschrauber sowie
weiteres schweres Gerät wurden angeschafft. Außerdem setzen die
Einsatzkräfte vermehrt Drohnen ein, um die gefährdeten Gebiete im Blick zu
behalten. In einigen Gegenden wurde zudem das Hydranten-Netz zur
Wasserversorgung ausgebaut.
## Feuerfeste Bäume und Betretungsverbote in Italien
Zur Prävention werden zudem jedes Jahr die Maßnahmen zur Waldpflege
angepasst. Wo möglich, werden Niederwälder in Hochwälder umgewandelt und
feuerfeste Bäume gepflanzt. Vor der Saison wird auch Unterholz, also etwa
Sträucher, ausgedünnt und beseitigt. Der Waldbrandschutz obliegt in Italien
jedoch den Regionen, daher gibt es in dem Mittelmeerland einen
Flickenteppich von Regeln. Mancherorts gilt etwa an oder in Wäldern ein
Fahr- und Parkverbot für Autos oder sogar das Verbot, ein Waldgebiet
überhaupt zu betreten.
Athen hat im April angekündigt, 2,1 Milliarden Euro in den
Katastrophenschutz zu investieren. [2][Im vergangenen Jahr waren in
Griechenland mindestens 25 Menschen bei Wald- und Buschbränden ums Leben
gekommen], die verbrannte Fläche betrug rund 170 000 Hektar, der Brand nahe
der nordgriechischen Hafenstadt Alexandroupolis galt als größter Waldbrand,
der je in der EU verzeichnet wurde. Die Brände seien „extreme Phänomene,
die zeigen, dass nichts mehr so sein wird wie bisher“, sagt
Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis mit Blick auf die Klimakrise.
Griechenland verfügt über 90 Löschflugzeuge und -hubschrauber, weitere 5
sollen bis 2025 angeschafft werden, ebenso wie Hunderte neue Fahrzeuge für
die Feuerwehr. Auch in die Infrastruktur des Katastrophenschutzes, die
technische Ausstattung und neue Technologien soll Geld fließen, etwa in
Drohnen, die Brandherde in unzugänglichen Gebieten frühzeitig ausfindig
machen könnten.
Bislang gibt es in Griechenland rund 14 100 Feuerwehrleute. Hinzu kommen
2500 Kräfte, die nur im Sommer im Einsatz sind. Zusammen mit rund 4100
Freiwilligen sind es mehr als 21 000 Brandbekämpfer. Auch Privatleute
bereiten sich vor. Wenn die Feuerwehr vor lauter Bränden nicht mehr
hinterherkommt, sind sie es, die ihre Häuser und Dörfer in Eigenregie vor
den Flammen retten.
## Drastische Strafen in Griechenland
Die Strafen für Brandstiftung hat die Regierung drastisch erhöht. Neben
Geldbußen im fünfstelligen Bereich können nun selbst bei fahrlässiger
Brandstiftung Haftstrafen von bis zu zehn Jahren verhängt werden. Außerdem
trat im Juni ein Gesetz in Kraft, das Grundstücksbesitzer in bestimmten
Fällen dazu verpflichtet, ihre Grundstücke von Unterholz und Gebüsch zu
reinigen.
Nach dem ersten großen Waldbrand auf Zypern hat vergangene Woche auch der
zyprische Präsident Nikos Christodoulidis den Kauf von Löschflugzeugen
angekündigt – bei dem Feuer auf dem höchsten Berg der Insel mussten
Löschflugzeuge aus Griechenland und Jordanien zu Hilfe kommen.
Die meisten Wälder in der Türkei sind im Sommer tabu. So sperrten die
Behörden in zahlreichen Provinzen schon Anfang Juni den Zugang zum Wald.
Denn oft werden die Brände von Menschen verursacht, etwa durch weggeworfene
Zigarettenstummel oder Grillen. In der durch Dürreperioden ausgetrockneten
Vegetation können sich Waldbrände dann schneller ausbreiten. Nach scharfer
Kritik in der Vergangenheit hat die Türkei auch in der Vorsorge
aufgerüstet: So sind 26 Flugzeuge, 14 Drohnen und 105 Helikopter in
Dauerbereitschaft.
25 Jun 2024
## LINKS
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