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# taz.de -- AfD-Mitglieder in der Kirche: Jesus wäre Antifaschist
> Ein Ruppiner KfZ-Meister ist Vorsitzender des Ortskirchenrates – und
> AfD-Kandidat. Nun will die Landeskirche ihn seiner Ämter entheben.
Bild: Hinter der schönen Silhouette Alt-Ruppins verstecken sich viele AfD-Wäh…
Berlin taz | Bislang zeigte die Evangelische Kirche in Berlin und
Brandenburg [1][klare Kante gegen Rechtsextremismus], auch in ihren eigenen
Reihen. Eine tätige Unterstützung der AfD sei „unvereinbar mit dem
Bekenntnis zu Wort und Sakrament und der Ausrichtung des Lebens auf Jesus
Christus“, heißt es in einem Beschluss der Frühjahrssynode Anfang April.
Parteimitglieder der AfD sollten demnach keine Kirchenämter bekleiden
dürfen. Ob der Beschluss auch praktisch umsetzbar ist, steht nun auf der
Probe: Ein Brandenburger AfDler soll deshalb seine kirchlichen Ehrenämter
verlieren.
Der KfZ-Meister Henry Preuß wurde zu den Kommunalwahlen im Juni in den
Kreistag Ostprignitz-Ruppin und in das Stadtparlament von Neuruppin
gewählt. Im Herbst kandidiert Preuß auch als Direktkandidat der AfD für den
Brandenburger Landtag. Seine Partei gewann [2][bei den Kommunalwahlen], die
zeitgleich mit den Europawahlen stattfanden, im Kreis Ostprignitz-Ruppin 26
Prozent der Wählerstimmen und wurde im Kreistag stärkste Fraktion. In der
evangelischen Kirche ist Preuß Mitglied des Gemeindekirchenrates der
Gesamtgemeinde Ruppin sowie Vorsitzender des Ortskirchenrates Alt Ruppin.
Grundlage des Schrittes der Evangelischen Kirche
Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) ist ein Beschluss ihrer
Frühjahrssynode. Ihm zufolge ist die Ausübung von kirchlichen
Leitungsämtern mit einer Mitgliedschaft und tätigen Unterstützung der AfD
unvereinbar. Wer in der AfD Mitglied ist oder diese öffentlich unterstützt,
darf dem Beschluss zufolge nicht mehr Pfarrer, Mitglied in Ältestenräten
und Gemeindekirchenräten sein.
Die Kirchenmitgliedschaft selbst bleibt unangetastet, es gehört nicht zur
Tradition von Kirchen, Menschen die Kirchentür völlig zu verschließen.
„Unser christliches Selbstverständnis gebietet es, dass wir immer wieder
das Gespräch mit denjenigen suchen, die eine andere Haltung haben“, sagt
Charlotte Kielmansegg, die Sprecherin der Landeskirche, der taz.
## Premiere im Landesverband
Der Fall Preuß ist der erste, der der Landeskirche nach eigenen Angaben
bekannt ist. Viele Neuruppiner brachten ihn erst mit der AfD in Verbindung,
als er auf den Kandidatenlisten stand. Insider gehen aber davon aus, dass
weitere Fälle von AfDlern in Kirchenämtern in Brandenburg, vielleicht auch
in Berlin, wahrscheinlich sind, die bisher nicht öffentlich wurden. „Wir
fragen ja normalerweise nicht nach einer Parteimitgliedschaft“, sagt eine
Kirchenmitarbeiterin der taz, die nicht namentlich genannt werden möchte.
In Sachsen-Anhalt, das aber nicht zur EKBO, sondern zur Evangelischen
Kirche in Mitteldeutschland gehört, wurde im Frühjahr einem parteilosen
Pfarrer, der bei den Kommunalwahlen für die AfD antreten will und der in
der Pandemiezeit als Impfkritiker aufgefallen war, sein Pfarrbereich
entzogen.
Die Frühjahrssynode der EKBO hatte im April ebenfalls Haltung gezeigt. Wo
von millionenfacher „Remigration“ geredet werde, sei die Würde des Menschen
längst aufgegeben und verloren, hatte Bischof Christian Stäblein in seiner
Rede gesagt. Rechtsextremes Gedankengut sei mit dem christlichen
Menschenbild unvereinbar. Die AfD würde sich immer weiter radikalisieren
und „in ihrer Gesamtheit immer stärker menschenfeindliche Ziele“ verfolgen,
heißt es im Synodalbeschluss. [3][Demokratie und Rechtsstaat seien für die
Kirche nicht verhandelbar], „und wer diese Werte aktiv bekämpft, muss mit
unserem Widerstand rechnen“.
Nach Angaben der EKBO-Sprecherin Charlotte Kielmansegg gegenüber der taz
hätten die anderen Kirchenräte seiner Kirchgemeinde „mehrfach auf
verschiedenen Ebenen“ das Gespräch mit Herrn Preuß gesucht, seit sie von
dessen AfD-Kandidatur erfahren hatten. Ziel sei es gewesen, ihn zum
Rücktritt von entweder seinen kirchlichen oder seinen politischen Ämtern zu
bewegen. „Er hat öffentlich erklärt, dass er nicht von seinen Ämtern
zurückzutreten gedenke.“ Daraufhin hätte die Kirchgemeinde die EKBO um
Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens gebeten.
## Antifaschistische Tradition
So ein Verfahren ist für die Kirche juristisches Neuland. Die EKBO kann es
erst einleiten, seit der Synodalbeschluss im kirchlichen Amtsblatt
veröffentlicht wurde und damit Rechtskraft erlangte. Das geschah erst
letzte Woche. „In den kommenden Tagen wird die Kirchenleitung der EKBO
Herrn Preuß schriftlich zu einer Anhörung einladen. Er wird vier Wochen
Zeit haben, darauf zu reagieren“, sagt Charlotte Kielmansegg. Wegen der
bevorstehenden Sommerferien sei mit dem weiteren Amtsenthebungsverfahren
nicht vor Ende August zu rechnen.
Preuß selbst war am Montag für die taz telefonisch nicht erreichbar. Seine
Partei hatte das Vorgehen der Kirche allerdings scharf kritisiert. Der
stellvertretende Landesvorsitzende Christoph Berndt bezeichnete die
„Ausgrenzung von AfD-Mitgliedern“ als „unchristlich“.
Ganz anders sieht das Ronny Kretschmer, der Kreisvorsitzende der Linken in
Ostprignitz-Ruppin. „Die evangelische Kirche handelt konsequent und
richtig.“ Kretschmer verwies auf die antifaschistische Geschichte der
Bekennenden Kirche im Dritten Reich und dessen bekanntesten Vertreter. „Ich
bin froh, dass sie sich in die Tradition Dietrich Bonhoeffers stellt.“
25 Jun 2024
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## AUTOREN
Marina Mai
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