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# taz.de -- Kundgebung zum Gaza-Krieg: Kinderschuhe als Erinnerung
> Bei einer Gedenkveranstaltung in Berlin zum Weltkindertag wurden die
> Namen von Kindern verlesen, die in Gaza getötet wurden.
Bild: Stille Andacht: Gaza-Gedenken am Samstagabend vor der Neuen Wache in Berl…
BERLIN taz | Am späten Abend stehen Hunderte Kinderschuhe in Reihen auf dem
Boulevard Unter den Linden aufgereiht. Im Hintergrund ist ein offenes Zelt
aufgebaut, an den Tischen sitzen ein paar Menschen. Am Rand stehen drei
Frauen, die eine Art Engelskostüme tragen, weiße Gewänder mit riesigen
Flügeln. Einige Menschen sitzen andächtig auf der Straße: Mache haben ein
Palästinensertuch über die Schulter gelegt, andere sind zufällige
Passanten. Am Mikrofon wechseln sich Rednerinnen und Redner ab, die leise
arabische Namen verlesen, dazu noch Altersangaben. Es sind die Namen von
Kindern, die seit dem 7. Oktober in Gaza getötet wurden. Viele waren
Kleinkinder oder Jugendliche, andere wurden nur wenige Tage oder Monate
alt.
Die Lesung vor der Gedenkstätte Neue Wache in der deutschen Hauptstadt, in
der die Skulptur einer trauernden Mutter der Bildhauerin Käthe Kollwitz
steht, ging am Samstag von morgens bis Mitternacht. Schätzungsweise über
15.000 Kinder sollen seit dem 7. Oktober im Gazastreifen getötet worden
sein, mindestens 8.000 Fälle sind eindeutig dokumentiert. Die Liste der
Namen, die in Berlin verlesen wurde, stammt von einer niederländischen NGO,
vom palästinensischen, Hamas-geführten Gesundheitsministerium und der UN.
Drei Berlinerinnen haben sich die Aktion ausgedacht, um so den
„Internationalen Tag des Kindes“ zu begehen, der am Samstag stattfand.
Eine von ihnen ist Nadja Vancauwenberghe, ehemalige Gründerin und
Chefredakteurin des Magazins Ex-Berliner. Die Französin und ihre beiden
Mitstreiterinnen Nouma Bordj und Lucie Kossmann, allesamt Mütter, wollten
sich und anderen damit die Gelegenheit geben, Trauer und Mitgefühl
auszudrücken. „Wir hatten den Eindruck, dass es in Deutschland dafür keinen
Platz gibt“, sagt sie. Vielen Deutschen fiele es schwer, sich in einer
palästinensischen Demonstration einzureihen, weil sie sich nicht mit
manchen politischen Slogans oder Zielen identifizieren könnten. Hier aber
gäbe es keine Reden, sondern einen Raum, um sein Unbehagen mit der Politik
dieses Landes auszudrücken. Vancauwenberghe sieht eine Kluft zwischen
Politik und Medien einerseits, die ihrer Meinung nach zu wenig Raum für
Zwischentöne böten, und Teilen der Gesellschaft, die sich genau das
wünschten.
## Prominente Unterstützung
Die Resonanz sei überwältigend gewesen, sagt sie. Zwischenzeitlich seien
Hunderte Menschen da gewesen – Menschen aus allen Schichten und
Generationen. Auch ihre japanischen Nachbarn seien vorbeigekommen, und
unter denjenigen, die Namen verlasen, seien auch einige Prominente gewesen,
darunter der Musiker Michael Barenboim, die Journalistin Charlotte
Wiedemann und der Berliner SPD-Politiker Mehmed König. Besondere
Vorkommnisse oder Zwischenfälle habe es keine gegeben, so Vancauwenberghe.
Nur als es zwischendurch regnete, hätten alle kurz unter dem Baldachin des
Zeltdachs Zuflucht gesucht.
Ins Gespräch mischt sich ein Passant ein, der ebenfalls eine Kufiya trägt –
ein aus Ägypten stammender Techniker, der seit Kurzem in Berlin lebt. Er
bedankt sich bei den Veranstaltern, möchte Geld spenden und unterstützen.
Er sei bei anderen Protestveranstaltungen gewesen, sogar heute, aber diese
sei mit Abstand die eindrucksvollste, sagt er. Auch er liest später einige
der Namen auf der Liste vor.
In Utrecht hatte es im März eine ähnliche Aktion gegeben: Tausende
Kinderschuhe standen dort auf dem Marktplatz, um an die getöteten Kinder im
Gazastreifen zu erinnern. Weitere Aktionen dieser Art sind in Hamburg und
Paris geplant. Auf der Instagram-Seite der Initiative
honouringthechildrenofgaza sind auch Video-Testimonials zu finden, die
einige der Teilnehmenden aufgenommen haben.
2 Jun 2024
## AUTOREN
Daniel Bax
## TAGS
Gaza
Protest
Berlin
Israel
Kolumne Starke Gefühle
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
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