# taz.de -- Flaggenmarsch in Jerusalem: Eis, Bier und National-Slogans | |
> In Israel ist der Flaggenmarsch eine jährliche Provokation in den | |
> arabischen Vierteln von Jerusalem. Auch der Minister Itamar Ben-Gvir | |
> läuft mit. | |
Bild: Vor dem Damaskustor in Jerusalem am Mittwoch. Für viele Palästinenser i… | |
JERUSALEM taz | Schon am Abend vor dem Jerusalem-Tag am vergangenen | |
Mittwoch, an dem Israelis die Wiedervereinigung Jerusalems im Jahr 1967 | |
feiern, beginnen in der Stadt die ersten Vorkehrungen: Hunderte Polizisten | |
und Militärkräfte sammeln sich nahe der Altstadt, auf einem Parkplatz wird | |
ein tarngrünes Zelt aufgebaut. Auf dem Platz vor der Klagemauer proben | |
Jungen, mit Kippa auf ihren Köpfen, die israelische Fahne wie ein Cape | |
umgebunden, im Kreis hüpfend Lieder für die Feierlichkeiten. | |
Was für einige Israelis ein Fest ist, ist für viele Palästinenser – ob mit | |
oder ohne israelische Staatsbürgerschaft – eine Provokation. Von 1948 bis | |
1967 war Jerusalem geteilt: der Westen von Israel kontrolliert, der Osten – | |
zu dem auch die Altstadt mit der Klagemauer gehört – von Jordanien. Juden | |
wurde während dieser Zeit der Zugang zur Klagemauer verweigert. Nach der | |
Eroberung wird Jerusalem wiedervereinigt, der Ostteil später von Israel | |
annektiert. | |
Die Feierlichkeiten im Westteil Jerusalems gleichen eher einer Art | |
Karneval: Auf einer Bühne nahe dem Rathaus tritt eine Band mit | |
patriotischen Songs auf, Jugendliche tanzen zusammen, die Supermärkte | |
entlang der Partymeile verkaufen Bier an Erwachsene und Eis an Kinder. | |
Doch die Aufschriften der Fahnen und Plakate, die viele bei sich tragen, | |
machen die politische Komponente wieder deutlich: An einem Kinderwagen, | |
geschoben von einem jungen Mann mit umgehängtem Sturmgewehr, weht eine | |
Flagge, die für den Bau des dritten Tempels wirbt. An einem Stand sammeln | |
Jugendliche dafür Spenden. | |
Der dritte Tempel, von dem einige hier träumen, soll auf dem Fundament des | |
zerstörten zweiten Tempels gebaut werden. Was von diesem übrig blieb, ist | |
heute die Klagemauer – und auf dem Plateau, das sie begrenzt, befinden sich | |
der Felsendom und die Al-Aksa-Moschee, eine der wichtigsten Orte der | |
Muslime. | |
Eine Tradition des Jerusalem-Tags ist [1][ein Flaggenmarsch | |
nationalistischer Israelis] durch die Altstadt. Er beginnt am Damaskustor – | |
dem Eingang zum muslimischen Teil der Stadt –, zieht sich durch diesen und | |
endet schließlich an der Klagemauer. Die Bedeutung des Marsches betont der | |
rechtsextreme Minister für Innere Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, in einer | |
Rede: „Jerusalem ist unser. Das Damaskustor ist unser. Der Tempelberg ist | |
unser, und – so Gott will – auch der vollkommene Sieg.“ | |
Die Läden sind geschlossen | |
Die Bilanz des Marsches: Zehntausende Teilnehmer, darunter viele extra aus | |
dem Westjordanland angereiste Siedler. 18 Festgenommene, unter anderem | |
wegen Gewalt gegen Sicherheitskräfte. Mindestens zwei verletzte | |
Journalisten und weitere Angriffe auf Angehörige der Presse. Und | |
Provokationen gegenüber Palästinensern in der Altstadt, die Teilnehmer | |
skandieren unter anderem anti-palästinensische Sprüche. Freiwillige der | |
israelisch-palästinensischen Zivilorganisation Standing Together versuchen | |
sie vor tätlichen Angriffen zu schützen. | |
Die palästinensischen Bewohner der Stadt sind auf den Tag vorbereitet. Die | |
meisten Läden in und an der Altstadt schließen früher oder öffnen erst gar | |
nicht. Ein Obst- und Gemüsehändler, direkt an der Tramhaltestelle | |
„Damaskustor“ gelegen, ist eines der wenigen geöffneten Geschäfte. Auf | |
einem Stuhl vor der Auslage sitzt am Abend ein Verkäufer und beobachtet die | |
Straßensperre und die Polizisten auf der anderen Seite der Haltestelle. Das | |
Hallen der Musik ist hier nur noch dumpf zu hören. Lauter hingegen der | |
Helikopter und die Drohne, die über der Gegend kreisen. | |
6 Jun 2024 | |
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## AUTOREN | |
Lisa Schneider | |
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