# taz.de -- Demonstration zum Nakba-Tag in Berlin: Trotz und Pathos | |
> Hunderte ziehen durch Charlottenburg, um an die Vertreibung von | |
> Palästinenser während des arabisch-israelischen Kriegs 1947 bis 1949 zu | |
> erinnern. | |
Bild: Demonstrations-Teilnehmerinnen am Mittwochabend in Charlottenburg | |
Berlin taz | Am Mittwochabend zog eine Demonstration unter dem Motto | |
„Solidarität mit Palästina – 76 Jahre Al Nakba“ mit 750 Menschen durch | |
Charlottenburg, die Polizei zählte 600 Teilnehmende. Der palästinensische | |
Gedenktag Nakba erinnert an die Flucht und Vertreibung hunderttausender | |
Palästinenser*innen 1948 nach der Staatsgründung Israels und dem | |
darauffolgenden ersten arabisch-israelischen Krieg. | |
Die Nakba stehe für „76 Jahre Vertreibung und Tod“, rief ein Sprecher des | |
Palästinensischen Nationalkomitees. „Aber wir leben und existieren. Allein | |
das ist Widerstand genug.“ Die Menge schwenkte Palästinafahnen. Aber auch | |
Fahnen der linken Partei Mera25 sowie kommunistischer Grüppchen waren zu | |
sehen. Schilder forderten ein „Nein zu einer neuen Vertreibung“ und ein | |
„Recht auf Rückkehr“, ein Ende der Besatzung und ein „Existenzrecht für | |
Gaza“. | |
Eine Sprecherin der kommunistischen Antiimp-Gruppe „Revolution“ rief zu | |
einem Schulstreik am 31. Mai auf. Man werde nicht schweigen, trotz | |
einseitiger Berichterstattung, der drohenden [1][Schließung des | |
Kulturzentrums Oyoun] und der [2][Kündigung der Mädchenzentren Phantalisa | |
und Alia] sowie der [3][Räumung des propalästinensischen Camps an der FU]. | |
Die Polizei war am Mittwochabend stadtweit mit einem Aufgebot von 470 | |
Beamt*innen unterwegs. Die Demo war lautstark, verlief aber friedlich. | |
Die Polizei meldete hinterher zwei Festnahmen. Passant*innen blieben | |
neugierig stehen und machten Fotos, auch viel Presse war vor Ort. | |
Auf der Demonstration war Trotz und Entschlossenheit spürbar, vermischt mit | |
Pathos. „Gerechtigkeit wollen wir“, riefen zwei Kinder ins Mikrofon. Das | |
Altersspektrum war groß, viele augenscheinlich muslimische Frauen war | |
dabei. Die Sprecherin des Vereins „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in | |
Nahost“ ging mit der deutschen Politik hart ins Gericht. Deutschland sei | |
„für Minderheiten in zunehmenden Maß gefährlich“ und habe „offensichtl… | |
nicht aus seiner mit Genoziden gespickten Vergangenheit gelernt“, wetterte | |
sie. Man werde sich als antizionistische Jüd*innen nicht von Deutschland | |
instrumentalisieren lassen und weiter an der Seite der | |
Palästinenser*innen stehen. | |
## Ausschreitungen in Neukölln | |
Zwei junge Frauen mit Kufiya sagten, sie seien hier, um ein Zeichen gegen | |
Ungerechtigkeit und für Solidarität zu setzen. Sie wollen auch versuchen, | |
zur Demonstration „Palestine will be free“ am Samstagnachmittag zu kommen. | |
Diese soll vom Oranienplatz zum Brandenburger Tor ziehen und ist mit 2.000 | |
Teilnehmer*innen angemeldet. [4][Dass sie verboten wird], glaubt hier | |
niemand. | |
Auch eine ältere Türkin demonstrierte in Charlottenburg für ein freies | |
Palästina. „Ich gehe so lange auf die Straße, bis der Krieg vorbei ist“, | |
sagte sie bestimmt. Auch sie glaubt nicht, dass die Demonstration am | |
Samstag verboten wird. Doch selbst wenn: „Angst haben wir nicht.“ | |
Die Polizei geht ebenfalls davon aus, dass die Demonstration am Samstag wie | |
geplant stattfindet. Es werde die „üblichen Verfügungen“ geben, erklärt | |
eine Polizeisprecherin auf Nachfrage. Zur Anzahl der Einsatzkräfte will sie | |
noch keine Angaben machen. | |
Die Leute seien wütend, bemerkte ein kräftiger Mann, vor allem seit der | |
Räumung des Protestcamps. Jede Woche gebe es mindestens eine unangemeldete | |
Spontanversammlung. Das ist auch nun so: Im Neuköllner Reuterkiez | |
versammelten sich am späten Mittwochabend bis zu 200 Menschen. Die auch | |
hier zahlreich anwesende Polizei hatte Lichtmasten aufgestellt und | |
zerstreute schnell die Protestierenden, die vereinzelt Feuerwerk abbrannten | |
und Mülltonnen anzündeten. | |
16 May 2024 | |
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## AUTOREN | |
Darius Ossami | |
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