| # taz.de -- Gefühlskatalysator Fußball: Wenn es menschelt auf dem Platz | |
| > Hinter den Fußballfans liegt eine irre Europapokalwoche. Sie hat auch | |
| > begeistert, weil Fehler gemacht wurden. | |
| Bild: Ein Mensch: Bayern-Torhüter Manuel Neuer bei einer Vorzeigeparade im Spi… | |
| Yoga hilft vielleicht, autogenes Training, eine gemütliche Radtour, eine | |
| Halbe Bier oder eine Tasse Lindenblütentee. Irgendetwas zum Runterkommen | |
| jedenfalls. Eine brutale Woche liegt hinter den Fans des gepflegten | |
| Fußballsports. Der Dortmunder Underdogtriumph über diesen Katarklub aus | |
| Paris. [1][Das Drama um den FC Bayern], der doch tatsächlich heuer mal | |
| keinen Titel gewinnen wird. | |
| Und das immer wieder faszinierende [2][Spiel von Bayer Leverkusen mit dem | |
| Schlusspfiff], der nie ertönt, bevor der deutsche Meister 2024 | |
| sichergestellt hat, dass er wieder nicht verlieren wird. Wie gut, dass es | |
| noch ein paar Wochen dauern wird, bis Leverkusen sein Finale in der Europa | |
| League gegen Atalanta Bergamo spielen wird, bis Dortmund in Wembley beim | |
| Champions-League-Finale gegen Goliath Real Madrid [3][wieder in die | |
| David-Rolle schlüpfen] darf. Zeit zum Durchatmen. | |
| Zeit zum Reflektieren auch. Darüber etwa, woran es wohl liegen mag, dass | |
| der Fußballsport derart starke Emotionen zu erzeugen vermag. Am Dienstag | |
| beim Spiel von Borussia Dortmund bei Paris Saint Germain waren alle Augen | |
| auf Kylian Mbappé gerichtet, den französischen Überstürmer, der bisweilen | |
| wie ein Außerirdischer mit übermenschlichen Fähigkeiten mit dem Ball am Fuß | |
| schneller läuft, als Lucky Luke seinen Revolver ziehen kann. Und was war zu | |
| sehen? Zweikämpfe, die er verloren hat, Bälle, die einfach nicht an seinem | |
| Fuß kleben wollten, wie es sonst immer der Fall ist. Es ist eben doch ein | |
| Mensch, der da am Werk ist, und kein Fußballgott. | |
| ## Mensch, Manu! | |
| Am Tag darauf hatte der FC Bayern eigentlich keine Chance bei Real Madrid. | |
| Im Spiel blieben die Münchner nur deshalb, weil Manuel Neuer eine | |
| Zauberparade nach der anderen ausgepackt hat. Beinahe war man schon geneigt | |
| zu behaupten, es grenze an Wettbewerbsverzerrung, wenn ein beschwerdefreier | |
| Manuel Neuer im Kasten steht. Da ließ er einen Ball nach vorne abprallen. | |
| Madrids Joselu hat sich mit einem Tor dafür bedankt. „Mensch, Neuer!“, | |
| mochte man ausrufen. Und genau das ist er ja auch: ein Mensch. | |
| Ein solcher ist auch Szymon Marciniak, der polnische Schiedsrichter, der in | |
| der allerletzten Spielminute das Spiel der Bayern in Madrid wegen einer | |
| Abseitsstellung zur Pfeife griff und pfiff. Was für ein Fehler! Er hätte | |
| weiterspielen lassen müssen. Nur dann hätte der Assistent im Videoraum | |
| überprüfen können, ob Matthijs de Ligt, der den Ball gerade ins Tor | |
| befördert hatte, wirklich im Abseits stand. | |
| Die Aufregung darüber, ob den Bayern der Ausgleich nicht geklaut worden | |
| ist, dauerte noch bis Freitag an. Fans haben eine Petition gestartet, die | |
| eine Wiederholung des Spiels fordern. Am Sonntag, wenn der FC Bayern zu | |
| seinem nächsten Heimspiel in der Bundesliga lädt, werden die Diskussionen | |
| über Marciniak auf den Rängen gewiss weitergeführt. Worüber soll man auch | |
| sonst reden, wenn der Gegner Wolfsburg heißt? Ja, was wäre der Fußballsport | |
| nur ohne die Fehlbarkeit seiner Protagonisten? | |
| Ob Leverkusens unheimliche Serie ungeschlagener Spiele auch im | |
| Europa-League-Halbfinale gegen AS Rom gehalten hätte, wenn Gästetorwart | |
| Mile Silvar nach einer Ecke nicht derart spektakulär unter dem Ball | |
| hindurchgesegelt wäre, kann niemand sagen. Es war jedenfalls ein Fehler des | |
| bis dahin vielleicht besten Römers, der dem Eigentor (!) von Roms Gianluca | |
| Mancini vorausgegangen ist. Auch in Leverkusen hat es am Donnerstag | |
| gewaltig gemenschelt. | |
| Bei aller Professionalisierung des Fußballs, bei allen auch | |
| wissenschaftlichen Anstrengungen, Siege planbar zu machen, den Zufall zu | |
| eliminieren, am Ende sind es fehlbare Wesen, die da auf dem Platz stehen. | |
| So fehlbar wie jeder Mensch. Auch deshalb ist es so schwer, sich dem Spiel | |
| zu entziehen. | |
| 11 May 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Andreas Rüttenauer | |
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