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# taz.de -- Spionage-Verdacht in der AfD: Wahlkampfauftakt ohne Krah
> Maximilian Krah bleibt EU-Spitzenkandidat der AfD – trotz Festnahme
> seines Mitarbeiters wegen Spionage-Verdachts. Nun ermittelt die
> Staatsanwaltschaft.
Bild: Maximilian Krah am 24.04.2024 in Berlin mit Rundrücken
Berlin taz | „Mein Rücktritt geschah aus Respekt vor den ungeschriebenen
Regeln der Demokratie und auch, um meine persönliche und politische
Integrität nicht zerstören zu lassen“, hat Maximilian Krah nicht gesagt.
Nein, das ist ein Zitat des Bundeskanzlers Willy Brandt, der nach seiner
Spionage-Affäre zurückgetreten war, die sich am Mittwoch auf den Tag genau
zum 50. Mal gejährt hat – am 24. April 1974 wurde Günter Guillome enttarnt,
der DDR-Spion im Kanzleramt.
Ein deutlich weniger gesundes Verhältnis zu politischem Anstand hat der
extrem rechte AfD-Spitzenkandidat für die Europawahl, Maximilian Krah,
angesichts seines eigenen Spionage-Skandals. Er wurde von seinen
Parteivorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla zwar für ein
Krisengespräch für Mittwochfrüh nach Berlin zitiert, gab sich aber bereits
am Dienstagabend bei seiner Ankunft am Flughafen BER demonstrativ gelassen
und sagte: „Ich werde jetzt nicht für das vermeintliche Fehlverhalten
meines Mitarbeiters in Sack und Asche gehen.“
Tatsächlich sind die Vorwürfe schwerwiegend: Krahs Mitarbeiter Jian G.
wurde am Montag festgenommen und am Dienstag dem Ermittlungsrichter
vorgeführt. Der hat einen Haftbefehl erlassen und Untersuchungshaft
angeordnet. Die Vorwürfe des Generalbundesanwalts lauten: Agententätigkeit
für einen chinesischen Geheimdienst in einem besonders schweren Fall. G.
soll Informationen über Verhandlungen im Europäischen Parlament
weitergegeben und chinesische Oppositionelle in Deutschland ausgespäht
haben.
Mittlerweile hat die Staatsanwaltschaft Dresden zwei
Vorermittlungsverfahren gegen Krah eingeleitet. Es geht um mögliche
Zahlungen aus russischen und chinesischen Quellen. Krah streitet ab, Geld
angenommen zu haben. Darüber berichtete zuerst der MDR.
Schon vorher gab es viel innerparteiliche Kritik am provokanten Wahlkampf
von Krah, auch aus der Parteispitze. Mit einer Spionage-Affäre ist das Maß
nun aber offenbar voll: Ernste Gesprächen mit den Mitarbeitern von
Chrupalla und Weidel sowie den Parteivorsitzenden am Dienstagabend und am
Mittwochmorgen sind nach taz-Informationen teils sehr laut geworden.
## Krah bleibt uneinsichtig
Der Wunsch der Parteiführung: Nach der Festnahme des Krah-Mitarbeiters Jian
G. soll der AfD-Politiker beim Europawahlkampf generell in die zweite Reihe
treten. Krah soll allerdings uneinsichtig gewesen sein. Das Ergebnis nach
dem Gespräch: Er bleibt Spitzenkandidat, erscheint aber erstmal nicht auf
Wahlplakaten, Werbematerial und in AfD-Videos – und soll medial weniger
aktiv sein.
In einer danach am Dienstagvormittag verschickten Stellungnahme sprachen
Weidel und Chrupalla von „schwerwiegenden Spionagevorwürfen“ und
„Rufschädigung“ für die Partei. Um den Wahlkampf nicht zu belasten, habe
Krah entschieden, am bevorstehenden Wahlkampfauftakt in Donaueschingen
nicht teilzunehmen, hieß es, sowie seinen Mitarbeiter sofort zu entlassen.
Weidel und Chrupalla sagten: „Jegliche Einflussnahmen fremder Staaten durch
Spionage, aber auch der Versuch, Meinungen und Positionen zu kaufen, müssen
aufgeklärt und mit aller Härte unterbunden werden.“
Dass Krah mit der Einigung nicht sonderlich zufrieden war, konnte man
deutlich erkennen, als er sich nach dem Gespräch mit Weidel vorm Bundestag
der Presse erklärte: „Wenn Sie glauben, das sei das Ende meiner
Spitzenkandidatur, muss ich sie leider enttäuschen: Ich bin und bleibe
Spitzenkandidat“, sagte Krah, „der Wahlkampf wird jetzt natürlich durch
diese Angelegenheit furchtbar überschattet. Man redet jetzt leider über
China statt Europa“, deswegen werde er am Samstag nicht auftreten.
Aber Krah sagte auch: „Ich habe mir kein persönliches Fehlverhalten
vorzuwerfen.“ In seinem Büro sei offenbar eine Straftat begangen worden, er
behauptete, größtes Interesse an Aufklärung zu haben und wolle
rekonstruieren, woran Jian G. gearbeitet habe – „aber es ist eben nicht so,
dass ich es getan habe“, sagte er schulterzuckend mit Unschuldsmiene.
## Als Freund der chinesischen Regierung bekannt
Tatsächlich aber hat Krah so einiges dafür getan, dass Jian G. an sensiblen
Stellen wirken konnte und wirklich überraschend kommt die Spionage-Affäre
für niemanden. Im Europaparlament war Krah für seine Chinafreundlichkeit
bekannt. Der grüne Europapolitiker Reinhard Bütikofer hatte bereits vor
längerer Zeit Krahs Mitarbeiter Spionage vorgeworfen und nannte Krah im
Deutschlandfunk den „lautesten Vasall Chinas“ aus dem rechten Lager im
Europaparlament.
Ebenso hat sich Krah selbst bemerkenswert häufig chinesischer Propaganda
und Narrativen angedient. Nicht nur als er teils auf Kosten chinesischer
Konzerne und der Partei nach China reiste, sondern auch als er
Internierungslager für Uiguren als „Gruselgeschichten“ verharmloste oder im
Bundestag für den 5G-Ausbau von Huawei warb.
Und dann gibt es ja noch Krahs widersprüchliche Erklärungen zu den
Russland-Connections. So ist weiter unklar, warum er bei einer Durchsuchung
und Befragung wegen seiner ebenfalls guten russischen Verbindungen durch
das amerikanische FBI 8.000 Euro Bargeld dabei gehabt haben soll. Ebenso
ist er verwickelt in eine russische Desinformationskampagne um das Portal
„Voices of Europe“.
Auch in der Fraktionssitzung der AfD im Bundestag hat die Spionage-Affäre
für erhebliche Empörung gesorgt. Der Bundestagsabgeordnete Rainer Kraft
hatte am Dienstag gesagt, dass nur Krahs Rücktritt in Frage käme, sollten
sich die Vorwürfe bewahrheiten. Und in der Fraktionssitzung ging es beim
Thema ebenfalls hitzig zu, wie der taz von mehreren Anwesenden bestätigt
wurde. Mehrere Abgeordnete forderten, es müsse Schluss sein mit ständigen
Solidaritätsforderungen nach den ständigen Fehltritten der beiden
Spitzenkandidaten.
## Krah gilt als Freund des Oligarchen
Krah ist nicht der einzige, der ganz unpatriotisch durch ein bemerkenswert
gutes Verhältnis zu anderen Regierungen auffiel: Denn beim
AfD-Wahlkampfauftakt für die Europawahl fehlt auch der Zweitplatzierte auf
der Liste: Petr Bystron ist seinerseits gerade in eine Korruptions-Affäre
verwickelt. Er soll im Zusammenhang mit einer russischen
Desinformationskampagne laut Geheimdienstinformationen Geld angenommen
haben. Der [1][Spiegel berichtete] von Audioaufnahmen des tschechischen
Geheimdienstes, die belegen sollen, wie Bystron raschelnd Geld zählte und
sich darüber beschwerte, dass er 200-Euro-Scheine an deutschen Tankstellen
und Geschäften nicht ausgeben könne.
Zudem soll demnach es Videoaufnahmen geben, die Bystron dabei zeigen, wie
er kleine Pakete von einem Vertrauten des Putin-Vertrauten Oligarchen
Wiktor Medwedtschuk erhält. Bystron streitet alle Vorwürfe ab, allerdings
läuft bei der Generalstaatsanwaltschaft München ein Vorermittlungsverfahren
wegen möglicher Bestechlichkeit. Insgesamt geht es um 20.000 Euro. Auch
Krah gilt als Freund des Oligarchen, erst Montag mussten sich beide deshalb
vor dem AfD-Bundesvorstand erklären.
In Donaueschingen wird am Samstag neben Weidel und Chrupalla nur die Nummer
5 der Europaliste auftreten: Der Bundestagsabgeordnete Marc Jongen. Denn
auch Nummer 3 und 4 sind intern umstritten: René Aust ist ein treuer
Höcke-Gefolgsmann, dessen Nominierung und Wahl auf dem Parteitag für
heftigen Streit gesorgt hatte. Und Nummer vier ist Christine Anderson, die
erst kürzlich ebenfalls [2][die Parteispitze dadurch auf die Palme gebracht
hat], dass sie sich im Europaparlament zur Leiterin der AfD-Delegation hat
wählen lassen – gegen den ausdrücklich erklärten Willen von Weidel und
Chrupalla.
Im Laufe des Mittwochs äußerte sich auch der aktuelle Bundeskanzler Olaf
Scholz zu den Spionage-Vorwürfen gegen Krah: „Das, was wir da erfahren
haben, das finde ich sehr, sehr, sehr besorgniserregend.“ Willy Brandt
hätte es ähnlich gesehen.
24 Apr 2024
## LINKS
[1] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/afd-politiker-petr-bystron-soll-…
[2] https://www.welt.de/politik/deutschland/article250584958/Weidel-und-Chrupal…
## AUTOREN
Gareth Joswig
## TAGS
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