Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Die Wahrheit: „Ich bin der Mario Barth der Musik“
> Das große Wahrheit-Interview mit dem erfolgreichsten KI-Musiker
> Deutschlands Franz Krauder, der mit seinem Hit in der Party-Szene aneckt.
Bild: Franz Krauder durch ein Bierglas
Mit seinem Überraschungshit „Fenster auf Kipp“ ist der KI-Musiker Franz
Krauder die musikalische Entdeckung des Jahres. Etablierte Künstler
versuchen allerdings, ihn kleinzuhalten. Wie tickt der Newcomer, vor dem
sich die Musikindustrie fürchtet?
taz: Herr Krauder, mit Ihrem Song „Fenster auf Kipp“ sind Sie zum
Shootingstar der deutschen KI-Musikszene avanciert. Der Song erfreut sich
auf Spotify, Youtube und Tiktok großer Beliebtheit. Sie sind der wohl
erfolgreichste KI-Musiker des Landes. Was ist Ihr Geheimnis?
Franz Krauder: Als unabhängiger Indie-KI-Komponist mache ich noch Songs für
Menschen, denen ehrliche handgemachte Musik nicht mehr so wichtig ist.
Musik ist für mich in erster Linie ein Konsumprodukt, das beiläufig
weggedudelt wird, während man Sport macht oder sich besäuft – ich weiß,
dass eine große Mehrheit das genauso sieht.
In der Tat: Ihre Fans werden von Tag zu Tag mehr. Wie erklären Sie sich
das?
Die Leute schätzen an mir, dass ich überhaupt nicht authentisch bin, keine
Botschaft habe und meiner Musik keinerlei Bedeutung zumesse. Im Gegensatz
zu den meisten Künstlern ist mir vollkommen bewusst, dass Kunst und Kultur
immer nur das Rahmenprogramm für die Gastronomie sind.
Welche Rolle spielt Musik in Ihrem Leben?
Mir ist Musik im Grunde genauso egal wie Politik und Umwelt.
Auf dem Cover zu „Fenster auf Kipp“ sehen wir ein Bier und eine Echse –
wieso?
Weil ich gern Bier exe.
Kritiker der KI-Musik bemängeln, dass die KI lediglich auf bereits
produzierte Songs zurückgreifen könne und somit nichts wahrhaft Neues
entstünde.
Die Kritik ist berechtigt. Im Gegensatz zu menschlichen Musikern lässt sich
die KI von bestehender Musik inspirieren und beeinflussen. Zur klanglichen
Vielfalt insbesondere der Radio-Pop-Musik, wo jedes Lied einen eigenen
unverwechselbaren Sound hat, können wir KI-Musiker deshalb nichts
beitragen.
Haben Sie musikalische Vorbilder?
Na klar! Mein größtes Vorbild ist Mark Forster. Ich selbst gebe mir beim
Schreiben meiner Songs wie gesagt wenig Mühe, aber trotzdem schreibe ich
sie noch ganz allein. Da ist mir Mark Forster einen Schritt voraus: Allein
an seinem Lied „Übermorgen“ waren sieben Songwriter beteiligt. Der Mann ist
ein perfektes Produkt, das einen Grad an Künstlichkeit erreicht hat, an den
meine KI-Songs leider noch nicht heranreichen. Ebenso bewundere ich Helene
Fischer: Sie hat es geschafft, an nur ganz wenigen ihrer Lieder selbst
mitschreiben zu müssen. Und die Songs, an denen sie mitgewirkt hat, sind
auch mit Abstand die schlechtesten aus ihrem Œuvre. Für mich ein klares
Signal.
Ihr Erstlingswerk „Fenster auf Kipp“ lässt sich dem Ballermann-, Schlager-
und Après-Ski-Genre zuordnen. Warum haben Sie sich für dieses spezielle
Feld entschieden?
In dieser Szene finden sich noch normale Leute, die gerne Lieder zum
Feierabend im Auto hören oder zu Hause zum Start ins Wochenende. Keine
Zwölftonfachsimpler oder Jazzfuzzis, die aus ein paar gedrückten
Klaviertasten irgendwelche metaphysischen Zusammenhänge herauslauschen
wollen. Ich bin der Mario Barth der Musik.
DJ Robin, der Macher des umstrittenen Schlagers „Layla“, kritisierte jetzt
Ihren Song „Fenster auf Kipp“ in der Stuttgarter Zeitung: Das Lied klinge
nicht nach menschlichen Gefühlen.
Über dieses Lob habe ich mich sehr gefreut. Ich denke, genau das macht
„Fenster auf Kipp“ auch so erfolgreich.
Verstehen Sie, dass die Musikindustrie Angst vor Ihnen hat?
Ja, ich bin für die Musikindustrie das, was der Rasenmähroboter für die
Hersteller von konventionellen Rasenmähern war. Auch Journalisten wie Sie
sollten Angst vor der KI haben, aber ich weiß, dass Sie gelassen bleiben,
weil es bekanntlich keinen Berufsstand auf der Welt gibt, der sich
wichtiger nimmt als der Journalismus.
In der Tat mache ich mir wegen ChatGPT und Konsorten keine Sorgen, ein
Interview wie dieses wird die KI niemals führen können. Aber noch eine
letzte Frage zu Ihnen: Haben Sie einen anderen Blick auf herkömmliche
Musik, seit Sie professioneller KI-Künstler sind?
Seit ich KI-Musik mache, fällt mir auf, wie schlecht menschliche Musiker
sind. Ein ungeschultes Ohr bekommt das mitunter nicht mit, aber
Menschenmusiker machen ständig kleine Fehler, spielen etwa Töne nicht ganz
sauber an oder haben ein wackliges Rhythmusgefühl. Keine Ahnung, wie man
das seinen Ohren früher antun konnte. Wenn man sich einmal an die
klangliche Perfektion und die Exaktheit der KI gewöhnt hat, schüttelt es
einen, wenn man diesen handgemachten Schreddersound hören muss. Vor allem
Livekonzerte sind für mich mittlerweile ein echter Graus.
Herr Krauder, wir danken Ihnen für das aufschlussreiche Gespräch und
wünschen weiterhin viel Erfolg!
7 May 2024
## AUTOREN
Cornelius Oettle
## TAGS
Bier
Schwerpunkt Künstliche Intelligenz
Popmusik
Jürgen Klinsmann
TikTok
Slowenien
## ARTIKEL ZUM THEMA
Die Wahrheit: „Nie wieder Pjöngjang!“
Das Wahrheit-Interview: Erstmals nach seiner Entlassung als südkoreanischer
Nationaltrainer äußert sich Jürgen Klinsmann öffentlich.
Die Wahrheit: Hirnloser Bullshit im Hochformat
Intrusive Gedanken: Ein neues extrem krudes Phänomen geistert durch
sämtliche Medien, vor allem aber durch das bei Gedankenlosen beliebte
Tiktok.
Die Wahrheit: Bärenschwere Slowenen
Donnerstag ist Gedichtetag auf der Wahrheit: Zur „Slowenischen Woche“ darf
man sich an einem Poem über hungrige Buchmessengäste erfreuen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.