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# taz.de -- Die Wahrheit: Markus allein unterwegs
> Der bayerische Ministerpräsident findet und findet keinen Ersatz für
> seinen afghanischen Doppelgänger. Söder ist seitdem im Roadshow-Stress.
„Der soll sich nicht so anstellen! Burn-out, das haben vielleicht die
anderen. Wir doch nicht!“ Weil sich das Casting für einen Nachfolger als
schwieriger erwies als gedacht, musste Markus Söder die folgenden Wochen
ohne seinen Doppelgänger bestreiten. Der Ministerpräsident war außer sich.
„Burn-out – Babberlababb!“ Aber es half nichts. Die Zeiten, in denen er
sich die zahlreichen Aufgaben eines bayerischen Regierungschefs mit seinem
Doppelgänger geteilt hat, waren erst mal vorbei.
Und warum war es eigentlich so schwer, einen Nachfolger zu finden? Als
Ministerpräsident durch das Land zu tingeln, das war ja nun wirklich nicht
allzu schwer. Hier ein Volksfest eröffnen, da auch und dort ebenfalls.
Sollte er das jetzt alles selbst machen? Eine Zumutung! Wo er doch seit
Geburt eine schwere Bierallergie hatte, die er seit Jahren nun schon
erfolgreich mit Cola Light bekämpfte. Aber auch das bekam man ja jetzt
nicht mehr überall. Auch im ICE-Bordrestaurant hatten sie auf Cola Zero
umgestellt. Nein, so ein Ministerpräsident hatte es wirklich nicht leicht.
Markus Söder ärgerte sich. Und er fragte sich, ob es wirklich eine gute
Idee gewesen war, der FDB das Verkehrsministerium zu überlassen.
Wie gut, dass seine Mitarbeiter wussten, wie man den MPR, wie sie den
Ministerpräsidenten liebevoll nannten, besänftigen kann. „Weil es eben
nicht so viele Männer gibt, die so gut aussehen wie Sie“, sagte einer, als
Söder wieder einmal fragte, warum sich die Doppelgängersuche so lange
hinzog. „Wo er recht hat, hat er recht“, dachte sich Söder und fast schien
es so, als zeichnete sich auf seinem Gesicht ein leichtes Lächeln ab. Doch
viel Zeit für die ehrliche Freude über ein gewiss zutreffendes Kompliment
blieb nicht. In Mering galt es schon in wenigen Stunden auf dem Volksfest
ein Bierfass anzuschlagen.
## Mit Neid an Putin gedacht
Mering! „Mit so etwas muss sich der Putin nicht abgeben.“ Mit einer
gehörigen Portion Neid dachte er an den russischen Staatspräsidenten. Der
hatte zwar in den vergangenen Jahren „viel Mist gebaut“, wie er es in einer
CSU-Vorstandssitzung einmal nannte, aber es war eben nicht alles schlecht,
was aus dem Kreml kam. Die Idee, sich als Staatschef einen Doppelgänger
zuzulegen zum Beispiel. Er erinnerte sich daran, wie er sich im Januar 2020
bei seinem Besuch in Moskau darüber gewundert hatte, dass Wladimir Putin
ganz anders aussieht als im Fernsehen, wenn man ihm gegenübertritt. Als ihm
später dann die Gerüchte über Putins Doppelgänger zugetragen wurden, fiel
es ihm wie die Kruste vom Schäufele.
Schnell machte sich sein Team auf die Suche und bald war einer gefunden,
der nicht nur fast so aussah wie der Ministerpräsident, sondern auch
etliche Gewohnheiten pflegte, die Söder selbst über die Jahre lieb geworden
waren. Die Hose auf Bauchnabelhöhe zu tragen war eine davon. Auch musste
man dem Double nicht beibringen, sich bei Fotos so breitbeinig
hinzustellen, wie Söder es immer tat. Der Mann war ein Naturtalent. Wie
gut, dass den zuständigen Stellen die Ähnlichkeit des Mannes mit Söder noch
rechtzeitig aufgefallen war. So konnte der Bundesgrenzschutz den gebürtigen
Afghanen noch aus der Maschine holen, die am Flughafen München schon
bereitstand, um abgelehnte Asylbewerber in ihre Herkunftsländer zu
schaffen.
Deutsch konnte der Mann schon sehr gut, und weil er sich den fränkischen
Akzent des Ministerpräsidenten so schnell angeeignet hat, durfte man ihn
getrost als sprachbegabt bezeichnen. Viel gab es ja nicht zu sagen. Im
Grunde waren es immer dieselben Textbausteine, die es abzusondern galt.
Irgendwas gegen Gendern, gegen Kiffer, für Kernkraft, gegen die Grünen, für
Bauern, für Verbrennungsmotoren, gegen Verbote. Nur selten arbeiteten
Söders Mitarbeiter neue Textbausteine aus, die der Ministerpräsident dann
ebenso wie sein Doppelgänger auswendig zu lernen hatte.
Und das Privatleben von Söder war ja nun auch wahrlich alles andere als
komplex. „Ich war schon immer ein großer Filmfan.“ So ein Satz ist schnell
gelernt. „,Startrek' und,Starwars' haben unterschiedliche Ansätze, aber ich
bin ein Fan von beiden“, ist auch nicht besonders schwer. „Bayern ist
Sonnenland. Bayern ist Autoland. Bayern ist Hightech-Land. Bayern ist
Kulturland.“ Nein, wirklich schwer war der Job als Söder-Doppelgänger nun
wahrlich nicht.
Gut, in den vergangenen Wochen war einiges zu tun. Söder hatte sein Double
nach China geschickt, zu Maybrit Illner, zu irgendeinem Pferdefest für
einen Heiligen („Bayern ist Pferdeland“), zum Spazierengehen mit seinem
Hund („Bayern ist Hundeland“), zum Händeschütteln mit Verbandsvertretern,
die irgendwas mit Mittelstand zu tun hatten („Bayern ist Verbändeland“),
und zu einem Spiel des 1. FC Nürnberg („Ich war immer schon großer Fan“).
Vielleicht war es der Auftritt des Glubbs, der seinem Double den Rest
gegeben hat? Dafür hatte er fast so etwas wie Verständnis. Es war
schließlich kein Zufall, dass er nicht selbst ins Stadion gegangen war. Er
war sich dennoch sicher, dass ein solches Zweitligaspiel immer noch besser
war, als sich vor der versammelten bayerischen Handwerkerschaft von diesem
Robert Habeck belehren zu lassen. Ausgerechnet dieser Termin war bei Söder
selbst hängengeblieben.
Der Ministerpräsident war nachdenklich. Oft hatte er schon das Wort
„Fachkräftemangel“ verwendet, aber erst jetzt, da er keinen Doppelgänger
fand, wurde ihm klar, was es bedeuten kann, wenn man für eine bestimmte
Aufgabe einfach niemanden findet. Manchmal scheiterte es an Kleinigkeiten.
Der eine Bewerber aß aus religiösen Gründen keine Nürnberger Würstel, ein
anderer weigerte sich doch glatt, schlecht gebügelte Hosen anzuziehen. Was
war nur los in diesem Land? Empfand es denn niemand als Ehre, in die Rolle
des bayerischen Ministerpräsidenten zu schlüpfen? Er konnte es ja schlecht
machen wie Wladimir Putin und einfach ein Nachbarland überfallen, um ein
größeres Reservoir an Leuten zu haben, die für die Doppelgängerrolle
infrage kamen.
Gleich musste er nach Mering aufbrechen. Wann war er eigentlich das letzte
Mal in Schwaben gewesen? Den Regierungsbezirk hatte immer sein Doppelgänger
bearbeitet. Er fragte sich, was dort wohl besser ankam, Kiffen oder
Gendern. Söder warf eine Münze. Zahl. Er würde also wieder gegens Gendern
wettern. „Bayern ist Männerland.“ Nein, es war wirklich nicht schwer.
4 May 2024
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
## TAGS
Die Wahrheit
Markus Söder
Bayern
Berufspolitiker
Doppelgänger
CSU
Schwerpunkt Afghanistan
Fußball-WM
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