# taz.de -- Traumberuf Trainer: Samstage ohne Stadion | |
> Begriffsstutzige Spieler, Beleidigungen und am Ende die Entlassung – muss | |
> das sein? Bekenntnisse eines Trainers, der keiner mehr ist. | |
Bild: Nicht nur bequem: Thomas Tuchel saß auch schon auf der Bank im Heidenhei… | |
Wie wunderbar Samstagnachmittage doch sein können, wenn man sie nicht in | |
irgendeinem Stadion auf der Trainerbank verbringt. Niemand, der beleidigt | |
ist, weil er nicht von Anfang an spielen darf, kein Schiedsrichter, der | |
einem mit seiner blöden Pfeife die Ohren taubtrillert, keine VIP, denen man | |
nach dem Spiel lustige Anekdötchen erzählen soll – was ein Glück. | |
Na ja gut, am Anfang erschien das Trainerwerden wie ein wahr gewordener | |
Traum: Nach 32 Jahren Kickerei, wenn man die F-Jugend mitrechnet, weiter | |
irgendwas mit Fußball machen, was könnte es Schöneres geben? Nix. | |
Verborgene Talente entdecken, revolutionäre Konzepte entwickeln, furchtlos | |
Altstars in Pension schicken – was ein Leben! [1][Gefeiert werden als | |
Retter], als Meistermacher, als Taktikgenie, umringt von Spielern, die | |
einem blind vertrauen. | |
Konnte man ja nicht ahnen, wie stressig der Job in Wirklichkeit war, bei | |
wirklich jedem verdammten Verein. Immer alles erklären müssen, jeden Tag | |
von vorn, den Spielern den großen Plan und dem Vereinsboss, warum man nicht | |
nach Norwegen fahren und ihm da einen eigenen Erling Håland spottbillig | |
einkaufen will. | |
Und den Fans natürlich, warum der Verein nicht schon längst Serienmeister | |
ist. Das allein wäre ja schon ermüdend genug – sich aber zu jeder | |
Pressekonferenz nach den Spielen auch noch irgendeinen lustigen Spruch | |
ausdenken zu müssen, um nur ja Lockerheit und Originalität zu | |
demonstrieren, boah, das nervte vielleicht. Und wozu das alles? | |
## Ohne Mitleid | |
Irgendwann wird man doch gefeuert. Das ging früher so: Man schlug sonntags | |
die Zeitung auf und sah den eigenen Oberkörperumriss, meistens in Hellblau, | |
auf der Seite eins, plus die Schlagzeile, dass eine Trainerentlassung | |
unmittelbar bevorsteht. Am besten packte man dann gleich, ohne zu Ende zu | |
frühstücken. Und bereitete sich auf das folgende Hohngelächter vor. Weil | |
niemand Mitleid mit entlassenen Trainern hat, niemand. | |
Ne, Samstagnachmittage zu Hause sind immer noch ganz was Wunderbares. | |
Fußball gucken kann man ja trotzdem – und sich freuen, [2][dass man nicht | |
Bayerntrainer geworen ist], nicht auszudenken, wie man sich nach der | |
Niederlage gegen Heidenheim fühlen würde. Gegen Vereine aus Orten, die mit | |
-heim oder -dorf enden, verlieren Klubbosse und Fans nämlich am | |
allerungernsten. Und natürlich gegen Abstiegskonkurrenten, also | |
Bochum-Coach zu sein wäre jetzt auch nicht schön. | |
Oha, guck an, im Internet prangt doch tatsächlich schon ein Männerumriss | |
neben den Spielberichten, [3][nur halt in Gelb]. Eine Trainerentlassung | |
stehe an, heißt es daneben. Armer Kerl, aber der wird schon auch noch | |
lernen, wie schön Samstage außerhalb des Stadions sein können. | |
7 Apr 2024 | |
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## AUTOREN | |
Elke Wittich | |
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