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# taz.de -- Prozess gegen Klimaaktivisten: Mit Stahlrohr gegen den Klimawandel
> Elmar Keul ist Lehrer – und bei Extinction Rebellion. Aktuell steht er
> wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte vor Gericht.
Bild: Extinction Rebellion im August 2021 vor dem Brandenburger Tor
Berlin taz | Am Amtsgericht Tiergarten hat am Freitag der Prozess gegen den
Lehrer Elmar Keul begonnen, dem Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte
vorgeworfen wird. Der Klimaaktivist hatte sich im August 2021 bei einer von
Extinction Rebellion (XR) organisierten Protestaktion vor dem Brandenburger
Tor an einem von zuvor abgestellten Lkw „mit einem sogenannten Lock-on,
einem Stahlrohr“ festgemacht, wie er selbst bestätigt.
Aus Sicht der Staatsanwaltschaft erfüllt das Festmachen den Tatbestand des
Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte. „Das sehen wir nicht so, weil das
Rohr leicht zu lösen war. Die Polizei brauchte dafür vielleicht fünf
Minuten“, sagt Keul zur taz.
Der Protest vor bald fast drei Jahren hatte samt Blockade der Straße auch
deshalb für einiges Aufsehen gesorgt, weil einzelne Aktivist*innen auf
das Brandenburger Tor geklettert waren, um ein Transparent herunterhängen
zu lassen. Die heute mit Straßenblockaden und Wahrzeichenprotesten
verbundene Letzte Generation war zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal
gegründet.
## Kein Problem mit dem Neutralitätsgebot
Der XR-Aktivist Keul ist Lehrer für Geschichte und Philosophie an einem
Abendgymnasium für Erwachsenenbildung im nordrhein-westfälischen Siegburg.
Gerade in dieser Rolle sehe er sich dazu verpflichtet, auf die
Klimakatastrophe aufmerksam zu machen, sagt er. Schließlich habe er einen
Eid auf die Verfassung geschworen. „Dieser Diensteid verpflichtet mich
dazu, für den Schutz der Gesellschaft einzutreten. Und die
Klimakatastrophe, die auf uns zurollt, stellt ja genau das auch in Frage.“
Mit Blick auf das für Beamte geltende Neutralitätsgebot hat Keul keine
Bedenken. „Wir haben die Verpflichtung, dass wir uns in politischen Fragen
neutral verhalten, damit ist aber die Parteipolitik gemeint“, sagt er. Sein
außerschulisches Engagement für XR sei folglich davon nicht betroffen. „Das
Mäßigungsgebot gilt ebenso, also wir dürfen keine extremen Aussagen
tätigen. [1][Aber für den Klimaschutz und den Schutz der Demokratie
einzutreten], ist ja nichts Extremes.“
Dementsprechend stehe auch die Schulleitung inhaltlich hinter ihm. In der
Schule bekomme er vor allem drei Kategorien von Personen mit, wenn es um
das Thema Klimawandel gehe. Keul sagt: „Manchen ist es egal, sie denken nur
an ihr kurzfristiges Vergnügen; andere sehen das Problem durchaus und
würden sich auch gerne mehr engagieren; die dritte Gruppe denkt, dass es eh
zu spät ist.“ Zur letzten Gruppe gehöre „leider auch“ sein Sohn.
Den Zukunftspessimismus könne er schon nachvollziehen. „Aber ich finde das
echt schlimm. Gerade diesen Personen würde ich gerne Hoffnung geben“, sagt
der Klimaaktivist. [2][Das sei dann auch der Grund, warum er auf die
Straße] gehe.
## Verfahren wird möglicherweise ausgesetzt
Im Prozess vor dem Amtsgericht wurde am Freitag vor allem darüber
diskutiert, das Verfahren auszusetzen. Hintergrund sind zwei weitere, noch
ausstehende Verfahren gegen Elmar Keul, die so nun gebündelt werden sollen.
Keul wurde die Einstellung der Verfahren in Aussicht gestellt, wenn er
dafür den Strafbefehl im aktuell verhandelten Verfahren akzeptiert.
Vermutlich wird am Ende eine Gesamtstrafe verhängt, so Keuls Anwältin. Wann
genau über die Zusammenlegung der Verfahren entschieden wird, ist noch
nicht entschieden.
23 Mar 2024
## LINKS
[1] /Extinction-Rebellion-Aktionen-in-Berlin/!5792289
[2] /Letzte-Generation-plant-Blockade/!5965242
## AUTOREN
Carlotta Kuhlmann
## TAGS
Extinction Rebellion
Protest
Schwerpunkt Klimawandel
Amtsgericht
Aktivismus
Schwerpunkt Klimaproteste
Letzte Generation
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Extinction Rebellion
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