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# taz.de -- Hannover will Bibliotheken schließen: Von Angry Birds und Sparplä…
> Wie haben Nicht-Leser bloß ihre Kindheit und Jugend überlebt? Mir ist das
> ein Rätsel. Ebenso, wie Hannover an falscher Stelle sparen will.
Bild: Gibt´s mittlerweile auch als Film: Angry Birds
Vielleicht habe ich schon einmal erwähnt, dass ich ein annähernd
fetischistisches Verhältnis [1][zu bedrucktem Papier habe.] Das ist nicht
leicht für Menschen, die gezwungen sind, sich Räume mit mir zu teilen.
Nicht-Leser sind mir ein Rätsel: Wie haben die bloß ihre Kindheit und
Jugend überlebt? Wie machen die denn, dass ihnen neue Gedanken in den Kopf
kommen? Ich werde das nie verstehen.
Zu meinen allerliebsten Kinderfotos gehört das Bild meines Erstgeborenen,
wie er am Küchentisch sitzt, das circa dreijährige Patschehändchen an
seiner Bärchentasse und hochkonzentriert auf das Feuilleton der
Süddeutschen Zeitung guckt. Eine entzückende Imitation meines
Morgenrituals. Natürlich konnte er zu diesem Zeitpunkt noch nicht lesen,
aber aus irgendeinem Grund, den ich längst vergessen habe, bestand das
Aufmacherbild aus mehreren Reihen von Angry Birds.
Natürlich habe ich diese Kinder frühzeitig in Bibliotheken geschleppt. Für
mich sind Bibliotheken und Buchläden magische, heilige Orte, man darf mich
dort jederzeit aussetzen, wenn die Zombie-Apokalypse kommt, wissen Sie, wo
Sie mich finden.
Natürlich finde ich es skandalös bis unmöglich, wenn die Stadt Hannover
jetzt gleich zwei Stadtteilbibliotheken einsparen will. Wobei mir
allerdings auch mulmig wird: Der Protest dagegen scheint die übliche
soziale Schlagseite zu haben. Am Lautesten ist er in der Südstadt – also
jenem Stadtteil, wo die allermeisten Kinder üppig bestückte Bücherregale zu
Hause haben und man leicht auf die Zentralstelle der Stadtbücherei im
selben Stadtteil ausweichen könnte, wenn [2][die kleine Stadtteilbücherei
schließt.] Online-Petition: 31.986 Unterschriften.
## An der falschen Ecke gespart
Die Nordstadt gilt auch als irgendwie hip, vor allem in Uni-Nähe. Die
Stadtteilbibliothek liegt allerdings eher an der Ecke, wo es so langsam vom
Hippen ins Ranzige übergeht. Alternativen sind von hier aus schlechter
erreichbar, der Stadtteil ist insgesamt strukturell ärmer. Online-Petition:
4.589 Unterschriften.
Und dann ist da noch diese Geschichte am Kronsberg. Der schaffte es vor
fast zwei Jahren sogar in die „Tagesthemen“ mit seiner marodierenden
Jugendbande. Alles ganz katastrophal, fand man damals und stellte fest: Es
gibt zwar ein dutzend Spielplätze, aber kaum Angebote für Jugendliche. Das
einzige Jugendcafé im Stadtteilzentrum hatte nur sporadisch geöffnet und
soll jetzt vollständig eingespart werden. Eine Online-Petition, die dagegen
protestiert, habe ich nicht gefunden.
Natürlich argumentiert die Stadt, sie würde ein neues, besseres Angebot im
gerade entstehenden Stadtteil Kronsberg-Süd schaffen. Also irgendwann in
den nächsten paar Jahren, nehme ich an. Ein Angebot, das dann natürlich
auch Zeit braucht, um sich zu etablieren. Da können sich die Kinder, die
jetzt in den Kindergarten gehen, schon einmal drauf freuen. Die
coronageschädigten aktuellen Jahrgänge müssen halt sehen, wo sie bleiben.
Aber vielleicht kommt alles noch ganz anders. Immerhin gibt es auch in den
verschiedenen Ratsfraktionen Widerstand gegen diese Sparpläne, man brütet
über Alternativen, heißt es. Vielleicht geht es dann doch noch an den Etat
für Vereine und Verbände, obwohl Grüne und SPD das vor ein paar Monaten
noch rundheraus abgelehnt hatten. Mal sehen, wen es dann trifft.
24 Mar 2024
## LINKS
[1] /Auftakt-zur-Leipziger-Buchmesse/!5996640
[2] /Blindenbuechereien-in-Deutschland/!5060333
## AUTOREN
Nadine Conti
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Kolumne Provinzhauptstadt
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Hannover
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Schwerpunkt Leipziger Buchmesse 2024
Lesestück Recherche und Reportage
Blinde
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