# taz.de -- Radsport-Klassiker: Der Uneigennützige | |
> Weltmeister und Titelverteidiger Mathieu van der Poel verhilft seinem | |
> Teamkollegen Jasper Philipsen zum Sieg bei Mailand–San Remo. | |
Bild: Mathieu van der Poel in Aktion: beim Frühjahrsklassiker Mailand-San Remo | |
„Kühl die Beine etwas ab, mach, dass es langsamer wird“, rief Jasper | |
Philipsen auf dem letzten Teil des 288 Kilometer langen Rennens dem Mann | |
mit der Nummer 1 auf dem Rücken, zu. Der tat, wie ihm geheißen. Dabei war | |
es [1][Mathieu van der Poel], Titelverteidiger des Klassikers Mailand–San | |
Remo und am Regenbogentrikot als amtierender Weltmeister zu erkennen. „Es | |
hätte mir gefallen, bis zum Ziel mit [2][Tadej Pogacar] zu fahren“, | |
beschrieb er die Situation, die ihn allein mit dem zweifachen | |
Tour-de-France-Sieger ganz vorn in der Abfahrt vom letzten Hügel des | |
Rennens sah. | |
Das war das Bild, das alle erwartet hatten. Das größte Rundfahrttalent der | |
Gegenwart mit dem weltbesten Klassikerfahrer seiner Generation ganz vorn im | |
Kampf um die Krone beim Frühjahrsklassiker. Und für Momente war es auch | |
tatsächlich zu sehen. | |
Van der Poel allerdings entschloss sich anders. „Als ich sah, dass Jasper | |
nach dem Poggio noch immer in der Nähe war, wurde mir klar, dass es auf ein | |
ganz anderes Finale hinausläuft“, erklärte er später. Also wartete er. | |
Philipsen kam heran, aber der ähnlich schnelle Ex-Weltmeister [3][Mads | |
Pedersen] ebenso. Auch Michael Matthews, immerhin schon zweimal in San Remo | |
auf dem Podium, war wieder mit im Spiel. | |
Mehr Konkurrenz also. Aber van der Poel traute seinem Teamkollegen den ganz | |
großen Wurf zu. „Jasper sagte mir, dass er tolle Beine habe. Wir sind es | |
gewohnt, uns ehrlich zu sagen, wie die Dinge stehen, weil wir es gewohnt | |
sind, zusammenzufahren. Und Jasper ist auch mehr als ein reiner Sprinter“, | |
erläuterte er seinen Entschluss. | |
Er gab einen möglichen Sieg über Pogacar her für ein Finale, das auf seinen | |
Teamkollegen zugeschnitten war, das dieser aber auch erst einmal gewinnen | |
musste. „Es waren am Ende nur Zentimeter, die zwischen mir und Matthews den | |
Ausschlag gaben, Zentimeter, die bei diesem Rennen alles bedeuteten“, gab | |
Philipsen im Ziel auch zu. Er gestand sogar, auf dem letzten Kilometer | |
gerade wegen des großherzigen Verhaltens seines Teamgefährten mächtig Druck | |
verspürt zu haben. „Ja, ich hatte wirklich Angst im Finale, denn ich wollte | |
das nicht vermasseln. Ich habe mich in dem Moment nicht mal getraut, mich | |
umzugucken, wie viele Jungs noch da waren. Und weil ich in diesem Jahr | |
schon ein paar Sprints versaut hatte, dachte ich auch, wenn das hier wieder | |
passiert, wäre das eine komplett verpasste Chance im Leben. Und ich würde | |
sicher die ganze nächste Woche nicht schlafen können.“ Die Schlaflosigkeit | |
aus Frust blieb Philipsen erspart. Höchstens vor Freude könnte er wach | |
geblieben sein. | |
Außer der von van der Poel gab es noch eine schöne und sportlich faire | |
Geste am Zielstrich von San Remo. Tadej Pogacer, im Sprint noch immerhin | |
Dritter, umarmte Sieger Philipsen und den Zweiten Matthews. „Es ist ein | |
tolles Podium mit den beiden. Michael und Jasper sind auch gute Freunde für | |
mich“, sagte er, nachdem er sich aus der Dreierjubeltraube wieder gelöst | |
hatte. Pogacar hatte bei diesem Rennen den Sieg angestrebt. Er hatte sein | |
Team schon bei den ersten Hügeln zum Tempo machen eingesetzt und an der | |
Cipressa das Feld dezimiert. Er hielt dann aber inne, weil ihm 22 Kilometer | |
vor dem Ziel nur ein Helfer übrigzubleiben drohte. An diesem Punkt schon | |
war Pogacars Plan gescheitert. Zwei Antritte am Poggio reduzierten das Feld | |
zwar weiter, aber nicht genug für einen Sieg. Trotzdem freute sich Pogacar | |
über den Kampf, den er geliefert, und die Show, an der er mitgewirkt hatte. | |
Van der Poel, Pogacar – das erste große Radsportmonument des Jahres | |
schickt Bilder, die die Welt braucht. | |
17 Mar 2024 | |
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## AUTOREN | |
Tom Mustroph | |
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