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# taz.de -- Frühjahrsklassiker in Radsport: Antritt mit Ansage
> Der Slowene Tadej Pogacar steigt mit toller Form in die Radsport-Saison
> ein, gewinnt auf den Strade Bianche und will Historisches erreichen.
Bild: Solo in und um Siena: Tadej Pogacar fährt allen davon
Erstes Saisonrennen, erster Sieg, Tadej Pogacar könnte kaum besser in seine
Mammutsaison mit Giro und Tour, Olympia und WM einsteigen. 81 Kilometer
vorm Ziel der [1][Strade Bianche] entschied sich der Slowene
davonzustiefeln. Es sah extrem einfach aus. Pogacar hatte sich zuvor an die
Spitze der nur noch zwei Dutzend Fahrer fassenden ersten Gruppe gesetzt.
Dann drückte er etwas stärker auf die Pedalen. Sepp Kuss, der Vuelta-Sieger
des letzten Jahres, bäumte sich noch kurz auf, blickte sich um, sah leere
Gesichter hinter sich und resignierte dann auch. Pedalumdrehung für
Pedalumdrehung entfernte sich der Slowene.
Am Ende hatte er fast drei Minuten Vorsprung – genügend Zeit, um vom Rad zu
steigen, es in Siena über den Kopf zu heben wie einen Lorbeerkranz. Es war
eine Krönung ganz eigener Art. „Man kann die Aktion tatsächlich mit den
Leistungen von Eddy Merckx vergleichen. Es war historisch, was Tadej heute
geleistet hat“, zollte ihm der frühere Weltmeister und aktuelle
Eurosport-Kommentator Philippe Gilbert Respekt.
Gilbert war ein besonderer Zeuge der Überlegenheit des Slowenen. Denn vorm
Rennen hatte der ihm exakt ins Mikrofon gesagt, wann er angreifen würde, am
Monte Sante Marie. Gilbert wollte es kaum glauben, die Rennfahrer, die mit
Pogacar im Wettkampf waren, hätten es wohl auch nicht für bare Münze
genommen. Aber Pogacar steigt auf einem solch hohen Niveau in diese Saison
ein, dass er seine Taktik verraten kann – und trotzdem ist kein Kraut gegen
ihn gewachsen.
Ganz so einfach wie es aussah, war der Job dann aber auch nicht. Sein Team
UAE hatte vorher das Rennen extrem schwer gemacht. Einige Mitfavoriten
hatten längst den Kontakt verloren. Und für den Slowenen selbst war auch
die Härte der bis dahin gefahrenen Kilometer ein Grund, so früh
anzugreifen. „Es war ein hartes und schnelles Rennen von Beginn an. Durch
den Regen war der Belag auch schwer. Zeitweise hat man auch nicht gut
gesehen. Deshalb entschloss ich mich, es so früh allein zu versuchen“, gab
er später zu Protokoll.
## Der notorische Wegfahrer
Er konnte sich dabei auf die Fassungslosigkeit seiner Rivalen verlassen.
Die schienen es anfangs nicht für möglich zu halten, dass Pogacar
tatsächlich mehr als 80 Kilometer als Solist verbringen will. Dann aber
fehlte ihnen die Kraft, um die kleine Lücke von zehn, fünfzehn Sekunden zu
schließen. „Ich wusste, wenn ich einmal vorne weg bin, muss ich das auch
bis zum Schluss durchziehen“, gestand Pogacar. Die ersten Minuten seiner
Attacke waren die entscheidenden.
Über viele Kilometer danach bewegten sich er und seine Verfolger eher im
Gleichschritt. Pogacar konnte sich in dieser Phase darauf verlassen, dass
sein Teamkollege Tim Wellens Tempoverschärfungen im Verfolgerfeld zu
neutralisieren wusste. Es leuchtete der Stern von Pogacar, gewiss. Nicht
unwichtig waren aber auch die kleineren Lichter im Team.
Pogacar wurde nun schon zum zweiten Mal Strade-Bianche-Sieger. 2022 reichte
ihm ein Solo von knapp 50 Kilometern. Jetzt trat er an derselben Stelle an,
der Kurs war aber 30 km länger. Kein Schocker für den talentiertesten
Fahrer seiner Generation.
Zum bereits zweiten Mal hintereinander gewann er auch gleich bei seinem
allerersten Renntag in der Saison. Das freute ihn noch zusätzlich. „Nach
einer langen Trainingsphase weiß man nicht so genau, wie gut man im
Vergleich zu den anderen ist, welche Wettkampfhärte man schon hat“, gestand
er ein wenig Unsicherheit ein. Die dürfte aber schnell verflogen sein.
Locker hielt er seine Kontrahenten in Schach.
[2][Für Jonas Vingegaard, seinen Rivalen bei der Tour de France], war das
eine Ansage. Allerdings ist auch der Däne gut gewappnet. Er holte an seinem
zweiten Renntag der Saison auf Mallorca seinen ersten Sieg und gewann auch
die beiden folgenden Etappen von O Gran Camino. Beide befinden sich in
einem spannenden Fernduell. Ungewiss ist, ob sie vor der Tour überhaupt
aufeinandertreffen. Denn Pogacar hat seine erste Saisonhälfte auf den Giro
d’Italia abgestimmt. Das ist sein erstes großes Ziel. „Ich habe mich lange
darauf gefreut. Jetzt ist es an der Zeit“, sagte er.
Die Tour de France danach will er trotzdem fahren. Den letzten Doublesieg
holte 1998 Marco Pantani, den letzten ernsthaften Doubleversuch startete
2015 Alberto Contador mit Giro-Sieg und Platz 5 in Frankreich. Der Slowene
will in dieser Saison an solchen Marken rütteln. Der Einstieg war
fabelhaft. Und natürlich löst seine Überlegenheit wieder die Frage aus: Wie
macht er das bloß?
3 Mar 2024
## LINKS
[1] https://www.radsport-news.com/sport/sportradrennen_52_821.htm
[2] https://www.sportschau.de/radsport/tourdefrance/tour-de-france-sieger-jonas…
## AUTOREN
Tom Mustroph
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