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# taz.de -- Humanitäre Hilfe in Gaza: Der Hafen der USA
> Angesichts der humanitären Not sollen Hilfsgüter verstärkt über den
> Seeweg in den Gazastreifen gelangen. Nur: Bis der Hafen steht, kann es
> dauern.
Bild: Die US-Luftwaffe hat am Wochenende wieder Güter über dem Gazastreifen a…
Berlin taz | Gut [1][16.000 Lkw und 1.200] aus der Luft abgeworfene
Hilfspakete – das sind die Hilfslieferungen, die den Gazastreifen mit
seiner Bevölkerung von knapp über zwei Millionen Menschen seit Beginn des
Gaza-Krieges im vergangenen Oktober erreicht haben. Viel zu wenig, um eine
angemessene Versorgung der Zivilbevölkerung in dem abgeriegelten
Küstenstreifen sicherzustellen, warnen Hilfsorganisationen seit Langem. Vor
allem im Norden Gazas, wo – allen Evakuierungsaufrufen des israelischen
Militärs zum Trotz – Berichten zufolge noch über eine halbe Million
Menschen ausharren, ist die Lage verheerend.
Die Weltgesundheitsorganisation berichtet: [2][Etwa 15 Prozent der Kinder
unter zwei Jahren im nördlichen Gazastreifen seien mangelernährt.] Das
humanitäre Informationsportal ReliefWeb schreibt zudem, dass Schwangere,
Mütter im Wochenbett sowie ihre Neugeborenen akut gefährdet seien. Lokale
Journalisten aus Gaza berichten der taz immer wieder von vor Ort, wie
schwierig es ist, an bezahlbare Nahrungsmittel und dringend benötigte
Hilfsgüter wie Zelte zu kommen.
Israel betont zwar, dass es Hilfslieferungen ermögliche und sich an
getroffene Vereinbarungen halte. Doch die Abwicklung lahmt. Immer
dringender wird so die Suche nach alternativen Wegen für Hilfslieferungen:
In den vergangenen Tagen nahmen Abwürfe von Hilfspaketen aus der Luft zu.
Diese fanden bisher über Nordgaza statt. Am Freitag zeigten sich jedoch die
Nachteile dieser Methode: Einige Pakete landeten im Meer, fünf Menschen
wurden von einer Ladung, bei der der Fallschirm nicht aufging, erschlagen.
## Vertrauen des Westens in Israel schwindet
Wenn Lieferungen via Land und Luft nicht ausreichend funktionieren, bleibt
noch das Meer: Die EU, die USA, die Vereinten Arabischen Emirate und
weitere Staaten setzen gemeinsam auf einen humanitären Korridor auf See,
der in Zypern beginnen und in Gaza-nahen Häfen in Ägypten und Israel enden
soll. [3][Die „Open Arms“, ein Schiff, das einer spanischen NGO gehört,
soll nun den Korridor erstmals nutzen.] Es hat 200 Tonnen Hilfsgüter
geladen und sollte spätestens Sonntagabend vom zyprischen Larnaka aus
starten ([4][hier: Live-Tracking]).
Weil es in Gaza an der nötigen Hafen-Infrastruktur fehlt, ist unklar, wo
und wie das Schiff nach Ankunft in den Gewässern vor der Küste des
Gazastreifens seine Fracht löschen soll. Das Anliefern der Güter gilt als
große Herausforderung, weil es nur einen kleinen Fischerhafen gibt, der
nicht tief genug für Frachtschiffe ist. Die USA arbeiten deshalb an einem
größeren Plan: Ein temporärer Hafen soll vor der Küste Gazas errichtet
werden. Ein erstes Schiff, das die Ausrüstung für den geplanten Pier an
Bord trägt, schiffte am Wochenende vom US-Bundesstaat Virginia gen Gaza
aus. Laut US-Verteidigungsministerium wird es jedoch bis zu 60 Tage dauern,
bis der temporäre Hafen voll einsatzfähig ist.
Das Ausweichen auf eigene Lieferungen, bei denen Israel aus dem Prozess so
weit als möglich herausgenommen wird, zeigt auch: Das Vertrauen der
westlichen Staatengemeinschaft in Israel schwindet. Für die Lieferungen
über den Seeweg besteht Israel – aus Sorge vor dem Schmuggel von Waffen und
in der Kriegsführung der Hamas einsetzbaren Gütern – allerdings ebenfalls
auf Inspektionen. Die Schiffe, die aus Zypern ablegen, sollen direkt auf
der EU-Insel überprüft werden. Was Israel nicht inspiziert hat, darf nicht
nach Gaza.
Zwei Grenzübergänge sollen derzeit theoretisch den Hilfskonvois über Land
die Einreise nach Gaza ermöglichen: Kerem Schalom (von Israel) und Rafah
(von Ägypten). Die Lieferungen über Kerem Schalom werden seit Januar
wiederholt von den Angehörigen weiter in Gaza festgehaltener Geiseln und
ihrer Verbündeten blockiert. Auch die Lieferungen über Rafah kranken –
neben den strengen Inspektionen von israelischer Seite – auch an den
häufig korrupten ägyptischen Grenzern, die hohe Summen für die Passage
von Lastwagen verlangen sollen.
Israel verweist außerdem auf die Hilfsorganisationen vor Ort: Es könne nur
so viel Hilfe eingeführt werden, wie diese auch verteilen könnten. Doch die
Zerstörung der Infrastruktur und die unübersichtliche Lage in Gaza
erschwert das. Zudem wird der Hamas immer wieder vorgeworfen, sich selbst
an den Hilfslieferungen zu bedienen – um sie entweder intern zu verteilen
oder überteuert an die Zivilbevölkerung zu verkaufen.
10 Mar 2024
## LINKS
[1] https://govextra.gov.il/cogat/humanitarian-efforts/home/
[2] https://www.who.int/news/item/19-02-2024-children-s-lives-threatened-by-ris…
[3] https://www.vesselfinder.com/de/vessels/details/7325887
[4] https://www.vesselfinder.com/de/vessels/details/7325887
## AUTOREN
Lisa Schneider
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