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# taz.de -- Nikki Haley gegen Donald Trump: Sie macht weiter
> Nikki Haley kann im Rennen um die republikanische
> Präsidentschaftskandidatur kaum noch gegen Trump gewinnen. Warum gibt sie
> nicht auf?
Bild: Versammelt ein gutes Drittel der republikanischen Wählerschaft hinter si…
Nikki Haley gibt sich kämpferisch. Nach einer weiteren Niederlage gegen
Donald Trump im Rennen um die republikanische Präsidentschaftskandidatur
erklärte Haley am Anfang vergangener Woche, warum ihre Kampagne trotzdem
weitergeht: „Ich mache das nicht meiner politischen Karriere wegen. Ich
mache es für meine Kinder. Und für alle eure Kinder und Enkelkinder. Sie
wissen nicht, wie sie über die Runden kommen sollen. Sie haben Angst davor,
dass noch mehr Kriege ausbrechen. Und sie verdienen es, erfahren zu
dürfen, wie sich normal anfühlt.“
Auch ihr strahlendes Lächeln hat Haley nicht verloren. Sie tourt weiter
durch die Vereinigten Staaten, [1][und ihre Fans ermuntern sie,
weiterzumachen]. Alle anderen Mitbewerber um die Nominierung des
republikanischen Präsidentschaftskandidaten haben längst die Segel
gestrichen. Bei den sogenannten Primaries, den Vorwahlen, bei denen
registrierte Wähler*innen die Kandidaten ihrer Parteien mitbestimmen,
hat Haley mehr als nur Achtungserfolge erzielen können. Sie gewann in
manchen Staaten dreißig bis vierzig Prozent der Stimmen.
Dennoch erwartet kaum jemand noch, dass Haley sich gegen ihren Konkurrenten
wird durchsetzen können. Ob sie auch nur einen der 15 Staaten, in denen am
Super Tuesday Vorwahlen stattfinden, für sich gewinnen kann, ist ungewiss.
Spätestens dann werde Trump so viele republikanische Delegierte hinter sich
haben, dass er unangefochten zum Herausforderer Joe Bidens gekürt werden
wird, glauben viele. Großspender wie die Brüder Koch haben inzwischen
erklärt, sie würden den Wahlkampf Haleys nicht mehr unterstützen. Doch
ihrem Team gelang es prompt, an der Basis eine weitere Million Dollar für
ihre Kampagne einzusammeln.
## Sie war die erste „Girl Governor“ in South Carolina
Wer ist diese Frau? Was treibt sie dazu, trotz schwindender Erfolgschancen
weiter gegen Trump anzutreten? Was bedeutet es, dass sich ein gutes Drittel
der Republikaner sie als nächsten Präsidenten der Vereinigten Staaten
wünscht? Nicht nur ihren Anhänger*innen, auch vielen Demokrat*innen
erscheint sie wie die Brandmauer, die den Planeten vor einer weiteren
Amtszeit Donald Trumps bewahren könnte. In New Hampshire versuchten linke
Gruppen gar, registrierte Wähler*innen der Demokraten davon zu
überzeugen, sich als „unregistriert“ eintragen zu lassen, [2][um bei der
republikanischen Vorwahl gegen Trump und für Haley stimmen zu dürfen].
Das war nicht abzusehen, als Haley zur, wie sie selbst es ausdrückte,
ersten „Girl Governor“ ihres Heimatstaats South Carolina gewählt wurde. Sie
war die erste Person of Color, die dieses Amt bekleidete. Dann holte Donald
Trump sie in sein Kabinett – wohl weil er sie als Gouverneurin loswerden
wollte, wie Beobachter des Washingtoner Politikbetriebs meinten – und
ernannte sie zur Botschafterin der USA bei den Vereinten Nationen.
Die Außenseiterin, über deren Ambitionen, Gouverneurin zu werden, sich
viele Republikaner noch lustig gemacht hatten, hatte es innerhalb weniger
Jahre von South Carolina auf die Bühne der Weltpolitik geschafft. Dort
machte sich Haley schnell einen Namen, was für eine Person mit ihrer
Intelligenz nicht besonders schwer war. Genüsslich und scharfzüngig wies
sie immer wieder darauf hin, dass es nicht besonders glaubwürdig ist, wenn
autoritäre und diktatorische Regime, in denen Menschenrechte planmäßig und
exzessiv mit Füßen getreten werden, mit pathetischem Verweis auf ebendiese
Menschenrechte die israelische Besatzungspolitik als das ultimativ Böse zu
geißeln versuchen.
## Die USA waren nie rassistisch, meint Haley
Haley wuchs als Tochter der einzigen indischen Familie in Bamberg, South
Carolina auf. Das Städtchen hat 2.500 Einwohner. Beide Eltern stammen aus
wohlhabenden indischen Familien und emigrierten zuerst nach Kanada, dann
in die USA. Vor allem Haleys Vater fiel auf in Bamberg. Der
Biologieprofessor ist gläubiger Sikh und trägt einen Turban. Haley hat
berichtet, dass sie rassistische Anfeindungen aus eigener Anschauung
kennt. Zugleich beharrt sie darauf, dass die USA nie ein rassistisches Land
gewesen seien. Sie ist eine faszinierende, weil widersprüchliche Figur.
Einer der zentralen Bausteine in Haleys Programm ist das Unterbinden
illegaler Migration über die Grenze zu Mexiko. Als Donald Trump und Joe
Biden vor Kurzem ankündigten, am selben Tag die Grenze zu besuchen, an der
Trump einst eine Mauer bauen lassen wollte, erklärte Haley süffisant, dort
sei sie schon vor zehn Monaten gewesen.
Programmatisch liegen Haley und Trump so weit nicht auseinander. Haley ist
Abtreibungsgegnerin und war sich nicht zu schade, populistisch gegen
Transpersonen zu agitieren: Biologische Männer gehörten nicht
Umkleidekabinen für Mädchen, außerdem würden diese Männer beim Sport
unfairerweise einen Vorteil gegenüber Mädchen haben. Sie wettert gegen
Wokismus und Identitätspolitik, verweist aber immer wieder darauf, dass sie
eine Frau und die Tochter von Einwanderern ist.
## Weil es die Alten Weißen Männer nicht mehr bringen
Von Dragqueen RuPaul entlehnte Haley einen Spruch, um ihre männlichen
Mitbewerber zu ärgern: „May the best woman win!“ – Möge die beste Frau
gewinnen. Bei der Rede zum Beginn ihrer Kampagne hatte sie sich bereits zur
toughen Lady stilisiert. Sie erwarte einen Kampf mit harten Bandagen, und
wenn sie sich mit Tritten gegen ihre Widersacher wehre, dann mit
Stöckelschuhen: „Das tut noch mehr weh.“
Haley gilt als zugewandt, aber auch als impulsiv und beratungsresistent.
Als Gouverneurin verlangte sie Loyalität, zeigte sich selbst, wie viele
Chefs des neoliberalen Zeitalters, denen die althergebrachte
Verantwortungsethik abgeht, gegenüber ihren Untergebenen aber oft illoyal,
wie man in einem [3][Haley-Porträt in Politico ] nachlesen kann.
Haley setzt bei ihrer Anhängerschaft eine hohe Ambiguitätstoleranz voraus.
Sie gibt sich einerseits als sehr konservativ, andererseits verkauft sie
sich als vergleichsweise junge, migrantische Frau, deren Zeit nun gekommen
sei, weil es die Alten Weißen Männer nicht mehr bringen.
## Eine überzeugte Demokratin
Widersprüchlich auch ihre Haltung gegenüber Trump: Als er die Wahl verlor
und sich in wilden Verschwörungstheorien erging, verteidigte Haley ihren
ehemaligen Chef – sein Kabinett hatte sie klugerweise längst verlassen.
Trump glaube nun einmal daran, dass ihm die Wahl gestohlen worden sei.
Verantwortlich dafür sei sein Umfeld. Doch nach dem 6. Januar 2021, als
Trump seine Anhänger zum Aufstand animierte und dann nur halbherzig
einschritt, als seine Wutbürger das Kapitol stürmten, vollführte Haley eine
Kehrtwende. Trumps Handeln werde von der Geschichte scharf verurteilt
werden, sagte sie. „Er hat den falschen Weg eingeschlagen und wir hätten
ihm nicht folgen dürfen. Wir dürfen nicht zulassen, dass das noch einmal
passiert.“
Ihre Wahlergebnisse werden jetzt als Indiz dafür gelesen, dass auch
mindestens ein Drittel der republikanischen Wähler*innen Trump nicht
mehr als Präsidenten sehen will.
Die Widersprüche in Haleys Aussagen und ihre Kehrtwende werden in den USA
häufig als Indiz für einen Mangel an Grundüberzeugungen gelesen. Dem könnte
man entgegenhalten, dass Haley eine überzeugte Demokratin ist und den
westlichen Liberalismus verteidigt. Donald Trump warf sie vor, sich auf die
Seite des mörderischen Gangsters Putin geschlagen zu haben.
## Wer Biden verhindern wolle, müsse für sie stimmen
Haleys zentrales Argument für die Fortführung ihrer Kampagne lautet jedoch,
dass Trump in Umfragen bei der amerikanischen Wählerschaft derzeit hinter
Joe Biden liegt, eine republikanische Kandidatin Haley dagegen eine
realistische Chance gegen Biden hätte. Wer eine weitere Amtszeit Bidens
verhindern wolle, müsse daher für sie stimmen. „70 Prozent der Amerikaner
wollen kein Rückspiel zwischen Trump und Biden sehen.“ Dieses Mantra
wiederholt Haley jeden Tag.
Dass sie darauf spekuliert, dass die vielen Verfahren, die gegen den
Ex-Präsidenten anhängig sind, ihn noch vor der Wahl im November zu Fall
bringen könnten, ist denkbar. Ob Nikki Haley dieses Szenario für
realistisch hält, steht auf einem anderen Blatt. Ihre bisherige Weigerung,
aus dem Kampf um die republikanische Kandidatur auszusteigen, wird als
Ausdruck einer längerfristigen Strategie interpretiert: Deutlich zu machen,
dass sie eine erfolgversprechende republikanische Kandidatin für die Wahl
im Jahr 2028 ist. Dieses Ziel hat Haley wohl bereits erreicht, auch wenn
sie nach dem Super Tuesday aus dem Rennen aussteigen sollte.
3 Mar 2024
## LINKS
[1] /Vorwahlkampf-in-den-USA/!5988788
[2] https://www.politico.com/news/magazine/2024/01/20/democrats-nikki-haley-pri…
[3] https://www.politico.com/interactives/2021/magazine-nikki-haleys-choice/
## AUTOREN
Ulrich Gutmair
## TAGS
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