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# taz.de -- Opposition in Russland: Dissident unter Dissidenten
> Der linke Politologe Boris Kagarlizki wird zu fünf Jahren Haft
> verurteilt. Angeblich soll er ukrainische Angriffe auf die Krim
> gerechtfertigt haben.
Bild: Der russische Soziologe Boris Kagarlizki muss ins Gefängnis, er steht au…
Kyjiw taz | Boris Kagarlizki ist mit vielem nicht einverstanden, was im
Staate Russland passiert. Er war gegen die Kriege in Tschetschenien, er
beklagt den zunehmenden Kapitalismus und die Ausgrenzung finanzschwacher
gesellschaftlicher Randgruppen und er lehnt den Krieg gegen die Ukraine ab.
Doch auch unter den russischen Dissidenten ist er Dissident. Der Marxist,
der mit der deutschen Rosa-Luxemburg-Stiftung zusammenarbeitet – das
brachte ihm den Titel „Ausländischer Agent“ ein –, ist auch ein Kritiker
der liberalen Opposition.
Am Dienstag wurde Kagarlizki in einem Berufungsverfahren zu fünf Jahren
Haft verurteilt. Damit geht gegen einen prominenten Linken ein im Juli
aufgenommenes Strafverfahren vorerst zu Ende. Die Staatsanwaltschaft hatte
insbesondere der Titel eines von Kagarlizki verbreiteten Videos, „Knallige
Begrüßung der Brückenkatze“ gestört, das über ukrainische Angriffe auf d…
Krim informiert hatte. Dieses Video wurde als Rechtfertigung für diese
ukrainischen Angriffe gewertet.
Geradezu ein Talisman war für die Bauarbeiter der Krim-Brücke eine Katze
geworden, die den Arbeitern kurz nach Baubeginn zugelaufen und praktisch
die gesamte Bauzeit auf der Brücke war. Dieser „Brückenkatze“ ist ein
Wandgemälde gewidmet, das alle Passagiere von Zügen und Schiffen, die diese
Brücke passieren, sehen können. Im Dezember hatte es noch besser ausgesehen
für Kagarlizki. [1][Da hatte ein Gericht den Politologen zu einer
Geldstrafe verurteilt und den in U-Haft sitzenden Aktivisten noch im
Gerichtssaal freigelassen].
## Roter Faden
Linker Aktivismus zieht sich wie ein roter Faden durch das Leben von
Kargalitzki. Er will sich von keinem Staat und erst recht nicht von der
Kommunistischen Partei vereinnahmen lassen. Seit 1977 gab es kaum einen
Versuch der Gründung einer linken, von der kommunistischen Partei
unabhängigen Partei, an der nicht auch Kagarlizki beteiligt gewesen wäre.
Angefangen hatte er 1977 als linker Dissident mit der Organisation von
Lesungen des Werks von Herbert Marcuse. Dem folgten die
Untergrundzeitschriften Linker Umschwung und Der Sozialismus und die
Zukunft. Eine Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei 1979 endete ein
Jahr später mit seinem Ausschluss wegen „gesellschaftsfeindlicher
Aktivitäten“.
Im April 1982 wurde er zu einem Jahr Haft wegen „antisowjetischer
Propaganda“ verurteilt. Ende der 80er Jahre war er Mitgründer der
„Föderation sozialistischer gesellschaftlicher Klubs“, im Sommer 1988 eine
führende Persönlichkeit der Moskauer Volksfront. Dort konnte er sich mit
seinen sozialistischen Vorstellungen nicht durchsetzen.
Ende 1989 gründete er mit anderen dann das „Allrussische Komitee für eine
Sozialistische Partei“. Ein Jahr später war er Vorstandsmitglied der neu
gegründeten Sozialistischen Partei, die sich in Gegnerschaft sowohl zur
Kommunistischen Partei als auch der liberalen Opposition des Demokratischen
Russland sah. 2005 verließ er die „Linke Front“, weil diese mit den
Kommunisten zusammenarbeitete.
Anfangs hatte Kagarlizki Putins Ukraine-Politik unterstützt. Er begleitete
die Gründung der „Volksrepubliken“ von Donezk und Luhansk mit Wohlwollen.
Kurz nach Russlands Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar 2022 war es
damit vorbei. Auf seiner Internetseite „Rabkor“ fand sich der Aufruf
„Sozialisten gegen den Krieg“, den auch er selbst unterzeichnet hatte. Seit
August 2023 steht [2][Kagarlizki auch auf der „Liste von Terroristen und
Extremisten“].
14 Feb 2024
## LINKS
[1] /Repressionen-in-Russland/!5980152
[2] /Russischer-linker-Professor-festgenommen/!5953523
## AUTOREN
Bernhard Clasen
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Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
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Opposition
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