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# taz.de -- Sexismus auf TikTok: Die digitale Schmuddelecke
> Auf Tiktok trenden derzeit sexistische Inhalte, die vor allem Frauen
> beleidigen. Zeit für einen Frühjahrsputz auf Social Media.
Bild: Frauen können nur alles falsch machen, entweder sind sie prüde oder Sch…
Es gibt so manche Orte, an die will man einfach nicht geraten. Zum Beispiel
eine Schwurbeldemo während der Coronalockdowns oder die Tribüne eines
Fußballstadions, von der [1][rassistische Gesänge] ausgehen. Meistens sind
die Orte selbst nicht das Problem, sondern eher die Menschen, die sich dort
aufhalten und diese zur Schmuddelecke machen.
In den sozialen Medien gibt es so [2][eine Schmuddelecke] auch. Dort werden
Frauen nach ihrem Body-Count, also mit vielen Männern sie Sex hatten,
gefragt. Jährlich flammt dieser Trend auf, auch derzeit macht er wieder
seine Runden.
Es geht um Maskulinität und weibliche „Energie“. Die Videos, die es dazu
gibt, sind oft sehr ähnlich: Männer, oft breit wie Möbelpacker, werfen
große Worte um sich und posaunen ihren sexistischen Bullshit ungefiltert in
die Welt hinaus. Im Hintergrund läuft dramatische Musik, man(n) muss ja
unterstreichen, dass man [3][ein Alpha-Male] ist.
„Mach nicht denselben Fehler immer und immer wieder, indem du mit einer
Feministin in die Kiste steigst!“
„Männer und Frauen können nicht befreundet sein, dass liegt nicht in
unserer Biologie.“
„Sie hat schon mit fünf Typen geschlafen. Ekelhaft.“
„Frauen wollen einen Mann, der sie begehrt, aber sie nicht braucht.“
„Frauen lieben Player!“
## Wie hoch ist dein Body-Count?
Aussagen wie diese haben eine klare Funktion. Sie sollen Frauen zeigen,
dass sie sich nur selber schaden, wenn sie selbstbestimmt leben wollen.
Dass es ihnen doch viel besser ginge, wenn sie doch nur auf den Mann hören
würden. Dass sie kein eigenständiges Sexleben führen dürfen. Aussagen wie
diese sollen Frauen klein halten.
Schon die Frage nach dem Body-Count, die derzeit auf Tiktok umgeht, ist
sexistisch. Die Frage ist für Männer und für Frauen unterschiedlich.
Je höher der Body-Count bei Männern, desto besser. Man ist der „Player“ u…
der dominante, maskuline Mann, wenn man mit vielen Frauen schläft. Als Frau
kann man diese Frage gar nicht erst richtig beantworten. Wenn der
Body-Count niedrig ist, ist man prüde, wenn er hoch ist, eine Schlampe.
Manche kennen solche Gespräche und ähnliches vielleicht noch vom Pausenhof.
Doch wie Body-Count und Co jetzt in den sozialen Medien so prominent
thematisiert werden, gibt dem ganzen eine neue Dimension.
Im echten Leben kann man sich dem leichter entziehen, man kann die
schmuddeligen Orte ganz einfach meiden, nicht hingehen, einen großen Bogen
um sie machen. Doch auf Tiktok wird man hineingezogen wie von einem
Strudel. Es reicht schon, ein mal ein Video von „WinnerMindset“, „The High
Caliber Man“ oder anderen sogenannten „Men-Coaches“ vorgeschlagen zu
bekommen.
## Wie bei den Pausenhof-Bullys
Und ja, diese Accounts gibt es wirklich, ich hab meinen Tiktok-Algorithmus
ruiniert, damit ihr es nicht müsst. Eine Sekunde zu lange auf so einem
Video verweilt und schon wird der Feed von weiteren geflutet.
Warum sich so viele Menschen, vor allem Männer, in dieser Ecke pudelwohl
fühlen, das kann ich nur vermuten: Es muss etwas mit dem Selbstwertgefühl
zu tun haben. Andere klein halten, um sich selbst groß zu fühlen. So war
das auch bei den Pausenhof-Bullys.
Ähnlich wie bei Mobbern ertappt man sich dabei, auch ein klein wenig
Mitleid mit diesen Menschen zu verspüren. Man stelle sich vor, das
Selbstwertgefühl ist zu niedrig, um eine Freundschaft mit einer Frau zu
führen. Ich kann nur sagen, mir würde es nicht gut gehen, wenn plötzlich
die Hälfte meines Freundeskreises futsch wäre.
Klar ist, die Schmuddelecke könnte einen richtigen Frühjahrsputz
gebrauchen. Und wenn man schon dabei ist, kann man auch gleich ekelhafte
Ausdrücke wie „Body-Count“ – diese Bezeichnung kommt ursprünglich aus d…
Militärsprache und steht für getötete Feinde, – und ähnliches in den
Mülleimer kicken.
21 Feb 2024
## LINKS
[1] /Rassistische-Parolen-von-Fussballfans/!5987527
[2] /Gesetz-fuer-Kinderschutz-auf-Social-Media/!5987365
[3] /Rechte-Red-Pill-Cyberkultur/!5941468
## AUTOREN
Livio Koppe
## TAGS
Sexismus
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Toxische Männlichkeit
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