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# taz.de -- Iranischer Spielfilm „My Favourite Cake“: Ein letzter Biss vom …
> In „My Favourite Cake“ begibt sich eine Seniorin auf Partnersuche. Das
> iranische Regime ließ die Filmemacher nicht zur Berlinale reisen
> (Wettbewerb).
Bild: Melika Pazouki und Lily Farhadpour im Spielfim „My Favourite Cake“ …
Ob sich richtige Männer dadurch auszeichnen, dass sie im Haushalt helfen,
oder ob eine dichte Behaarung auf Armen und Brust wichtiger ist, darüber
sind sich Mahin und ihre Freundinnen uneins. Mit ihren 70 Jahren sind die
Frauen dem date game schon eine Weile entwachsen. Auch war die Welt, die
sie kannten, war der Iran, in dem sie jung waren, anders. Mahin verlor
ihren Mann früh, zog ihre Tochter in Teheran alleine groß.
Mittlerweile lebt die erwachsene Tochter im fernen Europa. Besuchen kann
sie Mahin, die in „My Favourite Cake“ von Lily Farhadpour gespielt wird,
nicht. Die Chance auf ein Visum, sagt sie, sei in ihrem Alter gering. Schon
etwas schwerfällig bewegt sich die ehemalige Krankenschwester durch eine
Welt, die ihr nicht passt. Selbst das Schwimmen musste die Langschläferin
aufgeben, da die Damenschwimmbäder nur morgens geöffnet haben. Ihren Unmut
über die Lage im Iran verschweigt Mahin nicht. Einem Taxifahrer erzählt sie
einmal von den Partynächten ihrer Jugend, von hohen Absätzen und tiefen
Ausschnitten, die man trug. Und jetzt? „Hidschab und Sneaker.“
In einem Land, in dem sich die Freiheiten in der eigenen Wohnung von denen
auf der Straße auf gefährliche Weise unterscheiden, scheint das Taxi eine
Sonderrolle einzunehmen. 2015 wurde etwa [1][Jafar Panahi] für „Taxi
Teheran“ mit dem Goldenen Bären der Berlinale ausgezeichnet. Der
Filmemacher unterliegt eigentlich seit 2010 einem Berufsverbot. Auch der
2016 verstorbene [2][Abbas Kiarostami], der ohnehin eine besondere
filmische Beziehung zum Auto pflegte, zeigte in „Ten“ (gemeinsam mit Mania
Akbari) die Möglichkeiten des Taxis auf: als Begegnungsraum, in dem sich
die Blicke im Rückspiegel unverfänglich kreuzen können.
## Die Sittenpolizei ist auch in Parks präsent
Dass öffentliche Orte als Treffpunkte nicht taugen, wird auch in „My
Favourite Cake“ schnell ersichtlich. Die Sittenpolizei ist auch in Parks
präsent, nimmt junge Frauen fest, die ihr Kopftuch angeblich zu nachlässig
binden. Eine der Frauen kann Mahin zwar vor der Verhaftung bewahren –
allerdings nur, weil der Wagen ohnehin voll ist. Auch Mahin drohen die
schwarz gekleideten Wächter, einschüchtern lässt sie sich jedoch nicht.
Dabei hat die resolute Rentnerin Verbotenes vor. Eines Tages wählt sie den
ebenfalls 70-jährigen Faramarz (Esmail Mehrabi) dazu aus, ihre Einsamkeit
zu beenden. Faramarz – ein Taxifahrer – fährt Mahin nach Hause und bleibt
dann gleich da. Wie sich die beiden Einsamen in der Folge umtanzen und
kennenlernen, ist streckenweise arg übersüßt. Doch letztlich nehmen die
zwei Senioren die Nacht bloß als das, was sie ist: als eine der wenigen,
die ihnen noch bleiben.
„My Favourite Cake“ ist nach „Ballad of a White Cow“ (2021) der zweite …
der iranischen Filmemacher Maryam Moghaddam und Behtash Sanaeeha, der auf
der Berlinale Premiere feiert. [3][Für beide verhängte das Mullahregime
diesmal ein Reiseverbot nach Berlin.] In einem Statement, das die
Schauspielerin Farhadpour an ihrer statt am Freitag verlas, widmeten die
Regisseure den Film den protestierenden Frauen im Iran. Eines Tages, so
hoffen sie, wird „My Favourite Cake“ auch in iranischen Kinos über die
Leinwände laufen.
17 Feb 2024
## LINKS
[1] /Regisseur-Jafar-Panahi-festgenommen/!5864217
[2] /Nachruf-auf-Abbas-Kiarostami/!5319388
[3] /Reiseverbot-fuer-iranische-Filmemacher/!5987782
## AUTOREN
Julia Hubernagel
## TAGS
Schwerpunkt Berlinale
Iranisches Kino
Feminismus
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Proteste in Iran
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