# taz.de -- Grüner Fraktionsvize über Solarindustrie: „Abhängigkeit ist ge… | |
> Deutschland brauche eine eigene Solarindustrie, fordert der grüne | |
> Fraktionsvize Andreas Audretsch. Sonst drohe wichtiges Know How verloren | |
> zu gehen. | |
Bild: Wissen über Technologie in Deutschland erhalten: Solarmodulproduktion be… | |
taz: Herr Audretsch, die Grünen wollen, dass Deutschland wieder eine | |
Solarindustrie bekommt. Die für eine Ansiedelung vorgesehenen Mittel sind | |
aber eingedampft worden. Wird das trotzdem noch was? | |
Andreas Audretsch: Die Solarindustrie ist eine der ganz großen | |
Zukunftsindustrien. In wenigen Jahren wird sie weltweit eine größere | |
Relevanz haben als die Autoindustrie. Wenn Deutschland Teil dieser | |
Entwicklung sein will, muss die Solarindustrie hier eine Zukunft haben. | |
Deswegen ist es wichtig, dass wir für die Förderung der | |
Produktionskapazitäten Geld im Klima- und Transformationsfonds | |
bereitgestellt haben. | |
Nach dem [1][Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts] sind die Mittel | |
stark geschmolzen. Wie viel ist für die Solarindustrie übrig geblieben? | |
Für den Aufbau von Produktionskapazitäten bei Zukunftstechnologien stehen | |
50 Millionen Euro bereit, darunter fällt auch die Solarindustrie. Gerne | |
hätten wir mehr Geld bereitgestellt, aber wir konnten einen substanziellen | |
Betrag sichern, um Unternehmen beim Aufbau der Produktion zu unterstützen. | |
Eine andere Frage ist, wie wir die deutsche Solarindustrie vor unfairen | |
Handelspraktiken und wirtschaftlichen Angriffen schützen. | |
Also vor chinesischen Importen zu Dumpingpreisen. | |
China hat in den vergangenen zehn Jahren nach vorsichtigen Schätzungen etwa | |
50 Milliarden US-Dollar in die Solarindustrie investiert – zehnmal so viel | |
wie alle EU-Staaten zusammen. Es wurden riesige Produktionskapazitäten | |
aufgebaut, um Technologieführerschaft zu erringen, aber auch, um Märkte | |
international zu übernehmen. China verbindet technologischen Fortschritt | |
und Machtausübung. Deutschland hat parallel die Förderung der Solarenergie | |
zusammengekürzt. Die damalige Koalition unter CDU-Führung hat die | |
Einspeisevergütung drastisch abgesenkt, die Folge war der Zusammenbruch der | |
Solarindustrie in Deutschland. Seit einigen Jahren hat [2][die Branche nun | |
einen neuen Anlauf gestartet] und bereits viele gute Jobs geschaffen. | |
Was will Deutschland mit einem kleinen Betrag bewirken, wenn China 50 | |
Milliarden in die Hand genommen hat? | |
Das zeigt die Dimensionen. Auf der einen Seite ist China, auf der anderen | |
sind die USA, die ebenfalls Milliardenbeträge in die Solarindustrie | |
investieren. Die USA haben eine strategische Entscheidung getroffen, die | |
Solarindustrie als Zukunftstechnologie und Branche hochlaufen zu lassen. | |
Europa hat sich das Ziel gesetzt, bis 2030 mindestens 40 Prozent des | |
jährlichen EU-Bedarfs im Bereich strategischer Zukunftstechnologien durch | |
europäische Produktion zu decken. Dazu braucht es jetzt Investitionen. | |
In homöopathischen Dosen? | |
Wir stehen nicht vor der Frage, ob wir bald eine Solarindustrie haben, die | |
in der Größe mit der Chinas gleichzieht. Die Frage ist, ob wir die | |
Technologie hierbehalten und Kapazitäten hochfahren, um unabhängiger zu | |
werden. Wenn wir keine Unternehmen mehr haben, die hier produzieren, haben | |
wir keine Forschung mehr und keine Weiterentwicklung von Technologien. Dann | |
sind wir zu 100 Prozent abhängig. | |
Wenn die Module sowieso aus China kommen, ist die Förderung einer eigenen | |
Solarindustrie nicht Geldverschwendung? | |
Nein. Wir haben gesehen, wie gefährlich Abhängigkeit ist, beim russischen | |
Gas, bei den Masken in der Pandemie, bei Antibiotika. Die Lehre daraus muss | |
doch sein, dass wir in der Lage sein müssen, zentrale Produkte hier | |
herzustellen. Was für ein Glück, dass wir hier einen Impfstoff gegen Corona | |
entwickeln konnten. Das war möglich, weil wir Unternehmen und Fachleute | |
hatten, die wussten, wie es geht. | |
Die [3][Solarbranche fordert im Rahmen des Solarpakts I einen sogenannten | |
Resilienzbonus] zur Unterstützung der heimischen Hersteller: die Vergütung | |
von Strom aus hierzulande produzierten Solarmodulen soll höher sein als bei | |
importierten Anlagen. Kommt das? | |
Wir Grüne wollen beides: den Aufbau der Produktionskapazitäten unterstützen | |
und einen Markt garantieren, auf dem hier produzierende Firmen bestehen | |
können. Wenn Hersteller in Deutschland produzieren, müssen sie die | |
Möglichkeit haben, ihre Solarpaneele zu kostendeckenden Preisen hier | |
abzusetzen. Wie genau eine Lösung am Ende aussieht, werden wir sehen. Die | |
Verhandlungen laufen sehr konstruktiv. | |
Wie ist der Stand? | |
Die Ergebnisse werden nicht besser, wenn man öffentlich über Details | |
spricht. | |
Besteht die Gefahr, dass sich die Geschichte wiederholt und die | |
Solarindustrie wieder von der Politik im Stich gelassen wird? FDP-Politiker | |
sind gegen eine Förderung. | |
Ich nehme beide Koalitionspartner so wahr, dass sie die Dimensionen sehr | |
gut erfasst haben. Beide haben vor Augen, was Abhängigkeit von China | |
bedeutet und dass wir nicht wissen, wie sich der Taiwankonflikt entwickelt. | |
In der Bewertung der Gefahren, die von China ausgehen können, stehen | |
insbesondere wir Grüne und die FDP eng beieinander. Ich bin zuversichtlich, | |
dass wir eine gute Lösung finden, so dass die Solarindustrie in Deutschland | |
eine Zukunft hat. | |
6 Feb 2024 | |
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## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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