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# taz.de -- Kulturprogramm der Fußball-EM: Kick für das Land
> Die Erwartungen der Regierung an die EM könnten kaum höher sein. Allen
> Problemen zum Trotz soll das Bild einer bunten Gesellschaft entstehen.
Bild: Staatsministerin Claudia Roth und Philipp Lahm präsentieren das Kulturpr…
Es sind schwierige Zeiten. Der deutsche Fußball tut sich schwer. Und
überhaupt könnte die Stimmung im ganzen Land nicht viel mieser sein. Bauern
protestieren für ihre Geldbeutel, [1][Fußballfans begehren gegen den
modernen Fußball auf], Klimakleber kleben sich auf Kreuzungen, blaue Nazis
träumen von Massendeportationen, und wackere [2][Bürgerinnen und Bürger tun
sich in großen Massen] zusammen, um genau dagegen zu demonstrieren.
Wie gut, dass im Sommer die Fußball-EM der Männer in Deutschland
ausgespielt wird. Mit ihr wird alles gut – das Land, das Bild des Landes im
Ausland und vielleicht sogar der deutsche Fußball. Wer dabei war, als am
vergangenen Mittwoch in Berlin das hochoffizielle Kulturprogramm zur Euro
24 vorgestellt worden ist, der konnte schnell spüren, wie hoch die
Erwartungen an das Turnier sind.
13 Millionen Euro lässt die Bundesregierung springen, auf dass die Brücke
der Kultur zum Fußball das Land heile. Kulturstaatsministerin Claudia Roth
schwärmte beim Auftakttreffen der Fußballkulturschaffenden im Museum
Hamburger Bahnhof in der ihr eigenen Begeisterung davon, welche Kraft der
Fußball doch habe, Menschen zusammenzubringen, für welch wertvolle Werte er
doch stehe. „Wir wollen damit auch ein Bild von unserem Land zeigen, ein
Bild von einer bunten, von einer diversen, von einer inklusiven
Gesellschaft, von einem demokratischen Deutschland“, sagte sie. Eine Nummer
kleiner hatte sie es nicht.
Philipp Lahm, der Kapitän der deutschen Weltmeisterelf von 2014 [3][und
Direktor des EM-Turniers], wollte der Staatsministerin da in nichts
nachstehen. „Solche Turniere bieten immer die große Gelegenheit für uns als
Land, aber auch für ganz Europa zu zeigen: Wie wollen wir eigentlich
miteinander leben, freiheitlich und friedlich.“ Das Turnier konnte einem
schier leid tun bei all den Erwartungen, die da auf das Event gepackt
wurden und die nun auch mit Hilfe geförderter Kunst- und Kulturprojekten
erfüllt werden sollen.
## „Stadien der Träume“
Die Projekte, die über die dafür gegründete „Stiftung Fußball und Kultur
Euro 2024“ abgewickelt werden, sind dann auch noch vorgestellt worden. Da
gibt es die „Stadien der Träume“, in denen Kunst oder Literatur, die den
Fußball zum Thema haben, präsentiert wird. Es gibt pädagogische Programme,
mit denen Kinder an die verschiedenen Fußballkulturen Europas vertraut
gemacht werden sollen. Bei einer Theatersport-EM messen sich
Improvisationstheater, während in Berlin „Radical Playgrounds“ im
öffentlichen Raum entstehen, die zeigen sollen, dass ein faires Spiel auch
dann von Wert sein kann, wenn es nicht ums Gewinnen und Verlieren geht. Es
wird Lyrik-Workshops geben, bei der Berlinale werden Flimstudierende schon
bald zeigen, was ihnen zum Thema Diversität, Inklusion und Nachhaltigkeit
eingefallen ist. Und die ganz große Videoinstallation „Winners“ der in
Berlin lebenden Künstlerin Marianna Simnet wird im Hamburger Bahnhof zu
sehen sein.
Die hatte zwar bislang, wie sie selbst sagte, nichts aber auch gar nichts
mit Fußball zu tun. Schon als Kind habe man sie ferngehalten vom Spiel.
„Ist nichts für dich“, habe man ihr gesagt. Jetzt arbeitet sie sich mit
ihrer Kunst „voller Blut, Schweiß und Tränen“ an die Räume heran, die von
Männern dominiert werden. Bisweilen, sagte sie, sei ihre Arbeit wie ein
religiöses Bekenntnis „weit weg von jeder Rationalität“. Wie der Fußball
irgendwie. Ab Mitte Mai kann man sich „Winners“ anschauen.
Sam Bardaouil, einer der Direktoren des Hamburger Bahnhofs, freut sich
schon drauf. Er war als Bub im Libanon begeisterter Fußballfan und
Deutschland habe für ihn vor allem aus Fußball bestanden. Doch als etwas
merkwürdiger, junger Kerl habe er bald schon seine Liebe zur deutschen
Philosophie entdeckt. Und was könnte es nun Schöneres geben, als ein
künstlerisches Fußballprojekt in dem Gedenkjahr zum 300. Geburtstag von
Immanuel Kant.
Jetzt muss nur noch das Land heilen – und der deutsche Fußball. Ganz
einfach.
1 Feb 2024
## LINKS
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[3] /Fussball-EM-in-Deutschland/!5966941
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
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