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# taz.de -- Missbrauch in der evangelischen Kirche: Verstecken geht nicht mehr
> Lange stand sexualisierte Gewalt in der EKD im Schatten der katholischen
> Kirche. Nun ist es offiziell: Auch die EKD hat ein Missbrauchsproblem.
Bild: Nur die Spitze des Kirchturms? Die Missbrauchsstudie der EKD ist jetzt ö…
Als „rabenschwarzen Tag für die EKD“ bezeichnet Detlev Zander, der in den
60er und 70er Jahren Opfer von sexualisierter Gewalt in einem evangelischen
Kinderheim wurde, den Donnerstag in Hannover. In der Stadt, in der die
Evangelische Kirche (EKD) ihren Sitz hat, wurde [1][die lang erwartete
Studie zum Missbrauch in evangelischen Einrichtungen] vorgestellt.
Treffender als Zander kann man kaum beschreiben, [2][was die Studie zutage
förderte].
Da sind nicht nur die Opfer- und Täterzahlen, die ähnlich hoch sind wie
jene in der katholischen Kirche. Die sogenannte MHG-Studie, die 2018
katholische Fälle untersucht hatte, spricht von 1.670 Täter:innen und
3.677 Opfern. Mit den jetzt bekannt gewordenen Zahlen kann sich die EKD
nicht mehr hinter der katholischen Kirche verstecken.
Jahrelang hatten sich protestantische Würdenträger herausgeredet, dass
Fälle, wie sie seit 2010 in katholischen Einrichtungen offenbar wurden, bei
ihr nicht vorkommen können. Weil die evangelische Kirche nicht so autoritär
und hierarchisch organisiert sei wie die katholische, weil es bei ihr
keinen [3][Zölibat] gebe und keine solch strikte Sexualmoral, wie sie
Katholik:innen auferlegt wird. Außerdem würden viele Pfarrer in
Pfarrfamilien leben, nicht selten mit vielen Kindern.
Doch das ist, das zeigt die Studie exemplarisch, kein automatischer Schutz.
Laut der nun [4][vorgelegten Studie] sind zwei Drittel der Täter – es sind
tatsächlich fast immer Männer – verheiratet, 45 Prozent sogar Serientäter:
Sie haben mehrere Mädchen und Jungen missbraucht, und das nicht nur einmal.
Für die Kirche, die für Schutz, Vertrauen und Nähe steht, ist das fatal und
beschämend.
Die Täter konnten ihre Rolle als Seelsorger so leicht wie perfide
ausnutzen. Bei ihren Übergriffen profitierten sie zudem von ihrer
pastoralen Macht. Angesichts dieses Ausmaßes von Machtmissbrauch ist das
Bild des grundsätzlich vertrauenswürdigen evangelischen Pfarrers schwer
aufrechtzuerhalten.
Das ist für die Kirche und insbesondere für ihre grundanständigen Pastoren,
die es trotz allem gibt, dramatisch. Peinlich ist für die Kirche zudem,
dass die Aufarbeitung des strukturellen Machtmissbrauchs nicht durch
Eigeninitiative der EKD zustande kam, sondern durch das Engagement der
Betroffenen. Wie sollen Gläubige ihrer Kirche künftig noch vertrauen
können?
Vermutlich wird es in den kommenden Wochen massenweise Austrittserklärungen
geben. [5][38 Prozent der bereits ausgetretenen Protestant:innen gaben
bereits im vergangenen Sommer an, wegen der Missbrauchsfälle] der Kirche
den Rücken gekehrt zu haben. Das hat sich die Kirche selbst zuzuschreiben.
25 Jan 2024
## LINKS
[1] https://www.forum-studie.de/
[2] /EKD-Bericht-ueber-Missbrauch/!5984701
[3] /Therapeut-ueber-Missbrauch-in-der-Kirche/!5577773
[4] https://forum-studie.de/wp-content/uploads/2024/01/Abschlussbericht_ForuM.p…
[5] https://www.evangelische-zeitung.de/kirchenaustritt-geld-moral-und-missbrau…
## AUTOREN
Simone Schmollack
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