# taz.de -- GDL-Streik: Stau und Stille | |
> Berliner:innen sind es schon gewohnt: Streiks legen die Stadt lahm. | |
> Die aktuelle Arbeitsniederlegung könnte aber zu Versorgungsengpässen | |
> führen. | |
Bild: Sechs Tage kann der Berliner Hauptbahnhof nun Ruhe genießen | |
BERLIN taz | In Bussen stehen sie aneinandergedrängt wie Sardinen in der | |
Büchse. Sardinen, die stromaufwärts schwimmen. Pendler:innen, die sich | |
durch eine gelähmte Hauptstadt kämpfen. Am Hauptbahnhof, am Gesundbrunnen, | |
am Ostkreuz sind die Gleise dagegen leer. An den Knotenpunkten des Berliner | |
S-Bahn-Verkehrs ist es in dieser Woche stiller als in der Kirche. Auf den | |
Anzeigetafeln steht dort [1][„Auf dieser Station zzt. kein Zugverkehr“.] | |
Pendler:innen müssen von der S-Bahn auf U-Bahn, Tram und Bus umsteigen. | |
Am besten bleibt man aber einfach zu Hause, denn selbst die BVG, die nicht | |
von der GDL-Arbeitsniederlegung betroffen ist, rechnet mit längeren | |
Wartezeiten und volleren Fahrzeugen. | |
Zum Glück wird die BVG noch nicht bestreikt. Das kann sich aber noch | |
ändern: Seit Mittwoch verhandeln auch die Berliner Verkehrsbetriebe mit der | |
Gewerkschaft Verdi. Ein gleichzeitiger Streik von GDL und Verdi ist in | |
dieser Woche nicht zu erwarten. Er könnte aber in Zukunft möglich sein: „So | |
etwas sollte man nie ausschließen“, sagte Verdi-Sekretär Jeremy Lange der | |
Berliner Zeitung. | |
Inzwischen ganz normal für Berliner:innen. Zumindest in letzter Zeit häufen | |
sich die Warnungen vor Verkehrsbeeinträchtigungen. Wenn es nicht die | |
Lokführer:innen sind, dann sind es die Bäuer:innen. Der Unterschied | |
dieses Mal? Es ist der längste Streik in der Geschichte der Deutschen Bahn. | |
[2][Die Gewerkschaft GDL ruft ihre Mitglieder dazu auf, die Arbeit für | |
sechs Tage niederzulegen.] | |
## Der längste Streik in der Geschichte der Deutschen Bahn | |
Das könnte nicht nur für Berliner Pendler:innen zu Problemen führen. Der | |
Westhafen ist eines der wichtigsten Logistikzentren für den | |
Schienengüterverkehr in der Hauptstadt. Hier kommen viele Elektronikgüter | |
an; er hat auch ein großes Tanklager. „Der Westhafen spielt eine sehr große | |
Rolle für die Versorgung der Hauptstadt“, sagt die Geschäftsführerin der | |
Berliner Hafen- und Lagerhausgesellschaft mbH (Behala), Petra Cardinal, der | |
taz. | |
In der Vergangenheit hätten die kurzen Streiks keine Auswirkungen auf den | |
Betrieb, sagt Cardinal. „Wenn allerdings sechs Tage lang kein Zug fährt, | |
kann der Schaden in die Zehntausende Euro gehen.“ Zwar fährt kein Zug von | |
DB Cargo den Westhafen in Berlin an. Probleme können aber auch schon früher | |
in der Logistikkette auftreten: zum Beispiel, wenn die Fahrdienstleiter | |
streiken. Ohne deren Mitwirkung fährt kein Zug – [3][in Karlsruhe wurde | |
deshalb schon der Hauptbahnhof lahmgelegt]. „Wenn die anderen nicht | |
durchkommen, weil das Netz irritiert ist, bekommen wir das auch zu spüren“, | |
sagt Behala-Geschäftsführerin Cardinal. | |
Nach Angaben des Vereins Die Güterbahnen hat DB-Cargo einen Marktanteil von | |
40 Prozent. Der Rest der Güterzüge werde wie gewohnt nach Berlin fahren. | |
„Im Schienengüterverkehr werden überwiegend keine zeitkritischen Waren (die | |
keiner Kühlkette unterliegen – Anm. d. Red.) transportiert“, sagt | |
Geschäftsführer von Die Güterbahnen, Peter Westenberger, der taz. Der | |
Verein vertritt über 100 private, regionale und internationale Unternehmen | |
mit Bezug zum Schienengüterverkehr. „Solange die DB InfraGO ihrer | |
Verantwortung nachkommt, für den Weiterbetrieb wichtige Infrastruktur | |
(beispielsweise Stellwerke) mit ausreichend Personal zu besetzen, sind | |
Lieferketten nicht in Gefahr.“ | |
Wenn es auf der wichtigen Strecke vom Hamburger Hafen zum Stau kommt, | |
könnte sich das schnell auf Betriebe in Berlin und Brandenburg auswirken. | |
Deshalb befürchtet auch die Geschäftsführung des Stahlwerks von | |
ArcelorMittal in Eisenhüttenstadt Produktionsengpässe. Wie der RBB | |
berichtet, kommen normalerweise täglich drei Erzzüge aus dem Hamburger | |
Hafen an. „Beim letzten Streik konnte die DB gerade so einen Zug pro Tag | |
abdecken. Schön sind eigentlich drei“, sagte der Geschäftsführer der | |
ArcelorMittal Transport GmbH, Stefan Nemack, dem TV-Sender. „Jetzt müssen | |
wir gucken, ob wir mit unserer Hilfe wenigstens zwei abgebildet bekommen.“ | |
Die ungewöhnliche Länge des Streiks könnte auch in Eisenhüttenstadt zu | |
Problemen führen. Während des letzten Streiks, der nur vier Tage dauerte, | |
musste das Stahlwerk schon auf Erzvorräte zurückgreifen. Die | |
Geschäftsführung suche daher nach anderen Lösungen, um die benötigten | |
Rohstoffe ins Werk zu bekommen. | |
24 Jan 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Bahn-Angestellte-ueber-den-Streik/!5984520 | |
[2] /Antworten-zum-Streik-bei-der-Bahn/!5984517 | |
[3] /Streik-bei-der-Deutschen-Bahn/!5986974 | |
## AUTOREN | |
Clara Suchy | |
## TAGS | |
Deutsche Bahn | |
GDL | |
Tarifkonflikt | |
Streik | |
Schwerpunkt Bahnstreik | |
Schwerpunkt Bahnstreik | |
Schwerpunkt Bahnstreik | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Streik auf Berliner Baustellen: Die Enttäuschung ist groß | |
Nach gescheiterter Schlichtung streikt die IG Bau. Die Arbeitgeberseite | |
stört sich an der Forderung nach pauschal 500 Euro mehr Lohn im Monat. | |
Antworten zum Streik bei der Bahn: Wieso stehen die Züge still? | |
Was fordert die GDL? Was bietet die Bahn? Was würde das für die Gehälter | |
der Mitarbeiter:innen bedeuten? Die wichtigsten Fragen und Antworten. | |
Bahn-Angestellte über den Streik: „Mitarbeiter ausnehmen geht nicht“ | |
In Deutschland stehen die Züge still, die GDL streikt. Falls Ihnen das | |
übertrieben vorkommt: Fünf Mitarbeiter:innen erklären ihre Gründe. | |
Streik bei der Deutschen Bahn: Eigentum verpflichtet | |
Die GDL bestreikt erneut den Staatskonzern Deutsche Bahn. In dem | |
Tarifkonflikt muss endlich die Ampelkoalition ihrer Verantwortung gerecht | |
werden. |